IM INTERVIEW: JAKUB HODEK, EYB & WALLWITZ

"2019 wird ein gutes Aktienjahr"

Fondsmanager: Markt wird übertriebenen Pessimismus wieder ablegen - Noch auf gutem Wachstumspfad

"2019 wird ein gutes Aktienjahr"

Jakub Hodek, Fondsmanager des Vermögensverwalters Eyb & Wallwitz, sieht für die Aussichten der Aktienmärkte nicht so schwarz, wie das zurzeit die Anleger tun. Er glaubt, dass sich die Konjunktur zwar verlangsamt, aber sich noch auf einem guten Wachstumspfad befindet.- Herr Hodek, wie beurteilen Sie die aktuelle Schwäche der Aktienmärkte? Sind die Marktteilnehmer zu pessimistisch?Wir hatten durchaus mit einer Schwächephase an den Aktienmärkten im Verlauf des zweiten Halbjahres oder 2019 gerechnet. Sie war absehbar, weil der US-Stimulus, das heißt die Steuersenkungen und fiskalischen Impulse, nachlassen werden. Allerdings war Reaktion im Oktober schon recht heftig. Der S&P 500 hat den schwächsten Oktober seit dem Jahr 2008 erlebt. Die Schwäche ist für uns im Ausmaß überraschend und nach unserer Meinung auch übertrieben.- Wie geht es Ihrer Einschätzung nach weiter?Es ist jetzt wichtig, sich zurückzunehmen und das große Ganze zu betrachten. Unser langfristiges Szenario ist dasjenige der sogenannten Secular Stagnation, gekennzeichnet durch geringeres Wachstum, geringere Investitionstätigkeit und geringere Produktivität. Wir haben Verunsicherung durch die zurückliegende Finanzkrise, die Globalisierung und den aufkommenden Populismus. Hinzu kommt der Übergang vom Quantitative Easing zum Quantitative Tightening. Durch Disruption werden viele Geschäftsmodelle bedrängt. So bringt etwa der E-Commerce den traditionellen Einzelhandel in Gefahr. Wir haben Unsicherheit auf gesellschaftlicher Ebene und in den Unternehmen. Die Konsumenten sparen mehr, die Unternehmen investieren weniger.- Was sagen Sie zu den grassierenden Sorgen, dass der Konjunkturzyklus in absehbarer Zeit enden könnte?Im Zeitalter der Secular Stagnation sind die Zyklen weniger stark ausgeprägt, dauern aber auch länger. Unter dem Einfluss von Trumps Politik war die US-Wirtschaft wie ein kleines Kind, das zu viel Zucker gekriegt hat. Sie erhielt zur Unzeit nochmals einen Schub. Es lief bereits gut, und durch Trump gewann das Wirtschaftswachstum nochmal an Fahrt. Derzeit beträgt es ungefähr 3,5 % p. a. Nun, und das ist auch einer der Gründe für die Schwäche am Aktienmarkt, geht der Ausblick jetzt wieder Richtung Secular Stagnation. Das US-Wachstum bewegt sich auf 2 % bis 2,5 % zu, und dadurch ist der Markt beunruhigt. Wir erhalten wieder ein relativ geringes Wachstum, aber es ist immer noch Wachstum.- Welche weiteren Gründe für die Schwäche würden Sie hervorheben?Es gibt einen zweiten wichtigen Grund, und das ist die Liquiditätssituation. Die US-Zentralbank hat die Zinsen in diesem Jahr viermal erhöht. Das hat unter anderem einen Dollar-Anstieg zur Folge, was für das Ausland als Bremse bzw. Liquiditätsverknappung wirkt. Hinzu kommt als dritter Grund noch die Politik bzw. die Unsicherheiten rund um den Handelskonflikt, die italienische Haushaltspolitik und den Brexit.- Sind Sie für das kommende Jahr also zuversichtlich?Wir denken, dass der Markt seinen übertriebenen Pessimismus wieder ablegen wird. Es wird zwar durch den Handelskonflikt und den Brexit Herausforderungen geben. Man weiß nicht, wie beziehungsweise wann die Probleme gelöst werden. Auf der konjunkturellen Seite sind wir aber noch auf einem guten Wachstumspfad. Das werden die Märkte unserer Meinung nach über kurz oder lang wieder honorieren. Derzeit wird alles schwarzgesehen, und das ist übertrieben. Wir glauben, dass 2019 ein gutes Aktienjahr wird, sofern nicht noch ein Schwarzer Schwan auftaucht beziehungsweise sich die derzeitigen Krisen einigermaßen bekömmlich lösen.- Rechnen Sie mit einer Lösung des Handelsstreits in absehbarer Zeit?Der Handelskonflikt hat strukturelle Ursachen. Er ist in den USA ein parteiübergreifendes Thema und wäre dies auch ohne Trump. Die USA sehen China als strategischen Konkurrenten an, nicht nur wirtschaftlich, sondern auch politisch. Von daher darf das Thema nicht nur an Trump aufgehängt werden. Allerdings ist die Art und Weise, mit der Trump vorgeht, fragwürdig. Wir glauben aber, dass beide Seiten bestrebt sind, den Konflikt in stabilen Bahnen zu halten beziehungsweise eine Eskalation zu vermeiden, die für alle extrem schädlich wäre. Letzteres zeigt gerade der Dax, der besonders stark vom Welthandel abhängig ist.