Deutsche Energiepolitik treibt Unternehmen ins Ausland
Energiepolitik treibt Unternehmen ins Ausland
DIHK-Barometer legt große Sorgen über Wettbewerbsfähigkeit offen – Hohe Preise schmälern Investitionen
wf Berlin
Deutsche Unternehmen tragen sich wegen der Energiepolitik zunehmend mit Plänen, weniger zu produzieren oder gar abzuwandern. Ein Teil hat diese Pläne bereits realisiert. Dies zeigt das Energiewendebarometer der Deutschen Industrie- und Handelskammer (DIHK). Vier von zehn Industriebetrieben erwägen demnach, ihre Produktion hierzulande wegen der Lage im Energiesektor einzuschränken oder ins Ausland zu verlagern. Von Industrieunternehmen mit mehr als 500 Mitarbeitern dächten inzwischen sogar mehr als die Hälfte darüber nach. Hohe Preise und fehlende Planbarkeit sind laut der Umfrage die Ursache.
„Vertrauen beschädigt“
„Das Vertrauen der deutschen Wirtschaft in die Energiepolitik ist stark beschädigt“, konstatierte DIHK-Hauptgeschäftsführer Achim Dercks vor der Presse in Berlin. Der Politik sei es bisher nicht gelungen, den Unternehmen eine Perspektive für eine zuverlässige und bezahlbare Energieversorgung aufzuzeigen. „Das gilt insbesondere für die Industrie.“ Im Juni hatten die Industrie- und Handelskammern 3.283 Unternehmen befragt. Etwas mehr als die Hälfte kam aus dem Dienstleistungssektor, knapp ein Viertel aus der Industrie – die übrigen aus Handel und Bauwirtschaft. Das Energiewendebarometer wird seit 2012 jährlich erstellt. „Während in den Jahren vor 2023 viele Unternehmen auch Chancen in der Energiewende für den eigenen Betrieb sahen, überwiegen zuletzt aus ihrer Sicht deutlich die Risiken“, unterstrich Dercks.
Die Auswirkungen der Energiewende auf ihre Wettbewerbsfähigkeit beurteilen die Unternehmen über alle Branchen hinweg mit minus 20 auf einer Skala von plus/minus 100. Dies ist laut DIHK der zweitschlechteste Wert in den 13 Jahren des Barometers. Nur im Vorjahr fiel dieser mit minus 27 noch niedriger aus. Zuvor lag die Spanne zwischen plus 1 und minus 13. Die energieintensive Industrie bewerte nun die Energiewende mit minus 34 im Durchschnitt am kritischsten. Besonders in den starken Industrieregionen im Westen und Süden überwögen die Sorgen über zuverlässige Energieversorgung und Standortkosten. Die verbesserten Werte zum Vorjahr gingen auf die Dienstleister zurück.
Planungssicherheit fehlt
Ein „Weiter-so“ sei gefährlich für den Wirtschaftsstandort Deutschland, mahnt der DIHK. Mehr als ein Drittel der Industriebetriebe könne aktuell wegen der hohen Energiepreise weniger in betriebliche Kernprozesse investieren und ein Viertel weniger in Klimaschutz. Ein Fünftel stelle Forschung und Innovation zurück. Bei den konkreten Transformationshemmnissen lägen zu viel Bürokratie eng gefolgt von fehlender Planbarkeit bei zwei Drittel der Unternehmen auf den ersten Plätzen. In ihrem neuen Wachstumspaket habe die Bundesregierung nachhaltige Lösungen des Energieangebots und der die Energiepreisfrage völlig ausgespart, monierte Dercks.