IM INTERVIEW: MARTIN LÜCK, BLACKROCK

"2019 wird ein Jahr für Könner"

Leiter Kapitalmarktstrategie rechnet zumindest mit weniger Verlusten als 2018 - Faktor-Investing und Barbell als bevorzugte Ansätze für Assetmanager

"2019 wird ein Jahr für Könner"

Das Jahr 2018 war für viele professionelle Anleger schwierig, weil fast alle Asset-Klassen Verluste verzeichneten. 2019 dürfte nach Einschätzung von Martin Lück, Leiter Kapitalmarktstrategie Deutschland, Schweiz, Österreich und Osteuropa bei BlackRock, zwar etwas besser werden. Die Lage bleibt aber seiner Meinung nach anspruchsvoll.- Herr Lück, wie beurteilen Sie aus Anlegersicht die jüngsten Entwicklungen beim Brexit, insbesondere das Scheitern des Vertrags im britischen Parlament?Die verhaltene Reaktion der Märkte auf die Brexit-Entscheidung hat unterstrichen, dass ein harter Brexit weniger wahrscheinlich geworden ist. Wir steuern wohl auf eine Situation zu, in der möglicherweise die Labour-Opposition mit an Bord geholt wird, wobei Labour klargemacht hat, dass der Zugang Großbritanniens zum europäischen Binnenmarkt gewährleistet sein muss. Dies würde wohl auf eine supersofte Brexit-Variante hinauslaufen. Alternativ könnte sich Großbritannien entscheiden, den Austrittstermin zu verschieben, was wahrscheinlicher wird. Letztlich könnte sich Großbritannien sogar ganz vom Brexit verabschieden, und zwar mittels Neuwahlen oder eines neuen Referendums oder einer Kombination aus beidem. Das scheint mir auch der Hintergrund der wenig aufgeregten Marktreaktion gewesen zu sein, denn an der grundsätzlichen fundamentalen Einschätzung ändert sich ja nichts: Der Brexit ist eine verheerende und ökonomisch falsche Entscheidung mit potenziell dramatischen Auswirkungen für die britische Volkswirtschaft, die einen signifikanten Wohlfahrtsverlust für die britische Bevölkerung mit sich bringt. Der Brexit sorgt auch für einen negativen ökonomischen Effekt auf Europa als Ganzes wie auch für eine Verschiebung der machtpolitischen Tektonik in Europa.- Wie reagiert ein Assetmanager auf diese Entwicklung?Wir haben unseren Kunden empfohlen, bei allen Anlagen sehr vorsichtig zu sein, die im Pfund notieren. Ein Brexit, auf welche Art er sich auch vollzieht, wird zu einer weiteren Abschwächung des britischen Pfunds führen – bis hin zu Parität mit dem Euro oder sogar darunter. Wenn britische Aktien dann aufgrund einer Währungsabwertung eine positive Performance aufweisen sollten, werden Investoren, die im Euro oder im Dollar rechnen, davon nicht viel haben. Daher haben wir aufgrund des Währungseffektes von umfangreichen Anlagen im britischen Pfund abgeraten. Die politische Situation in Großbritannien ist so undurchsichtig, dass es reine Spekulation wäre, auf eine der möglichen Lösungen zu setzen. Darauf lässt sich kein Investment Case aufbauen.- Der Brexit ist sicherlich nicht das einzige Problem im Marktumfeld. Die weltweite konjunkturelle Lage trübt sich ein. In Deutschland sind wir im vierten Quartal knapp an einer technischen Rezession vorbeigeschrammt. In den USA gibt es eine Invertierung der Zinskurve. Glauben Sie, dass weltweit oder in einzelnen Regionen eine Rezession droht? Ist die Mehrheit der Ökonomen und Kapitalmarktexperten derzeit zu optimistisch?Die meisten Experten sehen derzeit noch keine fundamentalen Gründe für eine Rezession. Dem würde ich mich anschließen. Wenn man sich beispielsweise