Versicherer setzen verstärkt auf Private Markets
Im Gespräch: Markus Gerhardt
Versicherer setzen verstärkt auf Private Markets
Aktive Strategien gelten mit Blick auf ESG als besser geeignet als passive – Umfrage der Fondsgesellschaft Schroders
tl Frankfurt
Von Thomas List, Frankfurt
Versicherer setzen in ihrer Kapitalanlage verstärkt auf globale Aktien, also solche, die in Indizes wie dem MSCI (AC) World enthalten sind, auf aktive Aktienstrategien und Private Markets. Das ergab eine Befragung der Fondsgesellschaft Schroders bei 205 Versicherern aus 23 Ländern, darunter Deutschland mit fünf Gesellschaften, im Juni und Juli 2024. Sie verwalten ein Vermögen von insgesamt 11,7 Bill. Dollar.
Mehr aktiv als passiv
56% der Befragten wollen in den kommenden zwei Jahren – das wären also 2025 und 2026 – ihr Engagement bei globalen Aktien erhöhen. 40% planen, bei Aktien vermehrt auf aktive Anlagestrategien zu setzen, 33% vermehrt auf passive Strategien. Ein ähnlicher Trend sei auch unter den deutschen Befragten zu beobachten.
„Statt eigene Regionalstrategien zu fahren, delegieren sie das Market Timing an Assetmanager“, kommentierte Markus Gerhardt, Client Director vom German Branch der Schroders Investment Management (Europe). „Außerdem haben viele Unternehmen spezielle Anforderungen beim Thema ESG, die mit passiven Strategien nicht umsetzbar sind.“ Aktien sind nach Meinung eines Drittels der Befragten am ehesten geeignet, die Themen Deglobalisierung und disruptive Technologien wie AI und Robotik abzubilden.
Private Equity steht ganz oben auf der Liste
Bei der Energiewende und Dekarbonisierung setzen fast zwei Drittel, bei der technologischen Revolution 60% auf Private Markets. Die sind wiederum für fast alle Versicherer ein großes Thema. Über zwei Drittel nutzen sie bereits, 28% wollen dies spätestens Ende 2026 tun. Ganz oben auf der Liste steht dabei Private Equity (59%), gefolgt von Infrastrukturkrediten, maßgeschneiderten Lösungen (jeweils 46%) und Eigenkapital für erneuerbare Energien (45%). „Schroders hat in Luxemburg Fonds aufgelegt, die nachrangige Darlehen für Infrastrukturvorhaben vergeben“, sagte Gerhardt der Börsen-Zeitung. „Sie zeichnen sich durch attraktive Spreads und eine Besicherung mit Realwerten aus. Die erwarteten Verluste sind historisch viermal kleiner als bei High Yield Bonds.“

Bei Private Equity setzt Schroders vor allem auf das kleinere und mittlere Marktsegment in Europa und den USA. „Dabei geht es insbesondere um den Buy-out vor dem Hintergrund des Generationenwechsels und der Branchenkonsolidierung.“
Auch in der festverzinslichen Kapitalanlage sind Private Markets für 37% der befragten Versicherer die erste Wahl. In Nordamerika und den Bermudas ist es sogar die Hälfte. Knapp dahinter folgen mit Blick auf die Jahre 2025 und 2026 Unternehmensanleihen mit Investment Grade. Mit deutlichem Abstand (27%) liegen Anleihen aus Emerging Markets auf Platz drei der besten Anlage-Opportunitäten im Bondbereich. Die Mehrheit der befragten Versicherer in Deutschland wiederum sieht die größten Chancen bei besicherten Anleihen (Asset-Backed Fixed Income).
Zinsrisiko steht ganz oben
Als größte Risiken für ihr Anlageportfolio in den kommenden zwölf Monaten (ab Mitte 2024) sehen zwei Drittel der europäischen Versicherer die Zinsen, knapp gefolgt von der Inflation (62%). Mit deutlichem Abstand (40%) folgt das Kreditausfallrisiko. Dieses wiederum fürchten über zwei Drittel der Versicherer in Nordamerika und den Bermudas am meisten, gefolgt von den Zinsen (58%) und der Inflation (40%). Hintergrund dürfte das vergleichsweise starke Engagement nordamerikanischer Versicherter bei gewerblichen Immobilienkrediten sein.
Einschätzungen divergieren stark zwischen den Kontinenten
Nicht überraschend sind die deutlichen Unterschiede bei der Einschätzung, wie sich eine Regulierung mit Fokus auf Klimarisiken auf die eigene Anlagestrategie auswirken wird. In Nordamerika und den Bermudas sind 43% verunsichert, weil der entsprechende Regulierungsrahmen erst noch bestimmt werden müsse. In Europa sind das nur 28%, in Asien sogar nur 14%. Dort erwartet etwas mehr als ein Viertel (28%) unmittelbare Auswirkungen einer Klimaregulierung auf die eigene Investmentstrategie. In Europa sind es noch 7%, in den Nordamerika niemand.
41% der Versicherer haben sich auf das Netto-Null-Ziel bis 2050 verpflichtet. Etwas mehr als ein Viertel (27%) hat dies nicht getan und beabsichtigt es jetzt auch nicht. In die Energiewende investieren 72% der europäischen, aber nur 53% der amerikanischen Versicherer. 24% der europäischen und 27% der amerikanischen Versicherer wollen dies in den kommenden ein bis zwei Jahren tun.
Immerhin ein Fünftel der US-Versicherer lehnt entsprechende Anlagen ab. Bei den Europäern sind es laut Befragung nur 3%.
Die Versicherer setzen mit Blick auf die kommenden 18 Monate verstärkt auf Aktien, die in großen Indizes wie dem MSCI Global enthalten sind. Zur Renditesteigerung wollen sie mehr über nichtöffentliche Märkte (Private Markets) investieren. Dabei geht es vor allem um Private Equity und Infrastruktur.