Zinshoch beschert Banken Profitabilitätsschub
Zinshoch beschert Banken Profitabilitätsschub
Eigenkapitalrenditen erreichen höchsten Wert seit 15 Jahren, Cost-Income-Ratios niedrigsten seit 40 Jahren – Bain analysiert mehr als 1.300 Institute
Deutschlands Banken haben stark von den Zinsanstiegen der Jahre 2022 und 2023 profitiert. Der Schub hat die Eigenkapitalrendite nach Steuern innerhalb von zwei Jahren auf 6,1% fast verdoppelt, zeigt eine Studie der Beratungsgesellschaft Bain. Dennoch hinken die hiesigen Institute den ausländischen hinterher.
Von Tobias Fischer, Frankfurt
Hohe Zinseinnahmen haben die Eigenkapitalrendite der deutschen Finanzinstitute 2023 auf 6,1% und damit auf ein 15-Jahres-Hoch getrieben. Das zeigt eine Studie der Unternehmensberatung Bain & Company, für die 1.326 Banken und Sparkassen analysiert wurden. Bemerkenswert sei, dass die durchschnittliche Cost-Income-Ratio deshalb auf das niedrigste Niveau seit 40 Jahren gesunken sei.
„59% Cost-Income-Ratio sind sehr respektabel", sagte Bain-Deutschlandchef und Co-Autor der Studie, Walter Sinn, am Montag bei der Vorstellung der Ergebnisse. „Es haben alle profitiert, insbesondere die privaten Banken, deren Transformation und Kostensenkungen der vergangenen drei bis fünf Jahre sich auszahlen.“
Kosten steigen bei Sparkassen und Genossenschaftsbanken
Folglich traten kostenseitig Unterschiede zwischen den einzelnen Säulen der Kreditwirtschaft zutage. Konnten die privaten Banken den Aufwand im Schnitt verringern, so nahm er bei Genossenschaftsbanken und Sparkassen zu. Branchenweit beflügelte der Anstieg des Zinsüberschusses die Einnahmeseite, doch auch die Kosten legten im Schnitt um 2,7% zu. Die Provisionsüberschüsse hingegen stagnierten.
Die verbesserte Profitabilität der hiesigen Banken relativiert sich jedoch im internationalen Vergleich. So kommen europäische Banken im Mittel auf 8,7% und internationale Banken auf 10,1% Eigenkapitalrendite. „Wir müssen weiter aufholen“, sagte Sinn. Umso mehr, da die Kapitalkosten, die Bain bei 8 bis 10% taxiere, immer noch nicht verdient würden. Deutsche Institute seien geprägt von höherer Risikoaversion als ausländische Wettbewerber, heißt es in der Studie.
Deutscher Bankenmarkt fragmentiert
Dadurch seien sie zwar in Krisenzeiten resilienter, hinkten aber den europäischen Banken und erst recht den US-Instituten hinterher. Der Rückstand gegenüber den Wettbewerbern in Übersee verwundere nicht. „Diese profitieren seit jeher von einem großen und dynamischen Heimatmarkt mit einer einheitlichen Regulierung und einer starken Kapitalmarktorientierung auch auf der Finanzierungsseite.“
Jens Oesterle, Associate Partner bei Bain und Co-Autor der Studie, verwies darauf, dass es im fragmentierten deutschen Markt schwieriger sei, auskömmliche Margen durchzusetzen. Darüber hinaus sei die Kapitaleffizienz der hiesigen Institute verbesserungswürdig. Die Banken im Euro-Raum hätten in den vergangenen zehn Jahren die Kapitaleffizienz um 13% steigern können, die deutschen nur um 4%. Oesterle bemängelt, dass zu viel Kapital in nicht-strategischen Geschäftsfeldern gebunden sei.
Zinseffekt läuft aus
Für das laufende Jahr erwartet Sinn allerdings keine weiter steigenden Eigenkapitalrenditen mehr. „2024 wird im Vergleich mit dem Vorjahr bestenfalls stabil bleiben. Im Wesentlichen ist das eine Folge des abflachenden Zinseffektes.“ Der Höhepunkt des Zinsschubs sei längst erreicht. Die Europäische Zentralbank (EZB) hat in diesem Jahr viermal den Zins gesenkt und weitere Kürzungen angedeutet. Der Einlagenzins, zu dem Banken Gelder bei der Notenbank anlegen können, beträgt nach dem jüngsten Zinsschritt in der vergangenen Woche noch 3,0%.
Kapitalallokation verbesserungswürdig
Als wesentliche Hebel für die Banken, um die Eigenkapitalrendite zu erhöhen und sogar zweistellige Renditen zu erwirtschaften, betrachtet Sinn neben der Optimierung der Kapitalallokation auch Investitionen in organisches wie anorganisches Wachstum, um das Kerngeschäft zu stärken. Des Weiteren sei es unabdingbar, auf neue Technologien zurückzugreifen, zuvorderst auf künstliche Intelligenz. Auch die Transitionsfinanzierung, um den Übergang zu einem nachhaltigen Wirtschaftssystem zu ermöglichen, berge für Finanzinstitute erhebliches Potenzial, sagte Sinn. „Wir reden über Ertragspotenziale von 50 Mrd. Euro weltweit pro Jahr.“