Finanzierung der Transformation

Westfälische Sparkassen fordern Kapitalerleichterungen

Die Finanzierung der Transformation von Wirtschaft und Gesellschaft ist ein Kraftakt – und Sparkassenpräsidentin Liane Buchholz wähnt ihre Institute an der Belastungsgrenze. Sie hat deshalb Forderungen an die Bankenaufseher.

Westfälische Sparkassen fordern Kapitalerleichterungen

Westfälische Sparkassen wollen Kapitalerleichterungen

Die Finanzierung der Transformation fordert die Institute trotz blendender Ergebnisse 2023

ak Münster

Die Präsidentin des Sparkassenverbands Westfalen-Lippe (SVWL), Liane Buchholz, hat Kapitalerleichterungen für Regionalinstitute gefordert, um die tiefgreifenden Transformationsaufgaben in den nächsten Jahren und Jahrzehnten finanzieren zu können. Bei der Vorlage der Zahlen für das vergangene Jahr rechnete Buchholz vor, dass die Gesamtkapitalquote vor zehn Jahren noch bei einer Mindestanforderung von 8% gelegen habe. Vom kommenden Jahr an werde dieser Wert für eine durchschnittliche Sparkasse bei 14,35% liegen.

Ich halte es für den falschen Weg, die Kapitalregulierung auf Kosten der Transformation immer mehr auf die Spitze zu treiben.

Liane Buchholz, Sparkassenverband Westfalen-Lippe

„Ich halte es für den falschen Weg, die Kapitalregulierung auf Kosten der Transformation immer mehr auf die Spitze zu treiben“, kritisierte die Verbandschefin. Großinvestitionen in Infrastruktur, z.B. von Versicherern oder Großbanken, würden bereits mit Kapitalerleichterungen belohnt. Doch was sei mit der Wärmepumpe, die die örtliche Sparkasse finanziere? „Wenn diese Anstiege beim Eigenkapital so weitergehen, dann schaffen wir die Transformationsfinanzierung nicht“, wurde Buchholz deutlich.

Zuschreibungen im Wertpapiergeschäft für Sparkassen

Diese Aussage gelte auch vor dem Hintergrund eines Rekordjahres. Die westfälischen Sparkassen haben 2023 das beste Ergebnis in der Geschichte eingefahren – nach absoluten Zahlen. In Relation zur Bilanzsumme habe es noch bessere Jahre gegeben, merkte SVWL-Vizepräsident Jürgen Wannhoff an. Der Anstieg speist sich vor allem aus dem Zinsergebnis, das um fast ein Viertel (580 Mill. Euro) auf 3 Mrd. Euro anzog. Rund 350 Mill. Euro stammen aus positiven Erträgen aus Derivategeschäften zur Zinssicherung, wie Wannhoff auf Nachfrage ausführte.

Das Bewertungsergebnis im Wertpapiergeschäft, das im Vorjahr noch Abschreibungen von 678 Mill. Euro auswies, drehte 2023 vollständig. Die Sparkassen bilanzierten im Saldo Zuschreibungen von 198 Mill. Euro. „Wir brauchen diese gesunde Basis für eine Vielzahl von Aufgaben, aber ganz besonders für die Finanzierung der Transformation – also den Weg zur Klimaneutralität sowie zur vollständigen Digitalisierung“, betonte Buchholz.

Buchholz rechnet mit Fusionen

Im laufenden Jahr könnten die Erträge schon wieder unter Druck geraten. „Unsere Ergebnisse hängen auch immer von der Konjunktur ab“, betonte Buchholz. Deshalb gehe es in der Tendenz voraussichtlich eher etwas nach unten.

Um sich für die Zukunft zu wappnen, schließen sich immer mehr Institute zusammen. Buchholz rechnet mit weiteren Fusionen in diesem Jahr, geht aber von einer etwas geringeren Dynamik im Vergleich zur jüngsten Vergangenheit aus. Kleinere Institute könnten die Regulierung immer schwerer bewältigen. Dazu komme die Problematik für die Häuser, Talente zu finden.

Im vergangenen Jahr war die Zahl der Sparkassen in Westfalen-Lippe um knapp 10% auf 47 Institute gesunken. Die durchschnittliche Bilanzsumme stieg um gut 300 Mill. Euro auf 3,5 Mrd. Euro. Im Münsterland sind gerade Gespräche zu einer Großfusion in Gang gekommen: Im Januar gaben die Sparkasse Westmünsterland und die Kreissparkasse Steinfurt bekannt, ein Zusammengehen zu prüfen. Mit einer Bilanzsumme von rund 18 Mrd. Euro entstünde der neue Sparkassenprimus in Westfalen-Lippe und die sechstgrößte Sparkasse Deutschlands.

Wertpapiere gefragt

Die Bilanzsumme der westfälischen Sparkassen ist erstmals seit 19 Jahren geschrumpft. Sie sank geringfügig um 0,6% auf 165 Mrd. Euro. Ein Grund waren die Einbrüche im Kreditneugeschäft. Die Darlehenszusagen gingen um fast ein Drittel auf 16,2 Mrd. Euro zurück. Die privaten Baufinanzierungen schrumpften sogar um 41%. Das erste Mal seit 14 Jahren gingen die Einlagen von Privatkunden zurück – und zwar um 2,2%. Das lag laut Wannhoff zu einem großen Teil am geänderten Anlageverhalten, weniger an der Abwanderung zu Direktbanken. Denn der Nettoabsatz von Wertpapieren hat um ein Fünftel zugelegt. Die Anleger präferierten festverzinsliche Papiere – hier verdoppelte sich der Absatz auf 2,8 Mrd. Euro.

Sparkassen in Westfalen-Lippe
Vorläufige aggregierte Kennzahlen nach HGB
in Mrd. Euro20232022
Zinsüberschuss3,02,4
Provisionsüberschuss1,11,1
Betriebsergebnis vor Bewertung1,921,39
Risikovorsorge Kreditgeschäft (Mill.)23453
Cost-Income-Ratio (%)53,360,6
Bilanzsumme165166
Kundeneinlagen121,8122,2
Kundenkredite116,7114,5
Quelle: Sparkassenverband Westfalen-Lippe
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