- Sie starten gerade einen neuen Fonds, den Phaidros Funds Schumpeter Aktien. Was steckt dahinter?Mit unserem neuesten Fonds setzen wir auf eine Aktienstrategie, die wir schon lange in der Vermögensverwaltung und unseren Fonds einsetzen. Wir gliedern sie nun aus und machen sie als eigene Strategie über den Fonds zugänglich. Morgen erfolgt die erste Preisstellung mit einem Startvolumen von ungefähr 20 Mill. Euro.- Welche Philosophie liegt dem Produkt zugrunde?Joseph Schumpeter war ein großer und visionärer Nationalökonom. Was er mit seiner Wirtschaftstheorie beschrieben hat, kam zu seinen Lebzeiten noch nicht so sehr zum Tragen. Aber es ist relevant für das, was wir heute in Wirtschaft und Gesellschaft sehen. Schumpeter war überzeugt, dass Wirtschaft und Politik zusammengehören. Von der Gleichgewichtstheorie ausgehend kam er zu einem dynamischen Wirtschaftsmodell, in dem die Innovation im Zentrum steht. Er prägte den Begriff der schöpferischen Zerstörung, was wir heute Disruption nennen.- Wie beschrieb er den Prozess?Durch Innovation, das heißt durch ein neues Produkt bzw. Produktionsverfahren, schafft sich ein Entrepreneur einen neuen Markt mit Eintrittsbarrieren. Damit verschafft er sich für eine gewisse Zeit ein Monopol, wodurch er Monopolrenditen beziehungsweise hohe Gewinnrenditen abschöpfen kann. Das ruft Nachahmer auf den Plan. Einige von ihnen sind erfolgreich, so dass ein Oligopol entsteht, in dem immer noch überdurchschnittliche Renditen erzielt werden. Die Kehrseite stellen diejenigen dar, die es nicht schaffen, sich auf die Neuerungen einzustellen. Derzeit sind dies beispielsweise traditionelle Handelshäuser, denen der E-Commerce stark zusetzt. Das ist das Zerstörerische.- Auf welche Aktien setzen Sie denn konkret?Es gibt zweierlei Aktien, die interessant sind. Aktien von Herausforderern, die wir “junge Schumpeter” nennen, sowie die Monopolisten beziehungsweise “alten Schumpeter”. Erstere sind sehr innovativ, schaffen neue Märkte, haben Geschäftsmodelle, die eine Branche völlig umkrempeln können, und sind auf starkes Wachstum und weniger auf Gewinne fokussiert. Diese Titel sind tendenziell Momentum-Aktien mit hohem Umsatzwachstum und bieten die Chance auf eine starke Gewinnentwicklung. Die Monopolisten zeichnen sich durch ein hohes Maß an Marktdominanz, Markteintrittsbarrieren, funktionierende Geschäftsmodelle mit stabilen Erträgen und damit auch stabilen Cash-flows und Dividenden und sind weniger auf Wachstum, sondern eher auf die Abschöpfung von Monopolrenditen fokussiert. In der Regel sind das Value-Aktien mit geringer Schwankungsanfälligkeit.- Können Sie Beispiele für erfolgreiche Monopolisten beziehungsweise Oligopolisten nennen?Das sind unter anderem so bekannte Namen wie Unilever, Microsoft und Alphabet. Der finnische Aufzughersteller Kone ist ein Beispiel für einen Oligopolisten. Der Aufzugmarkt wird von vier Playern dominiert, zu denen auch Thyssenkrupp und United Technologies mit der Markt Otis zählen. Ein wichtiges Standbein bei diesen Unternehmen ist die Service-Komponente mit wiederkehrenden Umsätzen, die für eine hohe Vorhersehbarkeit von Gewinnen, Cash-flows und Dividenden sorgt.- Nennen Sie bitte auch Herausforderer.Ein interessanter Herausforderer ist Shopify. Dieses Unternehmen bietet eine Software an, mit der E-Commerce-Händler ihren Online-Shop auf verschiedenen Online-Kanälen anbieten können. Amazon hatte eine eigene Software, gab diese aber auf, weil Shopify besser ist. Mittlerweile nutzen alle Drittanbieter bei Amazon die Software von Shopify. Ein weiteres Beispiel ist Zendesk. Dieses Unternehmen bietet Software, mit der verschiedenste Unternehmen Helpdesks für ihre Homepage einrichten können. Dieses Produkt ist sehr gut und einfach auf die individuellen Bedingungen in den Unternehmen einstellbar.- Wie viele Werte haben Sie im Portfolio, und wie hoch sind die Anteile von jungen und alten Schumpeter-Aktien?Wir haben ein diversifiziertes Portfolio von zwischen 30 und 40 Werten. Eine höhere Anzahl wollen wir nicht, weil sonst die hinter den Investments stehenden Ideen nicht mehr so recht zur Geltung kommen. Unser Ansatz ist eher konservativ, das heißt, die Monopolisten haben einen höheren Anteil als die Herausforderer.—-Das Interview führte Christopher Kalbhenn.