US-Banken

Die Sorgen wachsen

Das abgelaufene Quartal ist für die großen US-Banken gut gelaufen. Nun jedoch erhöht der Ukraine-Krieg die Risiken, die durch die starke Teuerung ohnehin schon gestiegen waren.

Die Sorgen wachsen

Von Bernd Neubacher, Frankfurt

Ja, sie sind deutlich größer, und das Kriegsgebiet in der Ukraine liegt von ihrem Heimatmarkt deutlich weiter entfernt als für ihre europäischen Wettbewerber. Und dennoch gilt für die US-amerikanischen Kreditinstitute: Der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine hat auch für die Dickschiffe von der Wall Street das Umfeld verändert. Schien der Himmel noch zu Jahresbeginn mit der Aussicht auf kräftige Zinssteigerungen im Jahresverlauf sowie auf eine Corona-Dividende etwa durch vermehrte Konsumkredite voller Geigen zu hängen, so wird die Liste der Risiken derzeit Tag für Tag länger. Erst im Verlauf dieser Woche verdeutlichte Jamie Dimon, Chef von J.P. Morgen, in seinem jährlichen Aktionärsbrief den Ernst der Lage.

Niedagewesene Kombination

Der Krieg in der Ukraine, die Teuerung und steigende Zinsen stellten eine noch nie da gewesene Kombination von Risiken dar, teilte er mit. Ihr Zusammentreffen könne zugleich die künftigen Risiken dramatisch erhöhen. Der dienstälteste Chef einer der großen US-Banken warnte zugleich vor „sehr volatilen Märkten“, wenn die US-Notenbank ihre Geldpolitik straffe. Dabei haben die direkten Folgen des Krieges sowie der Sanktionen des Westens bereits die Kurse kräftig schwanken lassen. Der Krieg könne aber die Konjunktur bremsen und geopolitische Folgen auf Jahrzehnte hinaus haben, meint Dimon mit Blick auf die Lieferketten. Seinen Angaben zufolge droht der Bank infolge ihrer Engagements in Russland im Laufe der Zeit ein Verlust von bis zu 1 Mrd. Dollar. Die Bank könnte aber selbst einen Verlust von 10 Mrd. Dollar verkraften und wäre noch immer in sehr guter Form, ließ der Bankenchef die Anteilseigner in der ihm eigenen selbstbewussten Art zudem wissen. Derweil stellt das von ihm geleitete Institut nach schweren Verwerfungen am Nickelmarkt schon einmal seine Geschäfte mit Rohstoffkunden auf den Prüfstand.

Vor Jahresbeginn hatten Analysten ihre Schätzungen für Universalbanken wie J.P. Morgan oder Wells Fargo oder Broker-Dealer wie Morgan Stanley und Goldman Sachs noch spürbar angehoben mit dem Argument, Banken und diversifizierte Finanzdienstleister seien der einzige Sektor, der sich im Falle steigender Realzinsen besser als der S&P500 schlage. Nun ist vermehrt Zurückhaltung zu beobachten. Seit Kriegsbeginn stehen die Aktienkurse im Sektor aber unter Druck.

Ausblick steht im Fokus

Wenn die großen US-Banken in der kommenden Woche nun Zahlen fürs erste Quartal zeigen, dürften die Anleger daher vor allem auf den Ausblick achten, während die Angaben zu den großteils vor Kriegsbeginn erzielten Ergebnissen in den Hintergrund rücken dürften. Mitte der Woche wird J.P. Morgan den Ergebnisreigen beginnen. Am Donnerstag folgen Citigroup, Goldman Sachs, Morgan Stanley und Wells Fargo, am Montag darauf Bank of America.