Reform der EU-Verbriefungsregeln gewinnt Konturen
Neue Verbriefungsregeln gewinnen an Konturen
Große Schnittmenge zwischen Forderungen aus Deutschland und Frankreich
In der Europäischen Union ist eine weitreichende Reform der gesetzlichen Vorgaben für Verbriefungen nur noch eine Frage der Zeit. Denn mittlerweile haben die französische und die deutsche Finanzindustrie, jeweils in Abstimmung mit ihren Regierungen, Forderungskataloge vorgelegt, die eine große Schnittmenge ausweisen. Daraus ergeben sich Hinweise, welche Elemente in einer EU-Gesetzesinitiative Berücksichtigung finden dürften.
Außerdem haben sich die Eurogruppe und sogar die Euro-Regierungschefs ausdrücklich zu diesem Ziel bekannt. Und im EU-Parlament dominieren die Stimmen, die einer Verbriefungsreform generell aufgeschlossen gegenüberstehen. Vieles spricht also dafür, dass in den nächsten Monaten ein EU-Gesetzgebungsverfahren unter anderem über Anpassungen der EU-Verbriefungs-Verordnung lanciert wird.
Die EU-Kommission ist bereits seit Monaten dabei, neue Regeln vorzubereiten, um Hindernisse abzubauen, die einer Wiederbelebung des europäischen Verbriefungsmarkts im Wege stehen. Sie will dazu im Herbst die Marktteilnehmer konsultieren und natürlich auch die konkreten Vorschläge aus Frankreich und Deutschland intensiv studieren. Bislang war der Schwung dadurch gebremst, dass unklar war, welche EU-Kommissarin oder welcher EU-Kommissar künftig die Verantwortung für Finanzdienstleistungen und die Kapitalmarktunion zugewiesen bekommt. Nun hat EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen die frühere portugiesische Finanzministerin Maria Luis Albuquerque für diese Position vorgeschlagen. Da ihr gute Chancen eingeräumt werden, die Anhörungen im EU-Parlament erfolgreich zu überstehen, könnte die bislang angezogene Handbremse, mit der das Thema in der EU-Kommission bearbeitet wird, im November gelöst werden.
Teufel im Detail
Zwar verlautet aus der EU-Behörde, es dürfe nicht unterschätzt werden, dass noch inhaltliche Kontroversen bestünden. „Der Teufel steckt im Detail“, mahnte die stellvertretende Generaldirektorin der zuständigen EU-Einheit (Fisma), Alexandra Jour-Schröder, vor wenigen Tagen in Berlin. Sie dämpfte damit voreilige Erwartungen, alle Beteiligten seien sich bereits über alle Einzelheiten einig. Aber: Der Vergleich der Forderungskataloge von französischer Branche (Bericht der „Group Noyer“ vom 25. April) und deutscher Finanzindustrie („Knof Bericht“ vom 16. September), beide in gewisser Abstimmung mit der jeweiligen Regierung entstanden, zeigt eine ganze Reihe von Gemeinsamkeiten. In anderen Worten: Dass die beiden größten Volkswirtschaften in zahlreichen Punkten ähnlich argumentieren, dürfte den EU-Gesetzgebungsprozess sicherlich beschleunigen.
Beispiel Kapitalunterlegung: Beide Berichte machen sich für Erleichterungen bei der Eigenkapitalunterlegung von Verbriefungspositionen stark, vor allem für risikoarme Tranchen. Und auch im Detail gibt es manchen Gleichlauf: Sowohl Noyer-Report als auch Knof-Bericht empfehlen beispielsweise eine Rekalibrierung, respektive Reduzierung des „p-Faktors“ bei der Berechnung der Kapitalanforderungen.
Empfehlungen ähneln sich
Beispiel Liquiditätsquote: Einvernehmlich sprechen sich Franzosen und Deutsche für eine umfassendere Anerkennung von Verbriefungspositionen als erstklassige verbriefte Aktiva (HQLA) aus – und zwar sowohl von „simplen, transparenten und standardisierten Transaktionen (STS) als auch von alle anderen (Non-STS). Im Knof-Abschlussbericht heißt es dazu: „Die Berücksichtigungsfähigkeit von Verbriefungen in der Liquiditätsquote (LCR) sollte folgendermaßen angepasst werden: Senior STS-Verbriefungen mit High-Quality-Liquidity-Asset-Stufe 2A und Senior Non-STS-Verbriefungen mit Stufe 2B.“ Diese Aufforderung entspricht fast wortgleich der Empfehlung des Noyer-Berichts, in dem es heißt: „Die Anrechenbarkeit von Verbriefungen auf Liquiditätspuffer (LCR) sollte erhöht werden, um die Investorenbasis zu verbreitern. Senior-STS-Tranchen, die derzeit als 2b eingestuft sind, sollten auf 2a heraufgestuft werden, während vorrangige Nicht-STS-Tranchen auf Stufe 2b zugelassen werden sollten.“
Beispiel Versicherungen: In beiden Berichten werden Anpassungen der Solvabilitäts-Vorgaben der EU (Solvency II) angeregt, um Versicherern den Zugang zu (synthetischen) STS-Verbriefungen zu erleichtern.
Ruf nach Vereinfachungen
Beispiel Transparenzanforderungen: Beide Reports fordern Vereinfachungen. So argumentieren die Franzosen, dass standardisierte Vorlagen („templates“) für private Platzierungen wenig hilfreich seien. Die Deutschen machen sich derweil für die Zusammenführung verschiedener Meldeanforderungen stark, um Aufwand zu reduzieren. Außerdem stellen sie infrage, inwieweit die Berichterstattung auf Ebene von Einzelkrediten tatsächlich Nutzen stiftet.
Auf den ersten Blick erkennbar unterschiedliche Positionen spiegeln die beiden Berichte hingegen mit Blick auf die Themen staatliche Garantien und europäischen Plattformen (siehe weiteren Bericht in diesem Newsletter). Diese Meinungsverschiedenheit hatte sich bereits im Frühjahr in ersten Reaktionen aus Berlin auf den Noyer-Bericht angedeutet.