Zinsgetriebenes Geschäft der Privatkundenbanken ebbt ab
Zinsgetriebenes Geschäft der Privatkundenbanken ebbt ab
Nach Jahren mit hohen Zinsüberschüssen rücken Provisionseinnahmen und Kosten in den Mittelpunkt, so eine Strategy&-Studie
fir Frankfurt
Nach dem zinsgetriebenen Wachstum der vergangenen Jahre sollten Banken sich auf magerere Zeiten vorbereiten. Es gelte, Provisionseinnahmen zu stärken und Kosten zu senken, befindet eine Studie der Beratungsgesellschaft Strategy&. Maßgeblichen Einfluss auf die Erträge europäischer Privatkundenbanken wird demnach die Reaktion der Europäischen Zentralbank (EZB) auf wirtschaftspolitische Entscheidungen in Washington haben. So könne sich die EZB genötigt fühlen, wegen US-Zöllen auf EU-Produkte und -Dienstleistungen die Zinssätze weiter zu senken, um die Wirtschaft zu stabilisieren. Das hätte zusätzlichen Druck auf die Zinseinnahmen der Banken zur Folge.
Trump schürt Unsicherheit
Auch wenn nach dem Hin und Her von US-Präsident Donald Trump in Bezug auf die Verhängung von Zöllen Unklarheit herrscht, wie es langfristig weitergeht, so sind weitere Zinssenkungen der EZB wahrscheinlich. Sechs Mal hat sie bereits seit Mitte 2024 die Zinsen herabgesetzt. Ungeachtet der vier Zinsschritte nach unten des vergangenen Jahres haben Deutschlands Retailinstitute 2024 sehr hohe Zinsüberschüsse eingestrichen. Sie profitierten dabei noch immer von den EZB-Zinssteigerungen der Jahre 2022 und 2023.
„Scheitelpunkt überschritten“
Laut Retail Banking Monitor 2025 von Strategy& stiegen die Gesamterträge der Banken 2024 um 3%, das Betriebsergebnis um 4%. Im Vergleich mit 2023 fiel das Wachstum jedoch schwach aus. So hatten die Erträge 2023 um 14% zugelegt und der Gewinn um 30%. „Der Scheitelpunkt des zinsgetriebenen Wachstums scheint somit überschritten“, resümieren die Studienautoren. Nach dem weiteren Erfolgsjahr müssten sich die Retailbanken für eine bevorstehende Trendwende wappnen.
Beispielsweise haben die Genossenschaftsbanken 2024 einen Zinsüberschuss von 20,5 Mrd. Euro erzielt, 0,8% mehr als ein Jahr zuvor. 2023 war der Zinsüberschuss noch im zweistelligen Prozent-Bereich gewachsen. Die Sparkassen konnten eine Steigerung des Zinsüberschusses von 1% auf 28,7 Mrd. Euro vorweisen, nachdem er 2023 um 35% zugelegt hatte.
Provisionserträge stagnieren
Da der zinsbedingte Rückenwind, den die Banken genossen hätten, mit Sicherheit erheblich schwächer werde, rückten Provisionseinnahmen und Kosten wieder stärker in den Mittelpunkt. Den Instituten sei zwar gewahr, dass sie entsprechende Schritte unternehmen und ihre Geschäftsmodelle auf Stand bringen müssten. Doch sei bislang der notwendige Wandel mit zu wenig Nachdruck vorangetrieben worden. Als Beispiele führen die Berater an, dass die Provisionserträge bei 27% der Gesamterträge stagnierten und die Kosten auf hohem Niveau verharrten. 2024 seien sie gegenüber dem Jahr noch um 3% gestiegen.
Im Schnitt 650 Euro Ertrag pro Kunde
Pro Kunde nahm eine europäische Bank im vergangenen Jahr im Schnitt 647 Euro an Erträgen ein, 5 Euro mehr als im Jahr zuvor. Mit der Stagnation kontrastiert der Ertragssprung von 14% von 2022 auf 2023, was auf den Zinsschub zurückzuführen war. Der durchschnittliche Provisionsertrag pro Kunde veränderte sich hingegen kaum. Zinserträge machen rund zwei Drittel der Gesamterträge aus. Nach Ländern aufgeschlüsselt waren die belgischen Institute 2024 mit durchschnittlich 1.177 Euro Ertrag pro Kunde am erfolgreichsten. Österreichische Häuser kamen den Angaben zufolge auf 852 Euro, deutsche Privatkundenbanken auf 668 Euro, britische auf 398 Euro.

Kreditqualität sinkt
Das Kreditgeschäft ist laut Studie im vergangenen Jahr nur um 1% gewachsen. Es erhole sich zwar, berge aber neue Risiken, weil sich die Kreditqualität zu verschlechtern drohe, insbesondere bei Verbraucher- und Unternehmenskrediten. So sei die Quote der notleidenden Kredite bei Verbraucherkrediten im Jahresvergleich von 5,2% auf 5,4% im Juni 2024 gestiegen.