die für Deutschland bereits verfügbaren Daten ansieht, so lässt sich für das vierte Quartal auf ein Wachstum gegenüber dem Vorquartal von 0,3 % schließen. Das wäre ein relativ solider Wert und würde auf einen Anstieg im Bereich des Potenzialwachstums hindeuten. Ähnliches gilt für ganz Europa: Ich erwarte für die Eurozone 2019 einen BIP-Anstieg auf dem Niveau des Potenzialwachstums. Für Deutschland würde das auf ein Wirtschaftswachstum von 1 % oder leicht darüber hinaus laufen und für die Eurozone von 1,3 bis 1,4 %.- Wie beurteilen Sie die konjunkturelle Lage in den USA?Für die USA halte ich die Wahrscheinlichkeit einer Rezession im laufenden Jahr ebenfalls für relativ gering. Das liegt daran, dass 2019 das zweite Jahr ist, indem die Effekte der Steuersenkungen der Trump-Administration voll zur Wirkung kommen. Dies ist zwar letztendlich künstlich geschaffenes Wachstum, es sorgt aber dafür, dass die Rezessionsgefahr extrem gering ist.- In der Vergangenheit war die Invertierung der Zinsstrukturkurve aber ein guter Indikator für eine Rezession.Es gibt eine Korrelation, aber nicht unbedingt eine Kausalität. Es hat zwar in der Vergangenheit nach einer Invertierung der Zinsstrukturkurve in den meisten Fällen eine Rezession gegeben. Dies fand aber nicht wegen der Invertierung der Zinsstrukturkurve statt, sondern weil die Fed die Zinsen stark erhöhte. Die US-Notenbank wollte damit ein Überschießen des Wachstums verhindern, also gezielt die Konjunktur abwürgen, weil die Wirtschaft zu heiß lief und die Inflation zu hoch war. Es gab in diesen Fällen also meist den typischen amerikanischen Boom-and-bust-Zyklus, der aktuell aber nicht festzustellen ist. Wir befinden uns gerade am Ende einer zehnjährigen Erholungsphase nach der großen Finanzkrise. Die Gefahr besteht aktuell darin, dass wir quasi ohne Netz und doppelten Boden agieren: Der Stimulus durch die Zentralbanken wird den Märkten langsam entzogen und wir wissen noch nicht, wie diese damit umgehen.- Wie sieht es für Asien aus?Auch in Asien wird es nicht zu einer Rezession kommen, weil sich China eine Rezession nicht leisten kann. Schon eine starke Wachstumsabschwächung wäre für die Regierung nicht hinnehmbar, es würde mit allen Mitteln gegengesteuert. China verfügt dazu weiterhin über sehr umfangreiche Mittel. Auch wenn die Verbindlichkeiten der Unternehmen hoch sind, so ist dies weit überwiegend eine inländische Verschuldung, da China nur langsam damit anfängt, die internationalen Kapitalmärkte anzuzapfen. Die Verschuldung ist also für die Regierung gut zu handhaben, zumal die Zentralbank nicht unabhängig ist.- Es fällt auf, dass sich der Höhepunkt der Zinszyklen der US-Notenbank immer weiter nach unten bewegt. Das deutet auf strukturelle Probleme hin. Liegt das an der gestiegenen Verschuldung?Das liegt an der Verschuldung, aber es gibt auch noch andere Faktoren, die stark deflationär gewirkt haben, etwa die demografische Entwicklung – wenn auch nicht vornehmlich in den USA. Wir haben ferner gesehen, dass allein durch die Finanzkrise das Potenzialwachstum in den USA um rund 1 % kleiner geworden ist. Dass der Höhepunkt eines jeden Zinszyklus immer niedriger geworden ist, liegt auch daran, dass das reale Wachstum in den entwickelten Ländern immer kleiner geworden ist und natürlich auch daran, dass die Inflation immer schwächer geworden ist. Das wiederum hat mit der Verschuldung zu tun, aber auch mit weiteren Faktoren wie der Rolle Chinas und anderen desinflationären Effekten.