Steuerreform für Mitarbeiterbeteiligungen stärkt Start-up-Szene
Steuerreform für Mitarbeiterbeteiligungen stärkt Start-up-Szene
Der Kampf um Fachkräfte für deutsche Firmen geht weiter. Insbesondere Start-ups bekommen von diesem Jahr an ein Ass in den Ärmel gesteckt. Denn seit Jahresbeginn gelten veränderte steuerliche Rahmenbedingungen für Mitarbeiterbeteiligungen mit echten Anteilen. Mit dem im November beschlossenen Zukunftsfinanzierungsgesetz wird es steuerlich attraktiver, Beschäftigte zu Anteilseignern zu machen. Hier bestand Aufholbedarf, da etwa in den unmittelbaren Nachbarländern Deutschlands (Österreich und Tschechien) vergleichbare steuerliche Begünstigungen für Start-ups zum Jahreswechsel in Kraft getreten sind.
Erhöhter Freibetrag
Zum einen wird der bestehende Steuerfreibetrag für die vergünstigte oder kostenfreie Überlassung von Anteilen von derzeit 1.440 Euro auf 2.000 Euro pro Jahr angehoben. Das ist im internationalen Vergleich noch zurückhaltend. Anders als ursprünglich geplant sieht das Gesetz nicht vor, dass die Beteiligung zusätzlich zum Arbeitslohn gezahlt werden muss. Jedenfalls steuerlich ist daher auch eine Entgeltumwandlung möglich; allerdings fallen Sozialabgaben an. Der steuerliche Freibetrag greift in unveränderter Weise aber nur, wenn die Beteiligung grundsätzlich allen Mitarbeitern offensteht.
Soweit der Freibetrag nicht anwendbar ist oder überschritten wird, führt ein günstiger oder kostenfreier Erwerb von Anteilen zu einem geldwerten Vorteil. Das bedeutet, dass bereits im Zeitpunkt der Anteilsübertragung lohnversteuert werden muss, gleichwohl die Anteile oft nicht fungibel und zudem in der Verfügung beschränkt sind bzw. Zustimmung erfordern („Vinkulierung“). Dieses „dry income“ genannte Phänomen blockierte die Verwendung von echten Anteilen. Schließlich will niemand Steuern für eine Beteiligung zahlen, die ihm bislang nichts eingebracht hat und deren Wert schwanken kann.
Nachgelagerte Besteuerung nutzen
Zwar gibt es seit 2021 bereits die Möglichkeit, die Besteuerung zu verschieben, doch hatten fast keine Unternehmen davon Gebrauch gemacht. Dies soll sich nun ändern. So können die nachgelagerte Besteuerung künftig auch Beschäftigte von bereits gewachsenen Start-ups mit maximal 1.000 Beschäftigten und 100 Mill. Euro Jahresumsatz oder einer Bilanzsumme von 86 Mill. Euro nutzen, wenn die Gründung des Unternehmens nicht länger als 20 Jahre (statt bislang 12 Jahre) zurückliegt. Auch der Zeitraum, für den die Besteuerung längstens aufgeschoben werden kann, wird von bislang 12 auf 15 Jahre erweitert. Ein großer Haken ist bislang, dass ein Arbeitgeberwechsel die Besteuerung auslöst. Das kann künftig vermieden werden, sofern Arbeitgeber garantieren, dass sie bei Veräußerung der Anteile die verzögert anfallende Lohnsteuer abführen. Damit soll das Steueraufkommen auch für die Fälle gesichert werden, in denen Mitarbeiter beim Verkauf der Anteile bereits aus dem Unternehmen ausgeschieden sind.
Neu ins Gesetz aufgenommen wird der Hinweis, dass auch beschränkte („vinkulierte“) und von Gesellschaftern des Arbeitgeberunternehmens gewährte Anteile unter die Regelung fallen. Gerade in der Start-up-Szene werden vinkulierte Anteile genutzt, um die Kontrolle darüber zu behalten, wer Gesellschafter wird.
Weitere Potenziale im Steuerrecht
Um die Attraktivität der Beteiligungen weiter zu fördern, können künftig weitere Potenziale im Steuerrecht gehoben werden. Eine Ausweitung der nachgelagerten Besteuerung auf Beteiligungen innerhalb einer Unternehmensgruppe, wie sie ursprünglich in dem Gesetzesvorhaben integriert war, würde beispielsweise für größere Flexibilität sorgen. Zudem sollte auch im Sozialversicherungsrecht ein Gleichlauf hergestellt werden. Die Verschiebung des Besteuerungszeitpunkts wirkt nämlich derzeit nicht für Sozialabgaben, sodass insoweit dennoch „dry charges“ entstehen können.
Blick auf Europawahlen
Mit Blick auf den Umgang mit echten Anteilen, oft auch von noch nicht börsennotierten Gesellschaften, wäre eine gewisse Standardisierung und Etablierung entsprechender Gestaltungen (z.B. mit Pooling-KG) hilfreich, um Akzeptanz und Verbreitung zu erhöhen. Gleichzeitig muss der administrative Aufwand überschaubar bleiben – gerade für jüngere und schnell wachsende Unternehmen derzeit oft ein Grund, auf einfachere, virtuelle Bonusmodelle zu setzen. Im internationalen Umfeld sind Incentive-Pläne nach wie vor diffiziler, da jeweils nationales Steuer- und ggf. auch Arbeitsrecht sowie Regulatorik eine Rolle spielen. Auch wegen der Europawahlen im Juni dürfen weitere Entwicklungen mit Spannung erwartet werden. Jedenfalls könnte durch den Einsatz echter Anteile auch die international bereits etablierte Möglichkeit von Secondaries in Deutschland attraktiver werden.