Finanzkriminalität

Warburg muss Cum-ex-Geld zahlen

M.M. Warburg bekommt vom Staat eingezogene 176,5 Mill. Euro aus Cum-ex-Geschäften nicht zurück. Die Hamburger sind mit einer Verfassungsbeschwerde am Bundesverfassungsgericht gescheitert.

Warburg muss Cum-ex-Geld zahlen

fir Frankfurt

Das Bundesverfassungsgericht hat eine Verfassungsbeschwerde der Privatbank M.M. Warburg abgewiesen. Die Hamburger waren vor das oberste deutsche Gericht gezogen, um sich mit Cum-ex-Geschäften erlangte Gelder in Höhe von 176,5 Mill. Euro, die der Staat eingezogen hatte, wieder zu erstreiten.

Verjährung irrelevant

Auch eine mögliche Verjährung der Ansprüche gegen die Bank, die sich den Angaben zufolge von 2007 bis 2011 im Zuge des Eigenhandels an den Cum-ex-Geschäften beteiligt hatte, ändere nichts an der Legitimität einer rückwirkenden Einziehung des Geldes, befand das Verfassungsgericht laut einer am Freitag herausgegebenen Mitteilung. Seit einer Gesetzesänderung vom 29. Dezember 2020 sei die Einziehung von Taterträgen, gerade in besonders schweren Fällen der Steuerhinterziehung, auch für Taten möglich, die zuvor begangen wurden.

Maximalbetrag einbehalten

Der Beschluss des Bundesverfassungsgerichts bezieht sich auf ein Urteil des Landgerichts Bonn vom März 2020, das zwei früheren Aktienhändlern aus London, Martin S. und Nick D., wegen Cum-ex-Delikten Bewährungsstrafen auferlegte und von M.M. Warburg Taterträge in Höhe von 176,5 Mill. Euro einzog. Das entsprach der maximal möglichen Summe. Die Privatbank hatte vergeblich versucht, die Abschöpfung des gesamten Cum-ex-Gewinns zu verhindern (vgl. BZ vom 19.3.2020). Die Verteidigung Warburgs hatte auf Verjährung für die zwischen 2007 und 2009 getätigten Cum-ex-Geschäfte insistiert. Demnach hätten nach Abzug von Aufwendungen maximal etwa 65 Mill. Euro eingezogen werden können, so die Ansicht der Warburg-Vertreter.

Gegen das Urteil des Landgerichts Bonn im ersten Cum-ex-Strafprozess legte M.M.Warburg anschließend Rechtsmittel ein und zog vor den Bundesgerichtshof – ohne Erfolg. Dieser ist der Auffassung, dass angesichts der Gesetzesänderung von Ende 2020 die Einziehung trotz möglicher Verjährung der Ansprüche möglich ist. Das Bundesverfassungsgericht führte nun ins Feld, dass eine Gemeinwohlorientierung dem Prinzip der Rechtssicherheit vorgehe und dass verfassungsrechtlich nichts zu beanstanden sei.

Übergeordnetes Interesse

Der Gesetzgeber, heißt es weiter, verfolge das Ziel, „der Rechtsgemeinschaft zu verdeutlichen, dass sich Straftaten nicht lohnen“. Dieses Ziel sei von überragender Bedeutung. „Das Interesse der Allgemeinheit geht dem Interesse der Betroffenen, durch Steuerdelikte erlangte Vermögenswerte nach Eintritt der steuerrechtlichen Verjährung behalten zu dürfen, vor“, erklärte das Bundesverfassungsgericht in der Mitteilung.

Es bezeichnete die Bewertung eines Sachverhalts als Straftat als schärfste dem Gesetzgeber zur Verfügung stehende Form der Missbilligung menschlichen Verhaltens. „Eine einmal begangene strafbare Handlung verliert ihren Unrechtscharakter nicht dadurch, dass die aus ihr gezogenen steuerlichen Vorteile auf der Grundlage der Abgabenordnung nicht mehr zurückgefordert werden können“, schreibt das Bundesverfassungsgericht. „Diese Folge zieht selbst der Eintritt der strafrechtlichen Verjährung nicht nach sich; erst recht revidiert die steuerrechtliche Verjährung das in den Strafnormen enthaltene Unwerturteil nicht.“

Die Verstrickungen der M.M. Warburg in Cum-ex-Geschäfte sind aktuell auch Gegenstand eines parlamentarischen Untersuchungsausschusses in Hamburg.

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