- Was bedeutet das für die Zentralbanken?Die Tatsache, dass der neutrale Zins nun deutlich niedriger liegt, hat eine wichtige Implikation für die Zentralbanken: Jeder einzelne Zinsschritt ist für die Notenbanken kostbarer geworden, weil ihnen deutlich weniger mögliche Zinsschritte zur Verfügung stehen.- Wie viele Zinsschritte der Fed wird es 2019 geben?Man kann zunächst feststellen, dass die US-Notenbank das Zeitfenster des vergangenen Jahres für so viele Zinsschritte wie möglich genutzt hat, weil man sich sicher war, dass die Kombination aus solider Volkswirtschaft, gut laufendem Arbeitsmarkt und vernünftiger Lohnentwicklung plus dem Extrastimulus der Steuerreform bewirkte, dass es 2018 relativ wenige Konjunkturrisiken gab. 2019 ist die Situation schon sehr viel wackeliger geworden. Die zwei Zinsschritte, die man jetzt noch avisiert, werden entweder sehr langsam vorgenommen – ich rechne mit nur einem Schritt bis zur Jahresmitte – oder es wird möglicherweise in der zweiten Jahreshälfte gar keine weitere Anhebung mehr geben. Vor einigen Wochen hatte der Markt kurzzeitig sogar eine Leitzinssenkung für 2019 eingepreist und aktuell rechnet der Markt mit keinem US-Zinsschritt im laufenden Jahr. Wenn sich die US-Volkswirtschaft im laufenden Jahr aber zumindest verhalten positiv entwickelt, wird es voraussichtlich mindestens einen Zinsschritt geben können. Dann wird die Fed jedoch sehr bald signalisieren, dass man am neutralen Zinsniveau angekommen ist und keinen Anlass sieht, weiter anzuheben – sofern keine Beschleunigung der Kerninflation zu beobachten ist.- Die Inflation in den USA ist wieder etwas zurückgegangen. Weshalb ist sie eigentlich so niedrig, trotz einer auf allen Zylindern laufenden Konjunktur und dem starken Stimulus durch die Steuerreform?Ich glaube, dass letztlich der Zusammenhang der Phillips-Kurve dahintersteckt. Dies führt dazu, dass wohl jede Zentralbank weltweit derzeit intensiv darüber nachdenkt, ob sie einen weiteren Zinsschritt vornimmt. Denn es gilt noch herausfinden, wo nach den Reparaturmaßnahmen im Gefolge der Finanzkrise und der exorbitanten geldpolitischen Akkommodierung der neue neutrale Zins liegt, mit dem sich die Volkswirtschaft wieder ins Gleichgewicht bringen lässt, ohne Schaden anzurichten. Die Inflationsrate, die man aus diesem System ohne Zentralbankstimulus und bei gedämpftem realen Wachstum generieren kann, liegt wohl nicht mehr bei 2 %, sondern darunter. Ich vermute, dass die neutrale Zielgröße der Fed Funds Rate mittlerweile nicht mehr viel höher als 2,5 % liegt.- Der amerikanisch-chinesische Handelskonflikt ist nach wie vor ein großes Thema, auch wenn sich die schlimmsten Befürchtungen bisher nicht realisiert haben. Immerhin redet man wieder miteinander. Wie würden Sie die Lage in dem Konflikt einschätzen? Wie wird sich die Auseinandersetzung auf die Weltwirtschaft auswirken?Man sieht bereits jetzt Auswirkungen auf die Weltwirtschaft, weil Unternehmen ihre Investitionsentscheidungen zurückstellen. Auf der einen Seite haben wir Herrn Trump, der sehr stark auf seine Wählerschaft fokussiert ist. Der US-Präsident ist davon überzeugt, dass die USA von China übervorteilt werden und er macht dies an dem plakativen Faktor der Zölle fest. Trump hat das als eines der wichtigsten Themen für seinen