Sorgen vor einem Zurückdrehen der Energiewende
Sorgen um die Energiewende
Habeck will zentrale Projekte vor der Wahl weiterführen – Dena: Finanzierung adjustieren
Wirtschaftsminister Robert Habeck will bis zur Bundestagswahl noch zentrale Energiewende-Projekte weiter vorantreiben. Er warnte vor Wohlstandsverlusten und Sicherheitsrisiken, sollte die Energiewende ausgebremst werden. Die Deutsche Energie-Agentur sieht allerdings Verbesserungsbedarf im Förderregime.
ahe Berlin
Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck hat davor gewarnt, die Energiewende im Falle eines Regierungswechsels wieder zurückzudrehen. Auf einem Kongress der Deutschen Energie-Agentur (Dena) verwies der Grünen-Politiker auf Warnungen von Ökonomen vor Wohlstandsverlusten durch den Klimawandel und von der Nato ausgemachten Sicherheitsrisiken, etwa aufgrund von Migrationsbewegungen. „Wir sind gut beraten, das ernst zu nehmen“, sagte Habeck am Montag in Berlin. „Wir reden hier über Wohlstand und Sicherheit künftiger Generationen.“
Habeck kündigte an, noch bis zur nächsten Bundestagswahl zentrale Projekte seines Hauses weiter vorantreiben zu wollen. So werde das Gesetz zur Kraftwerksstrategie umgehend in die Anhörung und dann möglichst schnell ins Kabinett gehen, kündigte er an. Ausschreibungen für neue wasserstofffähige Gaskraftwerke seien dann weiterhin noch Anfang 2025 möglich. Der Minister verwies darauf, dass die neuen Kraftwerke von den Bundesländern unabhängig von Parteizugehörigkeit gefordert würden. „Da warten ganze Regionen darauf.“
Bereits in dieser Woche soll das Kabinett auch über das Energiewirtschaftsgesetz entscheiden. Möglicherweise gelinge es auch hier, Teile davon noch umzusetzen, sagte Habeck. Es gehe um konkrete Punkte, bei denen niemand einen Wahlkampfvorteil habe. „Vielleicht ist das Ende der Ampel mit ein bisschen Glück der Beginn von was Neuem“, so Habeck.
Corinna Enders, die Vorsitzende der Dena-Geschäftsführung, stellte ebenfalls klar: „Wir dürfen uns keinen Stillstand erlauben.“ Sie stellte unter Verweis auf die jüngste Flutkatastrophe in Spanien klar, dass es in der Energiepolitik auch darum gehen müsse, die volkswirtschaftlichen Schäden durch den Klimawandel zu begrenzen. Die Energie- und Klimathemen blieben erhalten – unabhängig von den politischen Ereignissen wie einem möglichen Regierungswechsel.
Kritik ans Förderregime
Enders verwies darauf, dass die Energiewende in einigen Punkten nachgebessert werden sollte, etwa bei den Fördermaßnahmen. Sie habe den Eindruck, dass diese nicht immer aufeinander abgestimmt seien. Bei der staatlichen Förderung von Dekarbonisierungsprojekten müsse die Regierung künftig außerdem noch stärker Hebeleffekte nutzen: Mit öffentlichen Investitionen sollten noch mehr Anreize für privates Kapitial gesetzt werden, betonte die Dena-Chefin. Ein positives Beispiel sei das beschlossene Amortisationskonto beim Hochlauf der Wasserstoffwirtschaft.
Ähnlich argumentierte auch Sebastian Dullien von der Hans-Böckler-Stiftung. Bei der milliardenschweren Finanzierung der Energiewende sei es klar, dass private Investoren einen Großteil zu tragen hätten, sagte er. Allerdings hätten staatliche Investitionen oft eine „Katalysatorenfunktion“. Wenn der Staat nicht investiere, täten dies die Privaten auch nicht. Nach Einschätzung des Ökonomen muss der Staat den Unternehmen zugleich Orientierung für die weitere Entwicklung des Strompreises geben. Daher plädiere er auch für die Einführung eines Brückenstrompreises.
Klimaschutz als Währung verstehen
Der Vorstandsvorsitzende der Förderbank KfW, Stefan Wintels, sprach sich auf dem Kongress dafür aus, Klimaschutz als Währung zu verstehen. Die Kosten des Klimawandels und des Verlustes der Biodiversität seien dabei mit einzupreisen, stellte er klar. Die Zeit dränge: Denn je langsamer jetzt investiert werde, desto höher müssten zukünftig notwendige Investitionen ausfallen, warnte Wintels.
Nach Einschätzung von Commerzbank-Chefin Bettina Orlopp ist die Energiewende ebenfalls nicht umkehrbar. Nötig sei jetzt aber Pragmatismus, Schnelligkeit und Zuversicht, betonte sie. Wirtschaftliches Wachstum gehe eng mit der Transformation und den nötigen Investitionen einher. Die Banken stünden bereit, um die Finanzierung zu gewährleisten.