LESERBRIEF

Von Filz kann keine Rede sein

Zum Artikel "Probleme von Italiens Banken verschärfen sich" von unserer Mailänder Korrespondentin Thesy Kness-Bastaroli, der in der Rubrik "Im Blickfeld" in der Ausgabe vom 30. November 2016 erschienen ist, schreibt uns die Banca d'Italia: "Anders...

Von Filz kann keine Rede sein

Zum Artikel “Probleme von Italiens Banken verschärfen sich” von unserer Mailänder Korrespondentin Thesy Kness-Bastaroli, der in der Rubrik “Im Blickfeld” in der Ausgabe vom 30. November 2016 erschienen ist, schreibt uns die Banca d’Italia:”Anders als im Artikel von Thesy Kness-Bastaroli behauptet, genießt die Bankenaufsicht in Italien volle Autonomie. Die Banken sind zwar tatsächlich Aktionäre der italienischen Zentralbank, doch aufgrund des Statuts der Banca d’Italia (und auch der europäischen Regeln) haben sie keinerlei Einfluss auf die Geschäfte der Zentralbank und insbesondere auf die Tätigkeit der Aufsicht. Würde die große Menge an Staatsanleihen im Besitz der italienischen Banken die Aufsicht tatsächlich an der Ausübung ihrer Pflicht hindern, wie in dem Artikel behauptet, dann müsste dasselbe auch für die Aufsichtsbehörden aller anderen Länder gelten, da die Banken praktisch überall – hauptsächlich aus Liquiditätsgründen – einen hohen Anteil an Staatsanleihen vorhalten und der Home Bias, also die Tendenz, Papiere aus dem Heimatmarkt vorzuziehen, generell für alle gilt.Von Filz zwischen italienischen Bankern und Aufsicht kann keine Rede sein. Regelwidriges Verhalten ist stets streng und mit vollem Einsatz verfolgt worden. Wenn die Staatsanwaltschaft in die Lage versetzt wurde, Straftaten zu verfolgen, so ist dies den Inspektionen der Banca d’Italia zu verdanken, die die Straftatbestände erkannt und der Staatsanwaltschaft umgehend gemeldet hat. Dies gilt nicht nur für Carige, Popolare di Vicenza und Veneto Banca, sondern auch für viele andere Fälle.Bei den beiden Banken aus Venetien war es allerdings genau umgekehrt als in Kness-Bastarolis Artikel dargestellt. Ihre Kapitalprobleme sind keineswegs ans Licht gekommen, weil die EZB sie unter Zwangsverwaltung zu stellen drohte. Vielmehr haben die Behörden die Rekapitalisierung und Restrukturierung der Banken verlangt, weil die Inspektoren der Banca d’Italia bei den allein von ihnen durchgeführten Kontrollen grundlegende Probleme festgestellt hatten.In dem Artikel wird ferner ein Anstieg der Target2-Verbindlichkeiten der Banca d’Italia erwähnt (die Ende September 354 Mrd. Euro betrugen) und von “Kapitalflucht” gesprochen, die auf die Unsicherheit der Investoren zurückzuführen sei. Der Grund dieses Anstiegs ist jedoch ein ganz anderer. In Reaktion auf das Anleihekaufprogramm des Eurosystems haben die italienischen Sparer auf der Suche nach höheren Renditen ihr Anlageportfolio umgestaltet und sich dabei verstärkt für Versicherungsprodukte und Sparpläne entschieden. Die Gelder wurden zum großen Teil in ausländische Papiere reinvestiert, was an dem geringeren Home Bias der institutionellen Anleger und dem relativ kleinen heimischen Finanzmarkt liegt.Die Behauptung, die führenden italienischen Banken litten unter 271 Mrd. Euro fauler Kredite, ist schließlich richtig, aber unvollständig. Dabei sind nämlich weder die Wertberichtigungen dieser Kredite berücksichtigt, die die Banken bereits vorgenommen haben und die proportional höher sind als beim Durchschnitt der europäischen Banken, noch die beträchtlichen Kreditsicherheiten, über die die Intermediäre verfügen. Die Daten spiegeln die tiefe Wirtschaftskrise wider, die in Italien neun Jahre gedauert und zu einem Rückgang des BIP um ca. 9 % geführt hat. Vollkommen falsch ist übrigens die Behauptung, die faulen Kredite würden weiter steigen. In den ersten sechs Monaten dieses Jahres ist ihr Umfang um einen halben Prozentpunkt auf 10,4 % gesunken, und im dritten Trimester ist der Neuzugang von faulen Krediten auf 2,6 % zurückgegangen, das ist der geringste Wert seit 2008.Die Probleme der italienischen Banken, um die sich die italienische und die europäische Aufsicht kümmern, sollten unter Berücksichtigung dieser Zahlen interpretiert werden.”—-Antonella Dragotto, Leiterin des Pressebüros der Banca d’Italia