Wahlkampf zur Wiederwahl im Jahr 2020 identifiziert. Auf der anderen Seite haben die USA tatsächlich ein strategisches Interesse daran, China die Grenzen aufzuzeigen. Dabei geht es aber weniger um Zölle, sondern vor allem um technologische Führerschaft, die auch militärisch nutzbar ist. Die US-Führung hat erkannt, dass China auf dem Weg ist, die USA ökonomisch und militärisch einzuholen. Im Bereich von Hochtechnologien wie Elektronik, IT und Waffensystemen hat sich China bislang in größerem Umfang das geistige Eigentum anderer Staaten angeeignet.- Was sind die Konsequenzen?Insofern sind andere Länder, auch Deutschland, gut beraten, China nicht mehr alles durchgehen zu lassen. Ein hochgerüstetes und potentes China fordert die USA als globale Führungsmacht heraus. Das macht es so schwierig, das Problem zu lösen, weil die Chinesen mit Blick auf ihre eigene globale Rolle nicht bereit sein werden, auch nur teilweise nachzugeben. Ich bin zwar optimistisch, dass sich bei den Zöllen eine Lösung finden lässt. Was jedoch wesentlich diffiziler wird, sind die im Hintergrund laufenden Diskussionen über Technologietransfer und geistiges Eigentum. Man kann China vielleicht davon überzeugen, dass es auch im eigenen Interesse liegt, geistiges Eigentum zu schützen. Mit einem “America First”-Ansatz wird es aber schwierig, einen Kompromiss zu finden, denn es muss letztlich einen fairen Ausgleich geben.- Im vergangenen Jahr gab es die für Assetmanager ungewöhnliche Situation, dass praktisch alle Asset-Klassen Verluste hinnehmen mussten. Wird das laufende Jahr genauso schwierig oder rechnen Sie mit einer Verbesserung?Für einen Assetmanager ist es in der Tat schwierig, wenn Aktien und Anleihen gleichzeitig an Wert verlieren. 2018 war für die Fondsindustrie daher das schlechteste Jahr seit 2008. Das neue Jahr wird sich sicherlich ebenfalls anspruchsvoll, wir rechnen aber nicht damit, dass die Verluste so groß werden wie 2018. Dass es noch Verluste geben kann und dass wir 2019 im Prinzip ein ähnliches Szenario sehen werden wie im Vorjahr, lässt sich zwar keinesfalls ausschließen. Wenn unsere Prognose stimmt, dass es keine Rezession gibt, werden wir aber vermutlich bei Aktien eine bessere Performance sehen als 2018. Damit wir aktuell beim Dax wieder auf einen Verlust in der Größenordnung von 18 % kommen, müsste schon viel passieren.- Wie sollte man sich am Aktienmarkt positionieren?Man sollte auf Unternehmen setzen, die auch in einem solchen Umfeld Geld verdienen können. Dazu muss man sich auf Unternehmen konzentrieren, die weniger stark auf den globalen Handel ausgerichtet sind und daher nicht so sehr unter dem Handelskrieg leiden. Zu bevorzugen sind 2019 “Brot-und-Butter-Unternehmen”, die still und heimlich, aber stetig in der Binnenwirtschaft ihr Geld verdienen und solide Dividenden aus dem Cash-flow zahlen können und die über etablierte Geschäftsmodelle und Markennamen verfügen. Ob der Dax am Jahresende einen kleineren Gewinn oder Verlust zeigt, lässt sich nicht absehen. Daher wäre es fahrlässig, rein auf Beta zu setzen.