Serie zur Bundestagswahl (3)Energiepolitik

Konzepte für mehr Effizienz in der Energiewende gesucht

In den Wahlprogrammen sind viele Ideen zu finden, wie die Energiewende in Zukunft kosteneffizienter angegangen werden kann. Leider fehlen Ideen zur Finanzierung.

Konzepte für mehr Effizienz in der Energiewende gesucht

Serie zur Bundestagswahl (3): Energiepolitik

Konzepte für mehr Effizienz in der Energiewende gesucht

Mögliche Regierungsparteien wollen Kosten im System senken und Netzentgelte reformieren – Fokus auf neue Backup-Kraftwerke und Wasserstoffhochlauf

Von Andreas Heitker, Berlin

Selten stand die Energiepolitik so sehr im Fokus der Berliner Debatten wie in der abgelaufenen Legislaturperiode. Dies lag an markanten Änderungen im deutschen System wie dem aufgezwungenen kurzfristigen Switch in der Gasversorgung von russischen Importen auf LNG, dem Abschalten der letzten deutschen Atommeiler oder auch den zwischenzeitlich sprunghaft angestiegenen Strompreisen für die Industrie. Und obwohl die Preise mittlerweile wieder deutlich gesunken sind, gelten die Energiekosten in Deutschland weiter als großer Wettbewerbs- und Standortnachteil.

Auf der anderen Seite stehen immer neue Rekordzahlen beim Zubau der Wind- und Solarkapazitäten. Mittlerweile stammen knapp 60% der deutschen Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien, deren installierte Leistung allein im vergangenen Jahr noch einmal um 12% gestiegen ist. Und der Boom im Bereich der Photovoltaik hält an. 2024 wurden zugleich mit rund 2.400 Windrädern so viele Genehmigungen wie noch nie erteilt. Auch beim Ausbau der Stromnetze geht es mittlerweile deutlich schneller voran: Die Bundesnetzagentur hat 2024 rund 1.400 Kilometer neue Leitungen genehmigt – doppelt so viel wie im Vorjahr. Hiervon wird die künftige Bundesregierung profitieren.

Neuausrichtung vonnöten

Trotz dieser Entwicklung scheint es bei allen Parteien, die realistischerweise bei der Regierungsbildung nach der Bundestagswahl mitmischen könnten, einen Konsens zu geben: Die Energiewende muss in den nächsten Jahren neu ausgerichtet werden. Konkret: Sie muss effizienter und kostengünstiger gestaltet werden. Dazu gehört eine flexiblere Steuerung der Erneuerbaren im System und eine stärker marktorientierte Neuregelung der Vergütung von Solar- und Windstrom. Dazu gehört die Digitalisierung (Stichwort: Smart Meter), aber auch die Reform der Netzentgelte. Neben dem Hochlauf der Wasserstoffwirtschaft und dem Bau neuer wasserstofffähiger Gaskraftwerke, die die Versorgungssicherheit auch in Zeiten von Dunkelflauten gewährleisten, gehört die Effizienz- und Kostenfrage zu den drei Top-Prioritäten einer künftigen Energiepolitik.

Union will sich in der Energiepolitik von den Grünen abgrenzen

Die Union, die voraussichtlich die künftige Regierungskoalition anführen wird, widmet sich in ihrem Wahlprogramm sehr ausführlich dem Thema. Bereits im November hatte die CDU/CSU-Bundestagsfraktion eine eigene „neue Energie-Agenda“ vorgestellt, die sich insbesondere von der Politik des grünen Wirtschaftsministers Robert Habeck abzugrenzen versucht. Dazu gehört die Rücknahme des Heizungsgesetzes der Ampel, aber auch das Liebäugeln mit der Option Atomkraft. Die Union will Forschung zu Kernenergie der vierten und fünften Generation, Small Modular Reaktoren und Fusionskraftwerken vorantreiben. Auch eine Prüfung, ob die zuletzt abgeschalteten Atommeiler wieder angefahren werden können, ist Teil der Agenda. In der Energiebranche selbst werden solche Forderungen eher als Wahlkampfgetöse abgetan. Allerdings finden sich ähnliche Formulierungen auch im Wahlprogramm der FDP, die ebenfalls auf Meiler der neuen Generation setzt und das Atomrecht „vom ideologischen Ballast“ befreien will.

Die Union möchte grundsätzlich eine „Kostenwende hin zu mehr Effizienz“, ohne die die Energiewende ihrer Ansicht nach scheitern wird. Dazu gehört für CDU/CSU, mehr Markt und weniger Staat, beispielsweise über Quoten für „Grüngas“ oder „Grün-Heizöl“ oder auch den Ausbau der CO2-Bepreisung zu einem Leitinstrument der Energie- und Klimapolitik. Die Kraftwerksstrategie zum Neubau von Backup-Kraftwerken soll „pragmatisch“ und ein Kapazitätsmarkt „technologieoffen“ umgesetzt werden. Details hierzu bleibt die Union schuldig, trifft aber durchaus die Forderungen der Kraftwerksbauer, die die bisherigen Vorlagen von Habeck als zu bürokratisch und investitionsfeindlich kritisiert hatten.

Alle wollen die Stromsteuer senken

Wie die angekündigte Neuregelung der Netzentgelte – die auch alle anderen Parteien im Programm haben – genau aussehen und finanziert werden soll, lassen CDU/CSU ebenfalls offen. Die Union will die Kosten des Stromnetzausbaus auf jeden Fall senken, indem Freileitungen wieder Vorrang vor der deutlich teureren Erdverkabelung erhalten. In dem Punkt ist sich die Union sowohl mit der FDP als auch den Grünen einig. Große Einigkeit findet auch die Forderung, den Strompreis von Steuern und Abgaben zu befreien. SPD, Grüne und FDP verlangen etwa, die Stromsteuer auf ein europäisches Mindestmaß zu senken.

Bei der für den Haushalt nötigen Gegenfinanzierung bleiben allerdings meist Fragezeichen. Dies gilt auch für die SPD, die die Netzentgelte im Bereich der Übertragungsnetze auf 3 Cent je Kilowattstunde deckeln und mehr energieintensive Unternehmen in den Genuss reduzierter Netzentgelte und von Strompreiskompensationen bringen will. Ansonsten spielt das Thema Energiepolitik im SPD-Programm nur eine untergeordnete Rolle.

Die Grünen fordern, die Gasförderung in Deutschland zu beenden – im Gegensatz zur FDP, die sie noch ausbauen will. Auch am Kohleausstieg 2030 will die Ökopartei nicht rütteln. „Wir stehen zum Kohlekompromiss“, heißt es auch bei der Union. Ein Abschalten von Kraftwerken will CDU/CSU aber nur, wenn die Backup-Kapazitäten schon am Netz sind.


Hier finden Sie alle Teile der Serie zur Bundestagswahl 2025.

Zuletzt erschienen Steuerentlastung soll Wirtschaft ankurbeln (25.1.) Wahlkampf der Verzagten und Mutlosen (23.1.)

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