"Wir lehnen ein Bürokratiemonstrum ab"

Brinkhaus (CDU) wendet sich entschieden gegen die Pläne aus Brüssel zum Ausbau der Finanzaufsichtsbehörden

"Wir lehnen ein Bürokratiemonstrum ab"

Einen Ausbau der europäischen Finanzaufsichtsbehörden strebt die Brüsseler EU-Kommission an. Nun kommt Gegenwind von den Konservativen im deutschen Parlament.wf Berlin – Die Deutsche Kreditwirtschaft (DK) kann in ihrer Sorge vor einer überbordenden europäischen Finanzaufsicht auf Rückendeckung aus dem deutschen Parlament bauen. Ralph Brinkhaus (CDU), Vizevorsitzender der CDU/CSU-Fraktion im Bundestag, lehnt einen Ausbau der Befugnisse der Europäischen Finanzaufsichtsbehörden (ESAs) nach den Brüsseler Plänen ab. “Das Gesetzespaket der Kommission halten wir in der aktuellen Form nicht für zustimmungsfähig”, erklärte Brinkhaus in Berlin. Seine zentralen Kritikpunkt sind: mangelnde Proportionalität, ausufernde Aufsichtskosten, ein Übermaß an sogenannten Level-2-Maßnahmen und eine Vermischung von Finanzmarktregulierung mit ökologischen und sozialen Themen.Die EU-Kommission hatte im September einen Legislativpakt präsentiert, um die Aufgabenverteilung, Steuerung und Finanzierung der ESAs neu zu justieren (vgl. BZ vom 21. September). Die drei europäischen Regulierer – die EBA für Banken mit Sitz in London, die EIOPA für Versicherer mit Sitz in Frankfurt sowie die ESMA für den Kapitalmarkt mit Sitz in Paris – sollen gegenüber den nationalen Aufsichtsbehörden mit direkten Aufsichtskompetenzen gestärkt werden. Brüssel verspricht sich davon eine stärkere Integration der Kapitalmärkte in Europa. Zudem sollen die ESAs nach den Plänen der Kommission nachhaltige Finanzierungen fördern und dabei unter anderem Umwelt- und Sozialaspekte berücksichtigen. Entscheidungen sollen in einem neu geschaffenen Executive Board mit hauptamtlichen Mitarbeitern fallen. Zur Finanzierung sollen stärker als bisher die beaufsichtigten Institute herangezogen werden. In welchem Ausmaß blieb indessen offen. Die DK hatte die Plänen aus Brüssel scharf kritisiert: Ein undifferenzierter Ausbau von Zuständigkeiten und Governance der ESAs zulasten einer gut arbeitenden nationalen Aufsicht führe zu Bürokratie, Mehrkosten und Marktferne. Die EU-Kommission will den Entwurf bis Ende 2018 durch alle Gremien bringen. Proportionalität im VisierBrinkhaus bedauerte, dass der konkrete Vorschlag aus Brüssel “nur” darauf abziele, Personal aufzustocken und mehr Kompetenzen nach Brüssel zu verlagern. “Wir lehnen es ab, ein Bürokratiemonstrum zu schaffen”, erklärte der CDU-Politiker. Zunächst müssten die grundlegenden Prinzipien der Aufsicht geklärte werden, bevor über einen Ausbau der ESAs nachgedacht werde. Die Aufsichtskosten dürften für die beaufsichtigten Institute nicht ausufern. Für Brinkhaus sind klare Entscheidungsstrukturen, Subsidiarität und Proportionalität die entscheidenden Grundsätze. Sie müssten stärker beachtet werden. “Besonders kleine, risikoärmere Institute dürfen nicht von regulatorischen Prozessen überfordert werden”, unterstrich er.Der CDU-Finanzexperte forderte die Kommission zudem auf, die Ermächtigungen für Level-2-Maßnahmen in ihrem Legislativvorschlag deutlich zu reduzieren. Durch diese Maßnahmen setzt nicht der Gesetzgeber Recht, sondern die Behörden selbst – in der Vergangenheit gelegentlich auch entgegen dem Willen des Gesetzgebers. Brinkhaus macht sich zudem für die Trennung von Finanzmarktaufsicht vom Ziel einer nachhaltigen Finanzierung stark. Andernfalls würde dies ein Einfallstor für fachfremde Lenkung. Unterstützung signalisiert der CDU-Politiker indessen für eine europäische Aufsicht über Euroclearingstellen in Drittstaaten. Die Frage stellt sich, wenn Großbritannien durch den Brexit zu einem solchen Staat würde. Grüne für starke EU-AufsichtFür einen Ausbau der europäischen Aufsicht setzt sich indessen der finanzpolitische Sprecher der Grünen-Fraktion im Bundestag, Gerhard Schick, ein. Die Grünen sind nach dem Ergebnis der Bundestagswahl ein potenzieller Regierungspartner. “Wenn man eine Kapitalmarktunion haben will, braucht man eine wirklich einheitliche Aufsicht”, sagte Schick der Börsen-Zeitung. Vor allem die großen grenzüberschreitenden Versicherungskonzerne müssten gesamteuropäisch beaufsichtigt werden. Diese könne – analog zur Bankenaufsicht – auf die sehr großen Firmen der Assekuranz beschränkt werden. Im Bankenbereich sei mit der Bankenunion bei der Aufsicht schon viel erfolgt, hielt Schick fest. Nachholbedarf sieht er indessen noch bei der Kapitalmarktaufsicht mit Blick auf die Clearinghäuser und ihre zentralen Kontrahenten (CCP). Diese Aufsicht sei noch viel zu zersplittert für einen einheitlichen europäischen Kapitalmarkt.