Wenn der Personalchef sich selbst überwacht

Die Umsetzung der neuen Vergütungsvorgaben hakt - Ernennung eines zuständigen Beauftragten bringt Probleme mit sich

Wenn der Personalchef sich selbst überwacht

Bei der Umsetzung der Institutsvergütungsverordnung droht neues Ungemach. Denn nicht wenige Banken haben kurzerhand ihren Personalchef zum Vergütungsbeauftragten auserkoren. Dies missfällt der Aufsicht, die aber noch nicht eingreift.Von Bernd Neubacher, FrankfurtBei der Umsetzung der Vergütungsvorgaben für Banken tun sich neue Probleme auf. Hatte in den vergangenen Jahren schon für Ärger gesorgt, wie die Banken ihre Risikonehmer definieren, deren Tätigkeit einen wesentlichen Einfluss auf das Gesamtrisikoprofil des Instituts hat, so gehen nun die Vorstellungen darüber auseinander, wo der neuerdings vorgeschriebene Vergütungsbeauftragte anzusiedeln ist.Die zu Jahresbeginn in Kraft getretene Institutsvergütungsverordnung schreibt Banken mit einer Bilanzsumme ab 15 Mrd. Euro vor, neben einem dem Aufsichtsrat zuarbeitenden Vergütungskontrollausschuss im Institut den Posten eines Vergütungsbeauftragten einzurichten. Der hat die Aufgabe, “die Angemessenheit der Vergütungssysteme der Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen ständig zu überwachen”, wie die Verordnung festlegt. Der Vergütungsbeauftragte soll “organisatorisch und disziplinarisch auf einer ausreichend hohen Führungsebene unterhalb der Geschäftsleitung” angesiedelt sein, unabhängig von Weisungen arbeiten, Kündigungsschutz genießen sowie einen Stellvertreter und Anspruch auf eine entsprechende Ressourcenausstattung haben. Personalunion nicht denkbarWo der Vergütungsbeauftragte im Apparat konkret anzusiedeln ist, darüber schweigt sich die Institutsvergütungsverordnung aus. Wie im Markt zu erfahren ist, haben sich viele Banken um der Praktikabilität willen dazu entschlossen, den Vergütungsbeauftragten im Personalbereich anzusiedeln, wenn sie nicht gleich den Personalchef zum Vergütungsbeauftragten ernannt haben.Das allerdings sieht die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) gar nicht gerne: Eine Personalunion von Vergütungsbeauftragtem und Personalchef sei schon deshalb nicht denkbar, weil der Vergütungsbeauftragte hauptamtlich tätig sein solle, heißt es dort auf Anfrage. Je nach Einzelfall sei es zwar möglich, ihn im Personalbereich unterzubringen, die Weisungsabhängigkeit sei aber zu minimieren, heißt es. Bei Beratern stößt dies auf Verständnis. “Man überwacht sich da praktisch selber. Das beißt sich”, kommentiert Werner Klein, Senior Partner der Vergütungsberatung HKP, Konstrukte, in welchen der Personalchef und der Vergütungsbeauftragte identisch sind.Unter anderem soll der Vergütungsbeauftragte mindestens einmal jährlich einen Bericht über die Angemessenheit der Ausgestaltung der Vergütungssysteme der Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen (Vergütungskontrollbericht) verfassen und diesen gleichzeitig der Geschäftsleitung, dem Verwaltungs- oder Aufsichtsorgan und dem Vergütungskontrollausschuss, sofern ein solcher eingerichtet ist, vorlegen, wie die Verordnung festlegt. Explizit ausgeschlossen hat die Verordnung freilich nur eine Personalunion von Vergütungsbeauftragtem und Geschäftsleiter oder Compliance-Beauftragtem.Auch eine offizielle Anleitung der BaFin gab es bisher nicht. Dies sei bewusst geschehen, da die Funktion neu sei und entsprechend den individuellen Verhältnissen der einzelnen Institute eingerichtet werden solle, heißt es bei der Aufsicht. “Das lässt Raum für die Institute, gegebenenfalls muss die Bestellung später korrigiert werden”, meint Klein. “Begrenzte Freude”Dabei hat die Installation des Vergütungsbeauftragten durchaus Tragweite. So müssen künftig Vorlagen in Vergütungsfragen zunächst auf seinem Schreibtisch landen, bevor sie an den Vorstand gehen, wie HKP-Berater Klein erläutert: “Das macht den Personalern nur begrenzte Freude”, kommentiert er.Entscheiden kann der Vergütungsbeauftragte zwar nichts. Gleichwohl dürften seine Berichte dazu führen, dass die Vergütung der Mitarbeiter, und auch des Vorstands, verstärkt in den Fokus des Aufsichtsrats rücken wird.Klein erwartet, dass sich die Aufsichtspraxis hinsichtlich der Umsetzung der Verordnung erst im Laufe der Zeit einspielen wird: “Das wird erst einmal an längeren Zügeln laufen, das ist Teil der Psychologie bei neuen Regelwerken.” Nach den Jahresabschlussprüfungen 2014 könnte die BaFin Instituten erste Hinweise geben oder gleich ihre Auslegungshilfe zum Regelwerk ändern. Nicht auszuschließen ist auch, dass gleich die ganze Verordnung überarbeitet wird. Den Ansatz, den Instituten Freiraum bei der Umsetzung ihrer Vergütungsvorgaben zu lassen, hatte die BaFin schon einmal verfolgt, als die Banken vor Jahren diejenigen Mitarbeiter definieren sollten, deren Tätigkeit einen wesentlichen Einfluss auf das Gesamtrisikoprofil hat. Schlagartig wenigerAllerdings beschlichen die Aufsicht offenbar bald Zweifel, ob die Banken mit den Spielräumen umzugehen wussten. Jedenfalls stellte die BaFin bald fest, dass die Zahl der sogenannten Risikonehmer mit Einführung besonderer Vorgaben für deren Entlohnung 2010 in einigen Banken um bis zu 90 % gesunken war. Laut der ab Januar gültigen Neufassung der Vergütungsverordnung sind es nicht mehr nur die Banken, die ihre Risikonehmer benennen. Vielmehr kann die BaFin den Kreis der Risikoträger seither auf eigene Faust erweitern, wenn die Risikoanalyse eines Hauses nicht “plausibel, umfassend und für Dritte nachvollziehbar” ausfällt.