- Sie plädieren in diesem Jahr also für Stock-Picking?Ich plädiere dafür, 2019 in Faktoren zu investieren und dabei besonders auf den Faktor Qualität zu setzen. Wir raten zu einem sogenannten “Barbell Approach”: Dabei geht man hauptsächlich in sichere Anlagen. Auf der Aktienseite wären das vor allem Qualitätsaktien, bei denen man Schutz durch Substanz hat. Hinzu nimmt man in kleinerem Umfang Risiken wie etwa den Technologiesektor. Damit sollte sich, auch wenn man mit einigen Investments Verluste erzielt, für das Portfolio eine positive Rendite erwirtschaften lassen. Allerdings würde ich zum Beispiel keine Wette darauf eingehen, dass die Unbilden für die Automobilindustrie bereits vorüber sind und dort nicht investieren, auch wenn die Aktien spottbillig sind. Für ETFs – in dem Bereich sind wir ja mit unserer iShares-Sparte ein großer Anbieter – bedeutet das, nicht auf reines Beta zu setzen, sondern ebenfalls auf Faktoren.- Wie sieht Ihr Investment-Ansatz für den Bereich Fixed Income aus?Bei Anleihen wird der Verlust 2019 sicherlich nicht so dramatisch wie 2018, weil wir keinen Grund sehen, weshalb es zu starken Zinsanstiegen kommen sollte. So ist es fraglich, ob die Europäische Zentralbank (EZB) schon 2019 einen Zinsschritt vornehmen wird. Zwar sind die Spreads von Anleihen aus der Peripherie der Eurozone wegen der Italien-Problematik herausgelaufen und auch Frankreich erweist sich als Belastung für den Bondmarkt. Denn dadurch, dass der französische Präsident Emmanuel Macron den Gelbwesten entgegengekommen ist, ergibt sich eine angespannte Budgetsituation des Landes. Es stellt sich aber die Frage, ob das wirklich so dramatisch ist, wie einige nervös gewordene Investoren glauben. Ist das Risiko, dass Frankreich seine Schulden nicht bedienen kann, über die vergangenen sechs Monate wirklich gestiegen? Ich glaube nicht. Die Gefahr, dass die Zinsen mit Blick auf Frankreich stark nach oben gehen, ist nicht sehr groß. Hinzu kommt, dass Mario Draghi als EZB-Präsident nicht den Fehler seines Vorgängers Trichet begehen möchte und die Zinsen daher nicht zu früh und zu stark anhebt.- Was ist Ihre Strategie?Was die Strategie betrifft, so kann man den Ansatz von den Aktieninvestments auf Fixed Income übertragen. Wir setzen also auch hier auf den “Barbell Approach”. Man investiert vornehmlich in Anleihen mit hohem Rating von “AA” oder besser sowie bei den Unternehmensbonds auf sichere Credits und nimmt dann ganz selektiv High Yield hinzu, beispielsweise die Eurozonen-Peripherie. Damit schafft man es voraussichtlich, am Ende des Jahres eine kleine positive Rendite zu erwirtschaften. Ich habe den Eindruck, dass 2019 ein Jahr für Könner wird, für Profis, die es verstehen, Multi-Asset-Portfolios zu managen.- Welche Entwicklungen erwarten Sie auf der Währungsseite?Wenn unsere Erwartung richtig ist, dass sich die Fed immer weiter dem Ende ihres Zinserhöhungszyklus annähert und dass die EZB nicht allzu weit von ihrem ersten Zinsschritt entfernt ist – zumindest beim Einlagensatz -, dann würde ein sich nicht mehr ausweitendes Zinsdifferential den Euro nicht daran hindern, sich in Richtung der Kaufkraftparität zu bewegen. Insofern wird der Euro vermutlich leicht aufwerten – unter anderem weil Europa ein Leistungsbilanzüberschuss von 3 % des BIP aufweist und die USA ein Defizit von 5 %. Zur Jahresmitte könnte der Euro bei 1,18 bis 1,20 Dollar stehen.