Bankgeschäft

Unicredit hängt in Kriegstagen in der Warteschleife

Eigentlich hätte die Mailänder Großbank Unicredit durch Übernahmen weiter wachsen können. Nun aber schwächen Ukraine-Krieg und Russland-Sanktionen die Position der Bank.

Unicredit hängt in Kriegstagen in der Warteschleife

bl Mailand

Seit bald einem Jahr ist Unicredit-Chef Andrea Orcel im Amt. Gestartet ist er wie die Feuerwehr. Doch zuletzt war zunehmend Sand im Getriebe. Der Aktienkurs, der am 14. April, dem Vorabend seines Starts, bei 8,50 Euro lag und der im Februar fast 16 Euro erreicht hatte, ist seither um fast ein Drittel auf 9,66 Euro abgebröckelt – mehr als bei der Konkurrenz. Er liegt nun kaum noch höher als zu Orcels Amtsantritt.

Das liegt auch am Krieg in der Ukraine. Unicredit ist in Russland stärker engagiert als andere Banken. Bis zu 7,6 Mrd. Euro sind im schlimmsten Fall im Risiko. Um bis zu 200 Basispunkte könnte die harte Kernkapitalquote abschmelzen. Die Mutter der HypoVereinsbank ist zwar weit davon entfernt, deshalb in Gefahr zu geraten. Die für 2021 geplant Bardividende von 1,17 Mrd. Euro stellt die Bank nicht in Frage. Aber das Aktienrückkaufprogramm von 2,58 Mrd. Euro könnte schmaler ausfallen. Dabei wurde Schlimmeres gerade noch verhindert. Noch Ende Januar prüfte Orcel ernsthaft den Kauf der russischen Otkritie Bank. Wäre der Deal zustande gekommen, wäre das ein GAU für Unicredit gewesen.

Dabei hatte Orcel gut vorgelegt und das Management verschlankt und diverser gestaltet, die Digitalisierung vorangetrieben, Abläufe vereinfacht, Doppelfunktionen eliminiert, Komplexität herausgenommen und Kosten reduziert. Die Handelsaktivitäten wurden in Mailand zentralisiert. Orcel kündigte einen weiteren Personabbau an, wovon vor allem das Geschäft in Deutschland betroffen ist. Innerhalb von zehn Jahren werden nach Abschluss der geplanten Maßnahme nur noch etwa die Hälfte der damals 20000 Mitarbeiter übrig sein. Vor allem deutsche Manager verlassen die Bank: Nach Privatkundenvorstand Jörg Frischholz (neuer Nord/LB-CEO) verließen auch das Unicredit-Urgestein Angelika Stallhofer (zur Frankfurter Volksbank), Jörg Pietzner, zuletzt in der Mailänder Zentrale für Group Investor Relations zuständig (zur Deutschen Börse), sowie Kommunikationschef Max Hohenberg die Mailänder Großbank.

Stecken geblieben

Mit seinem im Dezember vorgestellten Strategieplan, der deutliche Gewinnsteigerungen und bis 2024 mehr als 16 Mrd. Euro für die Aktionäre vorsah, überzeugte Orcel zwar. Doch bei der Konsolidierung ist er stecken geblieben. Nach mehrmonatigen Verhandlungen scheiterten im Herbst 2021 die Verhandlungen über eine Übernahme der mehrheitlich staatlichen Krisenbank Monte dei Paschi di Siena (MPS) trotz Zugeständnissen der italienischen Regierung. Dass Orcel am Ende die Finger von der Bank ließ, mag gute Gründe gehabt haben. Doch bei Premierminister Mario Draghi, der große Hoffnungen hatte, die Bank loszuwerden, hat sich Orcel damit sicher nicht beliebt gemacht.

In Finanzkreisen ist zu hören, die Regierung könnte womöglich deshalb die geplante Übernahme der drittgrößten Bank BPM verhindert haben. Es ist sicher kein Zufall, dass ausgerechnet die römische Zeitung „Il Messaggero“ die Pläne durchgestochen hat. In der Folge stieg der BPM-Kurs drastisch und die Akquisition wurde für Unicredit zu teuer. Wegen des Kriegs muss Orcel erstmal zuwarten – und das dürfte ihm nicht gefallen. Das Umfeld für Übernahmen ist derzeit schwierig.