Verschärfter Wettbewerb bedarf neuer Bündnisse

Luftverkehrsteuer schwächt nationalen Standort

Verschärfter Wettbewerb bedarf neuer Bündnisse

Das Jahr 2012 wird nach Ansicht vieler Experten in der Luftfahrt ein Entscheidungsjahr. Die Pleiten in Europa wie die von Spanair und der ungarischen Malev oder der kleinen Cirrus in Deutschland gelten als Vorboten. Nur Deutschland verzeichnete 2011 in Europa noch kräftiges Wachstum. Doch die 3,0 % des vergangenen Jahres sind in weite Ferne gerückt. Magere 0,7 % sagt die Bundesregierung für 2012 voraus.Zwar herrscht noch Wettbewerb um die Verteilung des Wachstums im Luftverkehr, dennoch haben die deutschen Netzwerkcarrier innerhalb Europas Verluste gemacht. Die Gründe dafür sind ein intensiver Preiswettbewerb bei stark steigenden Kerosinpreisen und schlechtere Standortbedingungen für Fluglinien in Europa: Das reicht von regulatorischen Einschränkungen der Flughäfen, übrigens nicht nur nachts, über teurere Flugsicherungen bis hin zu ungleich höheren Kosten für Verbraucherschutz im Vergleich zu den außereuropäischen Wettbewerbern. Außerdem kommt seit diesem Jahr die Einbeziehung des Luftverkehrs in den Emissionshandel als eine zusätzliche Belastung hinzu, die außerhalb Europas strikt abgelehnt wird – mit unkalkulierbaren Folgen für einen möglichen Handelskonflikt.Nicht alle Regulierung ist schlecht, doch vieles sorgt dafür, dass der globalisierte Luftverkehr seine Wachstumschancen woanders sucht: direkt vor der europäischen Haustür in der Türkei etwa oder in den Golfstaaten, von denen jedes Ziel auf der Welt mit modernen Langstreckenflugzeugen erreichbar ist. Überraschender AlleingangIn dieser wettbewerbsintensiven Situation hat die deutsche Bundesregierung völlig überraschend einen nationalen Alleingang beschlossen: die Belastung des Flugverkehrs mit 1 Mrd. Euro durch eine Passagiersteuer. Ein Pyrrhussieg der Haushaltspolitik über die Standortpolitik, denn die Luftverkehrsteuer belastet besonders die deutschen Fluglinien in ihrem Heimatmarkt. Mehr als 160 Mill. Euro zahlte airberlin im Jahr 2011 an Luftverkehrsteuer.Auch die Flughäfen verlieren an Wachstum, mittelgroße und kleinere Flughäfen sogar Kunden. Die nationale Sonderbelastung schwächt den Standort und schadet dem Land volkswirtschaftlich. Die Niederlande haben denn auch nach Einführung einer solchen Steuer schnell die Konsequenzen gezogen und sie wieder abgeschafft. In Frankreich käme niemand auf die Idee, die eigene Luftfahrtindustrie durch einen nationalen Sonderweg zu schädigen. Einigkeit war selten größerSelten war die Einigkeit in der deutschen Luftverkehrsindustrie vom kleinen Flughafen bis zur größten Airline größer: Mit der Passagiersteuer hat die Bundesregierung die regulatorische Schraube überdreht. Die Steuer ist wettbewerbsverzerrend und macht auch ökologisch keinen Sinn. Sie muss wieder abgeschafft werden.Deutschland wird weltweit bewundert für die Qualität seiner Infrastruktur. Dass Flugverkehr auch Wachstumstreiber ist, dafür gibt es positive Beispiele. Das jüngste ist der neue Flughafen Berlin Brandenburg. Am 3. Juni dieses Jahres wird er eröffnet werden mit einem Fassungsvermögen von ausbaufähigen 45 Millionen Passagieren.Zwar hat es 15 Jahre gedauert, bis er realisiert wurde. Zwar geht Berlin von drei Flughäfen mit sechs Startbahnen zurück auf einen Flughafen mit zwei Startbahnen, und dennoch ist diese Infrastrukturmodernisierung ein großer Gewinn auch für die gesamte Region. Die Bundesrepublik Deutschland erhält einen zeitgemäßen Flughafen in ihrer Hauptstadt, der ein Drehkreuz von internationaler Bedeutung werden soll und in die Top 10 der europäischen Luftverkehrsstandorte strebt. Geradlinigkeit zahlt sich ausViele Bedenken und Proteste haben diesen Neubau von Anfang an begleitet. Die Landesregierungen in Berlin und in Brandenburg haben der Versuchung widerstanden, auf lauten Protest mit kurzfristigen Positionswechseln zu reagieren. Es ist wohl kein Zufall, dass beide Ministerpräsidenten heute in ihrer dritten Amtsperiode sind: Geradlinigkeit und Führung machen sich auch beim Wähler bezahlt.Deutschlands Erfolgsgeschichte beruht auch auf der Qualität seiner Infrastruktur. Andere Länder und Regionen sehen dieses Asset. In der Globalisierung gibt es keine Wohlstandsgarantien für Deutschland oder deutsche Unternehmen. Der neue Berliner Flughafen ist darauf eine strategische Antwort genauso wie die Partnerschaft von airberlin mit der Fluglinie Etihad aus Abu Dhabi. Wer im verschärften Wettbewerb bestehen will, muss den Mut haben, neue Bündnisse einzugehen.