Schuldscheine

Nachhaltige Schuldscheine büßen an Attraktivität ein

Der Schuldscheinmarkt ist derzeit zwar in stabiler Verfassung, aber nachhaltige Schuldscheine verlieren immer mehr an Attraktivität. Das zeigt eine aktuelle Studie.

Nachhaltige Schuldscheine büßen an Attraktivität ein

Der Schuldscheinmarkt präsentiert sich zum Jahresbeginn 2025 zwar generell in stabiler Lage. Das neu begebene Volumen lag um 6% über dem allerdings sehr schwachen Vorjahresquartal. Ein rückläufiger Mittelbedarf, eine geringere Neigung zur nachhaltigen Finanzierung und ein konkurrenzfähiger Anleihemarkt limitieren gegenwärtig aber die Nachfrage nach Schuldscheindarlehen (SSD). Das halten die Experten von Capmarcon in einer Analyse fest, die der Börsen-Zeitung vorab vorliegt. Capmarcon ist eine auf Nachhaltigkeitsmanagement und Unternehmensfinanzierung spezialisierte Beratungsgesellschaft. Sie entwickelt Nachhaltigkeitsziele und -strategien, erstellt Rahmenwerke und unterstützt bei ESG-Ratings.

Nachhaltige Schuldscheine weniger attraktiv

Markt befindet sich aber in stabiler Verfassung – Bonität der Emittenten verbessert sich im ersten Quartal

Nachhaltige Schuldscheine büßen bei den Emittenten an Attraktivität ein. Die Bonität hat sich am Markt im ersten Vierteljahr aber etwas verbessert. Das zeigt eine neue Studie.

Von Kai Johannsen, Frankfurt

Aktuell würden dem SSD-Markt die treibenden Kräfte fehlen. „Dazu gehörten erstens ein hoher Kapitalbedarf der Unternehmen aufgrund guter konjunktureller Entwicklung oder wegen attraktiver Ziele im Geschäft mit Firmenübernahmen. Beides dürfte frühestens am Jahresende 2025 zurückkehren. Dazu gehört zweitens die Motivation, Schuldscheine für nachhaltige Mittelverwendung zu begeben. Diese könnte erst im kommenden Jahr wieder spürbar zurückkehren“, sagt Hans-Werner Grunow, Geschäftsführer von Capmarcon, dieser Zeitung. Und dazu gehöre drittens ein hinsichtlich der Konditionen komparativer Vorteil gegenüber dem Rentenmarkt. Alle Faktoren sollten in den kommenden Quartalen laut Grunow nicht nennenswert an Relevanz gewinnen.

In diesem Szenario würden die in diesem Jahr neu arrangierten Volumina kaum signifikant höher ausfallen als 2024. Das neue Gesamtvolumen könnte zwischen 19 und 21,5 Mrd. Euro liegen nach 20,1 Mrd. Euro im Vorjahr, so die Prognose. Ohne Jumbo-Transaktionen dürfte die Durchschnittsgröße des Schuldscheins bei 200 Mill. Euro liegen. „Der Anteil deutscher Unternehmen sollte überdurchschnittlich hoch bleiben. Neben Industrieadressen dürften Dienstleister, Logistiker und Handelsunternehmen nennenswerte Anteile am Schuldscheinmarkt erreichen“, so Grunow. Darüber hinaus sollten die Risikoprämien von Darlehen gegenüber Bundesanleihen in den kommenden Quartalen kontinuierlich, wenn auch nur leicht abschmelzen.

Erhöhter Aufwand

Zudem stellen die Experten fest, dass nachhaltig ausgerichtete Schuldscheine an Attraktivität verlieren. Im Verlauf des ersten Quartals seien von 18 Transaktionen nur noch drei nachhaltig (Green) und eine nachhaltigkeitsorientiert (ESG-linked) arrangiert. Das damit aufgenommene Volumen in Höhe von rund 550 Mill. Euro hatte einen Anteil an den Neuabschlüssen von nur noch 14% nach 32% im Jahr 2024. „Neben dem erhöhten Aufwand – etwa die Verpflichtung für Banken, die Nachhaltigkeitsleistung der Darlehensnehmer zu bewerten –  trägt auch ein gewisser Ermüdungseffekt zur schwindenden Attraktivität von Sustainable Financing bei. Die Europäische Union arbeitet gegenwärtig zwar an einer Vereinfachung der zuvor überbordenden Regulierung. Doch vielfach nutzen Unternehmen die Vereinfachung zu einer Normalisierung der Finanzierungsprozesse“, sagt Grunow. Dies betreffe alle Finanzinstrumente. Mit einer Belebung des Primärmarktgeschäftes nachhaltiger Finanzierungen dürfte den Experten zufolge vor dem Jahr 2026 nicht zu rechnen sein.

Die durchschnittliche Bonität schuldscheinemittierender Unternehmen habe sich im ersten  Quartal wieder verbessert. Im Schlussquartal 2024 habe das Rating in der untersten Investment Grade-Klasse „BBB−“ gelegen. Nun sei die Bonität auf „BBB“ geklettert. Dabei seien die Bonitäten der Mehrfachnutzer von Schuldscheindarlehen deutlich höher als diejenigen der wenigen Debüt-Emittenten. Unabhängig von der Marktsituation sei der Schuldschein unverändert auch für schwächere Bonitäten platzierbar.

Das hinsichtlich des Volumens begebener Schuldscheine größte Land sei traditionell Deutschland, dessen Anteil in normalen Marktphasen 60% bis 70% betrage. In anspruchsvollen Phasen wie etwa der Finanzkrise in den Jahren 2009/2010, Flüchtlingskrise im Jahr 2015 und Corona-Zeit 2020 habe sich der Anteil auf über 80% erhöht. Dies sei aktuell auch wieder der Fall: 82% im ersten Vierteljahr. Als regelmäßige Schuldscheinnutzer waren Frankreich, Österreich und die Schweiz wieder am Markt aktiv. Weitere Länder spielten in diesem Segment praktisch keine Rolle.

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