Marktteilnehmer blicken T+1-Umstieg gelassen entgegen
Marktteilnehmer blicken T+1-Umstieg gelassen entgegen
Mehr als 50 Prozent schätzt sich T+1-ready ein
fed Frankfurt
Viele europäische Wertpapierhäuser und Transaktionsbanken sind zuversichtlich, für die Umstellung des Wertpapierabwicklungs-Zyklus in zweieinhalb Jahren gerüstet zu sein. Diese Einschätzung vermittelten Umfragen unter Marktteilnehmern, erläutert die Deutschland-Chefin des Finanzdienstleisters Broadridge, Heidi Dittmar. Broadridge hat mehr als 100 Banken und Broker-Dealer in den USA im vergangenen Jahr bei der Verkürzung des Abwicklungszyklus begleitet und ist auch in Europa an der Vorbereitung von Marktteilnehmern beteiligt.
Ab Oktober 2027 müssen Anbieter von Wertpapierdienstleistungen in Europa fähig sein, das Settlement von Geschäften am Tag nach dem Handelsabschluss, also T+1, abzuschließen. Bislang gilt T+2. Als Stichtag für die Umstellung hat die EU-Kommission jüngst den 11. Oktober 2027 festgezurrt.
Jeder Zweite sieht sich gerüstet
In Umfragen schätze sich jeder zweite Marktakteur in Europa als „T+1 ready“ ein, berichtet Dittmar und folgert daraus: „Wir fangen nicht bei null an.“
Die Zuversicht sei deutlich gewachsen, nachdem die Umstellung in den USA im vergangenen Jahr im Großen und Ganzen störungsfrei verlaufen sei. Es habe weder eine signifikante Steigerung der Fälle gegeben, die nachbearbeitet werden mussten, noch einen Einbruch bei der Wertpapierleihe.
Allerdings warnt Dittmar vor allzu großer Entspannung. Erstens stellt sie fest, dass die Umstellung in den USA vor allem deshalb so glatt gelaufen sei, weil Personal aufgestockt wurde, nicht aufgrund der Automatisierung von Prozessen. Zudem sei absehbar, dass der Wechsel in Europa komplexer sein wird als in den Vereinigten Staaten: „In Europa haben wir es mit 30 Zentralverwahrern zu tun und mit 14 Währungen“, erinnert die Broadridge-Deutschland-Chefin.
Zeit für die Budgetplanung
Dittmar ist zwar überzeugt, dass selbst Wertpapierdienstleister, die bislang noch nicht mit den Vorbereitungen begonnen haben, noch eine Chance haben, sich für den T+1-Day zu rüsten. Wichtig sei allerdings, dass sie umgehend damit beginnen, die nötigen Budgets zu reservieren. US-Broker-Dealer haben angegeben, hohe einstellige Millionenbeträge für die Umstellung in den USA aufgewendet zu haben. Die EU-Wertpapieraufsicht ESMA schätzt die gesamten Kosten der Umstellung 2027 auf mehrere Mrd. Euro.
Es ist damit zu rechnen, dass die ESMA die Vorbereitungen der Wertpapierhäuser spätestens ab dem nächsten Jahr aufmerksam mit Fortschrittsmessungen begleiten wird.
Fahrpläne der Aufsicht
Die britische Aufsicht hat bereits einen Fahrplan veröffentlicht und damit konkretisiert, wie sie sich die Vorbereitungen auf den Übergang vorstellt. Die ESMA dürfte im Herbst mit einem „Playbook“ folgen, prognostiziert Dittmar.
Dass noch einiges zu tun ist, zeigt die Tatsache, dass beim Zentralverwahrer Euroclear bislang erst 5% der Transaktionen T+1 entsprechen. Das entscheidende Jahr der Vorbereitungen dürfte 2026 werden, wenn IT entwickelt und gegebenenfalls Geschäftsmodelle angepasst werden müssen. Im kommenden Jahr werde auch das „White-Boy-Testing“ beginnen, so dass 2027 eigentlich nur noch für letzte Feinabstimmungen genutzt werden sollte.