Viber Pay startet in Deutschland
Von Björn Godenrath, Frankfurt
Das Wachstum des digitalen Payment-Marktes lockt einen hochkarätigen Newcomer nach Deutschland, der seine Plattform als Super-App etablieren will. Die als supersichere Messaging-App bekannte Rakuten Viber wird noch in diesem Sommer ihre Payment-Funktionalitäten in Deutschland und Griechenland starten, sagte Head of Fintech bei Rakuten Viber in London, Ritesh Shah, der Börsen-Zeitung. Kunden können sich bereits auf eine Warteliste eintragen lassen.
Gute Verbreitung
In Griechenland hat Viber seinen Messaging-Kommunikationsdienst schon bei 91% der Smartphones vorinstalliert. Über Viber können Kunden dann P2P-Überweisungen in Euro zu anderen Wallets in der App oder außerhalb der App ausführen, und das kostenlos. Bepreist werden soll perspektivisch lediglich der Umtausch und Transfer in Fremdwährungen.
Rakuten Viber erwartet weiter Einnahmen aus anderen Dienstleistungen, wie Provisionen für Kartenzahlungen und der integrierten Shopping-Funktionalität. Das ist aber Zukunftsmusik, denn zunächst muss Viber lokale Händler dazu bewegen, die Paymentfunktion zu nutzen (Onboarding).
Nahtlos integriert
Partner auf der Fintech-Seite ist Rapyd, die als E-Money-Institut über die notwendigen Lizenzen verfügt Rapyd wird über ihre Programmierschnittstellen die Zahlungsabwicklung und Know-Your-Customer-Prozesse nahtlos in die Viber-App integrieren. Ob Rapyd auch der Fintech-as-a-Service-Partner in weiteren europäischen Ländern sein wird, darüber will Viber entscheiden, wenn die Evaluation der jeweils lokalen Besonderheiten weiter fortgeschritten ist. Grundsätzlich ist ganz Europa das Ziel für Viber, die heute schon in einigen osteuropäischen Ländern eine beliebte, hochverschlüsselte Messaging-App ist.
Auch in Deutschland gibt es bereits rund drei Millionen Nutzer. Weltweit hat Viber gut 250 Millionen monatliche Nutzer, allein aus dem Android-App-Store ist die Anwendung eine Milliarde Mal heruntergeladen und installiert worden, erzählt Shah. Die dabei erstellten IDs werden für die Freischaltung der Wallet-Funktionalität genutzt. Neben P2P mit anderen Viber-Nutzern kann Geld auch kostenlos auf Bankkonten von Nicht-Viber-Kunden übertragen werden. Ferner ist geplant, künftig aus der Wallet auch Rechnungen von Dienstleistern zu bezahlen. Das Wallet-Guthaben kann sofort über Visa und Mastercard oder per Überweisung von Bankkonten aufgeladen werden.
Die Infrastrukturlücke
Damit sieht sich Rakuten Viber für den Zeitpunkt der vollen App-Funktionalität gut gerüstet, die in Deutschland immer noch bestehende Infrastrukturlücke beim digitalen Bezahlen zu schließen, so der deutsche Viber-Berater Bernd Geier, Partner in der Anwaltskanzlei Rimon Falkenfort. Super-Apps sind bislang vor allem in Asien entstanden mit Anbietern wie Wechat, die ihre Reichweite aus den Kommunikationsdiensten des Messaging mit weiteren Plattform-Services wie Shopping und dem dafür notwendigen Payment erweiterten. Man könne heute alles ohne klassische Banken und zu sehr geringen Prozesskosten aufsetzen, sagt Geier.
Kalkulierbare Kosten
Deshalb schießen die Payment-Start-ups wie Pilze aus dem Boden: Das Marktvolumen wächst gigantisch und Fintechs können zu kalkulierbaren Kosten Payment-Funktionen integrieren, insbesondere wenn (wie im Fall von Viber und Wechat) Kunden länger in der App verweilen und damit zusätzliche Optionen zur Monetarisierung weiterer Dienstleistungen eröffnen. Dieses Potenzial erschließen sich Nicht-Banken über den Zahlungsverkehr, der sich über Mobile Wallets als „Embedded Finance“ in Apps integrieren und in der Kombination mit Messaging und Shopping skalieren lässt.
Der Auftritt von Viber in Deutschland und dem restlichen Europa dürfte dann zeigen, ob sich das Konzept der Super-Apps auch außerhalb Asiens durchsetzt. Hier sind bereits Anbieter wie Klarna tätig, die aber aus dem Zahlungsverkehr kommen und von da aus das Shopping angehen. Daraus sind dann Dienste wie „Buy Now Pay Later“ entstanden, über die schnell Reichweite entstanden ist und die nun auch von Banken in ihr Payment-Portfolio aufgenommen werden. Viber mit ihrem japanischen Mutterkonzern Rakuten dürfte einen langen Atem mitbringen, um sich auch in Europa als Super-App zu etablieren.