Vergleich

US-Großbanken hängen Europas Institute ab

Die 20 Top-Banken Europas und der USA haben sich im Halbjahr wacker geschlagen, befindet EY. Trotz kräftiger Gewinneinbußen der US-Institute verdienten diese mehr als doppelt so viel wie ihre Wettbewerber in Europa.

US-Großbanken hängen Europas Institute ab

fir Frankfurt

– US-Großbanken haben im ersten Halbjahr trotz Gewinneinbußen mit umgerechnet 76,7 Mrd. Euro mehr als doppelt so viel verdient wie ihre europäischen Wettbewerber und waren auch weit profitabler als sie. Das zeigt die Analyse „Banken in Europa und den USA im Vergleich“, welche die Prüfungs- und Beratungsgesellschaft EY am Montag veröffentlichte.

Sie hatte die Bilanzen der nach Bilanzsumme zehn größten Banken in den USA und in Europa untersucht. Dazu zählten Wells Fargo, Morgan Stanley, Goldman Sachs, PNC Financial Services, U.S. Bancorp, Citigroup, Bank of America, J.P. Morgan Chase, Fannie Mae und Freddie Mac auf amerikanischer Seite und BNP Paribas, HSBC Holdings, Crédit Agricole, Barclays, Banco Santander, Société Générale, Deutsche Bank, UBS, Lloyds Banking Group sowie Intesa Sanpaolo auf europäischer.

Der Nettogewinn der zehn US-Institute rutschte wegen eines schwachen Investment-Banking-Geschäfts im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um ein Fünftel ab. Mit 76,7 Mrd. Euro verdienten die US-Banken aber immer noch mehr als doppelt so viel wie die europäischen Spitzeninstitute. Deren Nettogewinn ging in der ersten Jahreshälfte um 4% auf 36,0 Mrd. Euro zurück. Seit 2017 seien die Ergebnisse der US-Banken in einem ersten Kalenderhalbjahr jeweils mindestens doppelt so hoch wie die ihrer europäischen Konkurrenten, heißt es.

Spitzenreiter J.P. Morgan

Auch in puncto Profitabilität lagen die amerikanischen Banken trotz Einbußen vorn. Sie erzielten eine Eigenkapitalrentabilität von noch 11,9% nach 17,0% im Vorjahreszeitraum. Die europäischen Wettbewerber schafften 8,2% nach zuvor 8,8%. Damit hätten die hiesigen Institute die zweithöchste Profitabilität in den vergangenen zehn Jahren erzielt, so EY. Das bestverdienende Institut war J.P. Morgan Chase mit umgerechnet 16,2 Mrd. Euro. Acht von zehn US-Instituten konnten der Studie zufolge im ersten Halbjahr ein Konzernergebnis von mehr als 5 Mrd. Euro einstreichen, was in Europa nur zwei Banken gelungen sei: HSBC und BNP Paribas.

Da die US-Banken stärker im Investment Banking unterwegs seien als ihre hiesigen Konkurrenten, hätten sie die Ausschläge an den Kapitalmärkten, weniger Börsengänge und schwächeres M&A-Geschäft auch härter getroffen, befindet EY. „Dennoch bleibt der Trend der vergangenen Jahre intakt“, bekräftigt Thomas Griess, Managing Partner Financial Services Deutschland bei EY: „Die großen US-Banken lassen ihre europäischen Wettbewerber beim Ge­winn und der Profitabilität weit hinter sich – auch wenn der Abstand im ersten Halbjahr kleiner geworden ist.“ Europas Großbanken bescheinigt er im Halbjahr eine im Großen und Ganzen positive Entwicklung: „Trotz eines insgesamt sehr schwierigen geopolitischen und wirtschaftlichen Umfelds haben sich die europäischen Großbanken insgesamt im ersten Halbjahr zufriedenstellend entwickelt.“ Die Zinswende beschere Banken bereits steigende Zinseinnahmen, Provisionserträge stiegen ebenfalls, und das Eigenkapital lege weiter zu. Das kumulierte Eigenkapital der zehn größten europäischen Banken betrug demnach zum 30. Juni 877 Mrd. Euro und lag damit um 2,6 % über dem Vorjahreswert (siehe Grafik). Bei den US-Banken war der Anstieg mit 13,8 % auf fast 1,3 Bill. Euro ungleich stärker.

Trotz der lobenden Worte von Griess zur Entwicklung der europäischen Banken ist ihm zufolge aber noch einiges zu tun. Viele Banken hätten ihre Kostenstruktur verbessert und ihre Einnahmen durch Gebührenerhebungen bzw. -erhöhungen gesteigert, doch rechne er damit, dass die drohende Rezession zu neuen Kostensenkungs- und Effizienzmaßnahmen führt.

Ungünstige Vorzeichen

Auf schwierigere Zeiten stellten sich jedoch nicht nur die Banken in Europa, sondern auch in den USA ein, sagt Robert Melnyk, EY-Partner und Leiter Banking Capital Markets. „Die anhaltend hohe Inflation, das schwindende Verbrauchervertrauen, die erheblichen Einbußen bei den verfügbaren Haushaltseinkommen – all das sind denkbar ungünstige Vorzeichen für die Entwicklung der Branche in den kommenden Monaten.“ Deshalb dürften mehr Kredite ausfallen und die Banken ihre Risikovorsorge hochfahren. Alles in allem seien die Finanzinstitute gewappnet. „Die Widerstandsfähigkeit der europäischen Banken ist in den vergangenen Jahren gestiegen“, sagt Griess. „Die Geldinstitute sind insgesamt gut gerüstet für den bevorstehenden Wirtschaftsabschwung.“

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