Verjährungsfrage beschäftigt Cum-ex-Prozess
ak Bonn – Im Cum-ex-Strafprozess vor dem Bonner Landgericht rückt das Thema Verjährung immer stärker in den Blickpunkt. Zwei jüngste Entscheidungen des Bundesgerichtshofs (BGH) zum Einziehungsrecht haben die Diskussion neu befeuert. Besonders eine davon – eine BGH-Entscheidung vom 24.10.2019 (I StR 173/19) – betrifft das Verfahren in Bonn direkt. Hier haben die obersten Richter klar formuliert, dass eine steuerrechtliche Verjährung auch auf das Strafrecht durchgreift.Das bedeutet, dass eine Abschöpfung der Cum-ex-Gewinne von den verfahrensbeteiligten Banken schwierig werden dürfte, wenn die Fälle steuerrechtlich verjährt sind. Vor allem für die älteren Cum-ex-Geschäfte stellt sich die Frage, ob die Einziehung der darauf erzielten Gewinne damit noch möglich ist. Im Prozess in Bonn werden Transaktionen aus den Jahren 2007 bis 2011 verhandelt. Die in der Regel zehnjährige Verjährungsfrist ist allerdings nicht fix. Es gibt in der Abgabenordnung eine Reihe von Gründen, die zu einem Aufschub führen. Einer ist die Aufnahme von Ermittlungsverfahren. Wann jedoch welche Regelung greift, ist strittig und auch nach Auffassung von Verfahrensbeteiligten in Bonn äußerst komplex.Der Vorsitzende Richter Roland Zickler war in seiner vorläufigen Einschätzung Anfang Dezember, in der er Cum-ex grundsätzlich als strafbar bezeichnet hatte, bereits auf die Frage der Verjährung eingegangen. Knackpunkt ist eine Regelung im 2017 neu gestalteten Einziehungsrecht, mit dem Gewinne aus Straftaten von Gerichten abgeschöpft werden können. §73e schließt allerdings eine Einziehung aus, wenn der Anspruch des Geschädigten erloschen ist.Zickler hatte Anfang Dezember ausgeführt, dass der Gesetzgeber bei der Regelung übersehen habe, dass sie sich mit der steuerrechtlichen Verjährung beißt. Denn diese führt zum Erlöschen der Steuerschuld. Gewollt sei das so nicht gewesen.Doch der BGH hat jetzt klargestellt, dass bei einer Verjährung im Steuerrecht die Einziehung nach dem Strafrecht tatsächlich ausgeschlossen ist. Der Wortlaut der entsprechenden Gesetze verbiete eine andere Auslegung. “Die Strafgerichte sind gehalten, den Gesetzgeber beim Wort zu nehmen; ihn zu korrigieren, ist ihnen verwehrt”, schreiben die BGH-Richter.”Die Problematik ist bekannt”, hieß es gestern auf Anfrage aus dem Bundesjustizministerium. Derzeit werde geprüft, ob gesetzgeberischer Handlungsbedarf bestehe.Das Bankhaus Warburg, das im Dezember angekündigt hatte, Gewinne aus Cum-ex-Geschäften zurückzahlen zu wollen, auch wenn sie steuerrechtlich bereits verjährt seien, bleibt dabei: “Das Angebot gilt weiter. Wir befinden uns in Gesprächen mit den Finanzbehörden”, sagte ein Sprecher. Die Verjährung setzt die Ermittler auch in anderen Cum-ex-Verfahren unter Zeitdruck. Die Frage, ob die Finanzbehörden mittlerweile in allen Cum-ex-Fällen Ermittlungsverfahren aufgenommen und erstattete Kapitalertragsteuern zurückgefordert haben, um damit gegebenenfalls Verjährungen aufzuhalten, kann derzeit niemand beantworten. Das Bundeszentralamt für Steuern immerhin hat für das laufende Jahr ein höheres Budget für die Bekämpfung von Steuerbetrug bekommen. Eine “Task Force gegen Steuergestaltungsmodelle am Kapitalmarkt”, eine Einheit mit 48 Stellen, ist auf den Weg gebracht worden.