Geldpolitik

Notenbanker ringen um EZB-Kurs

Erst Mitte März haben die Euro-Notenbanker eine vorübergehende deutliche Erhöhung des Tempos der PEPP-Käufe im zweiten Quartal beschlossen. Jetzt richtet sich der Blick aber bereits auf die Zeit danach – und es drohen neue Differenzen im Rat.

Notenbanker ringen um EZB-Kurs

Von Mark Schrörs, Frankfurt

Eigentlich waren die Erwartungen an die Zinssitzung der Euro-Notenbanker am Donnerstag, 22. April, gering, galt die Sitzung eher als Durchgangsstation: Bei der letzten Sitzung Mitte März hatte der EZB-Rat schließlich erst eine temporäre, deutliche Beschleunigung der Käufe im Zuge des Corona-Notfallanleihekaufprogramms PEPP beschlossen, um sich gegen anziehende Staatsanleiherenditen zu stemmen; und bei der nach diesem Treffen nächsten Sitzung wird es neue Wachstums- und Inflationsprojektionen geben – als wichtige Grundlage für die nun quartalsweise anstehende Beurteilung, ob die Finanzierungsbedingungen in Euroland noch als „günstig“ zu bewerten sind.

Jetzt aber verspricht die Sitzung doch einige Spannung, und das liegt daran, dass nun bereits eine Diskussion entbrannt ist, die eher später, womöglich im Sommer, zu erwarten gewesen wäre: über den mittelfristigeren EZB-Kurs. Im Mittelpunkt steht die Zukunft des Pandemic Emergency Purchase Programme (PEPP), das derzeit ein Volumen von 1,85 Bill. Euro hat und bis mindestens März 2022 laufen soll. Was passiert mit PEPP, wenn sich die Wirtschaft wie allgemein erwartet spätestens in der zweiten Jahreshälfte erholt und die Inflation weiter steigt?

In der vergangenen Woche ließ der niederländische Zentralbankchef Klaas Knot aufhorchen. Knot sagte, dass die Euro-Wirtschaft weiter auf Kurs für eine kräftige Erholung im Jahresverlauf sei, was es der Europäischen Zentralbank erlauben würde, ab dem dritten Quartal die PEPP-Käufe langsam herunterzufahren und im März 2022 auslaufen zu lassen. Sein österreichischer Amtskollege Robert Holzmann äußerte sich daraufhin ähnlich. Viele Ökonomen können sich allerdings nicht vorstellen, dass die Käufe wirklich schon im März 2022 enden.

Tatsächlich meldeten sich in der Folge auch eine Reihe Euro-Notenbanker zu Wort, die vor einem zu frühen Ende der ultralockeren Geldpolitik warnten. Dabei war es wieder einmal das italienische Direktoriumsmitglied Fabio Panetta, der sich hervortat. Ein kluger Politikansatz bestehe darin, eher zu viel als zu wenig Stimulus zu geben, mahnte er.

Während in der Pandemie quasi Einmütigkeit unter den Euro-Notenbankern über die Notwendigkeit außergewöhnlicher Maßnahmen bestand, drohen mit der zunehmenden Konjunkturerholung alte Kämpfe im EZB-Rat über die angemessene Geldpolitik wieder aufzuleben. Vieles kommt dann auf EZB-Präsidentin Christine Lagarde an. Sie sagte am Mittwoch, dass eine Unterstützung der Wirtschaft bis weit in die Erholungsphase hinein nötig sein werde.

Besondere Brisanz erhält die Diskussion auch dadurch, dass sie zeitgleich mit der zunehmenden Debatte über die künftige EZB-Strategie kommt. In der zweiten Jahreshälfte, mutmaßlich im September, will der Rat die Ergebnisse seiner ersten Strategieüberprüfung seit 2003 vorlegen – womit er zentrale Weichen für die EZB-Zukunft stellt.