BaFin verschiebt Fokus auf physische Klimarisiken
BaFin warnt vor physischen Klimarisiken
Naturkatastrophen gefährden die Finanzbranche – Quantencomputing birgt neue Herausforderungen für IT-Sicherheit
Auf ihrem ersten Pressegespräch des Jahres betonte die BaFin die wachsende Bedeutung physischer Klimarisiken für den Finanzsektor. Naturkatastrophen wie Brände oder Überflutungen gefährden Banken und Versicherer zunehmend. Zugleich stellen technologische Entwicklungen wie Quantencomputing neue Gefahren dar.
wbr Frankfurt
Die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) hat am Dienstag in Frankfurt ihre Publikation „Risiken im Fokus der BaFin 2025“ vorgestellt und dabei eine klare Verschiebung der Prioritäten im Umgang mit Klimarisiken angekündigt. Während transitorische Risiken – wie jene, die aus dem Übergang zu einer kohlenstoffarmen Wirtschaft resultieren – weiterhin relevant blieben, legt die Aufsicht in diesem Jahr einen verstärkten Schwerpunkt auf physische Risiken.
Kalifornien und Valencia
Diese physischen Risiken entstehen durch konkrete Auswirkungen des Klimawandels, etwa Extremwetterereignisse wie Brände, Überflutungen oder Dürren. „Wir alle erinnern uns an die verheerenden Brände in Kalifornien oder die Überschwemmungen in Valencia. Diese Katastrophen zeigen, wie tiefgreifend die Auswirkungen physischer Klimarisiken sein können – auch auf den Finanzsektor“, sagt BaFin-Präsident Mark Branson.
Laut Branson gewinnen physische Risiken zunehmend an Bedeutung, da sie sich direkt auf Kreditportfolien von Banken und Schadenssummen von Versicherern auswirkten. „In Europa könnten mehr als 30% des jährlichen Budgets für Naturkatastrophen bereits in den ersten Tagen eines Jahres aufgebraucht werden“, erklärte Branson mit Verweis auf Schätzungen von Ratingagenturen.
Versicherbarkeit wird Problem
Probleme sieht die BaFin im Umgang mit Daten, die zur Bewertung dieser Risiken notwendig sind. „Insbesondere Banken fehlen häufig Standortdaten, die eine genaue Einschätzung physischer Gefahren wie Überschwemmungen ermöglichen. Auch Versicherungen stoßen bei der Bewertung von Naturgefahren an ihre Grenzen, beispielsweise durch fehlende Informationen zu Hochwasserschutzmaßnahmen oder regionalen Bauvorschriften“, so Branson.
Die Risiken physischer Klimaveränderungen seien nicht nur für globale Unternehmen relevant, sondern auch für Regionalbanken, die oft geografisch eingeschränkt operieren. Ein Extremwetterereignis könne hier gleichzeitig viele Kunden und Mitarbeiter betreffen. Auch spezialisierte Geschäftsmodelle, etwa in der Landwirtschaft, seien zunehmend gefährdet.
Ein weiteres zentrales Problem sei die Versicherbarkeit von Immobilien und anderen Vermögenswerten. „In einigen Regionen, insbesondere in den USA, ziehen sich Versicherer bereits zurück. Das führt zu Versicherungslücken und stellt Banken vor die Frage, ob Immobilien unter diesen Bedingungen überhaupt noch finanzierbar sind“, so Branson.
Technologische Risiken ernst nehmen
Er betonte, dass historische Daten immer weniger aussagekräftig seien, da sich die Risikolage dynamisch verändere. Szenarienbasierte Ansätze und vorausschauendes Risikomanagement seien daher essenziell. „Wir dürfen nicht warten, bis die nächste Katastrophe eintritt. Ein proaktiver Ansatz schützt nicht nur die Solvenz von Finanzunternehmen, sondern treibt auch Präventionsmaßnahmen voran“, sagte der BaFin-Präsident.
Neben den Klimarisiken adressierte die BaFin auch technologische Risiken, insbesondere Quantencomputing. Diese neue Technologie birgt das Potenzial, die IT-Sicherheit des Finanzsektors grundlegend zu gefährden, da sie etablierte Verschlüsselungssysteme wie RSA überwinden könnte. „Schon heute können Daten gestohlen und später entschlüsselt werden, wenn leistungsfähige Quantencomputer verfügbar sind“, warnte Branson.
Sensible Daten sichern
Finanzunternehmen müssten daher frühzeitig Daten identifizieren, die gefährdet sein könnten, und flexible Schutzkonzepte entwickeln. Das Ziel sei es, sogenannte Post-Quantum-Kryptografie zu implementieren, um langfristig sensible Daten zu sichern. Branson betonte, dass die Zeit zu handeln jetzt sei.