- Wie dürften sich Assets aus den Emerging Markets im laufenden Jahr entwickeln?Investments aus den Emerging Markets, seien es Aktien oder Anleihen, sind immer dann stark gesucht, wenn Investoren geneigt sind, Risiken einzugehen und wenn in den entwickelten Märkten die Möglichkeiten ausgereizt und die Bewertungen hoch sind. Man akzeptiert damit, dass man dort engere Märkte, weniger politische Berechenbarkeit und einen weniger soliden Rechtsrahmen vorfindet. Das alles nimmt man in Kauf, weil man weiß, dass man dafür kompensiert wird. Hinzu kommt natürlich auch die Korrelation zum Dollar. Das bedeutet, dass Investoren dann besonders in Emerging Markets gehen, wenn der Dollar abwertet.- Was folgern Sie daraus?Wenn wir aktuell davon ausgehen, dass der Dollar nicht stärker wird, wäre das zumindest ein Szenario, das für die Emerging Markets unterstützend wirkt. Es stellt sich dann natürlich noch die Frage, wie hoch momentan die Risikoakzeptanz der Investoren ist. Aktuell gibt es ja nun einmal viele makroökonomische und geopolitische Risiken, die sich schlecht abschätzen lassen. Wir haben auch keinen Puffer mehr, den es durch die sehr gute konjunkturelle Lage gab, die quasi alles abgefedert hat. Insofern werden Volatilitätsspitzen stärker durchschlagen und wir haben für Investments in den Emerging Markets größere Risiken. In einem solchen Risk-off-Szenario sieht man eigentlich keine Outperformance in den Schwellenländern, weil die Investment Flows einfach nicht da sind. Letztlich sind die Emerging Markets mit Blick auf den nicht stärker werdenden Dollar dann interessant, wenn es 2019 nicht zu einer Rezession kommt, wovon wir momentan ausgehen.- Welche Regionen bevorzugen Sie dabei?Wir sind generell für Asien optimistischer eingestellt als beispielsweise für Lateinamerika, auch wenn mit Blick auf die stärkere Internationalisierung in Asien die Risiken aus dem Handelsstreit größer sind. In den drei großen Volkswirtschaften Lateinamerikas, also Brasilien, Argentinien und Mexiko, ist es derzeit schwer abzuschätzen, wohin die Reise politisch und ökonomisch geht. Mit dem neuen Präsidenten Bolsonaro in Brasilien, anstehenden Wahlen in Argentinien und dem noch nicht klar erkennbaren Kurs der Regierung López Obrador in Mexiko bleibt Lateinamerika aus Investorensicht schwierig. Aber auch in Indien stehen 2019 Wahlen an, wobei die Modernisierung der indischen Volkswirtschaft sehr schwierig ist.Russland wiederum verfügt über eine stabile Währung, weil das Land kein Leistungsbilanzdefizit aufweist und weil sich der Ölpreis stabilisiert hat. Das Land hat auch nicht versucht, die Folgen der Sanktionen für die Bevölkerung abzufedern, indem man sich international verschuldet – was sich Putin leisten konnte, weil seine Zustimmungswerte in der Bevölkerung wegen der Annexion der Krim sehr hoch waren. Insofern steht Russland heute deutlich besser da.- Und die Türkei?Die Türkei ist bislang zwar nicht kollabiert, aber die Krise ist natürlich noch nicht vorüber. Der Verfall der türkischen Währung um rund 35 % im vergangenen Jahr hat zu Wohlstandsverlusten geführt. Wenn die Türkei nun ihr Leistungsbilanzdefizit abbaut, dann geschieht das nicht durch stark gestiegene Exporte, sondern durch sinkende Importe. Zudem strömen nach wie vor nicht viel ausländische Mittel ins Land, so dass die Türkei ihre Auslandsschulden mit stark ausgedünnten Währungsreserven bedienen muss. Die Gefahr eines Defaults ist also nicht vom Tisch. Es ist keineswegs sicher, dass die Türkei aus der Krise herauswachsen kann. Daher bleibt die Türkei ein schwieriges Anlageland. Grundsätzlich muss man also weiterhin bei den Emerging Markets genau hinschauen und sich entsprechend den eigenen Einschätzungen hinsichtlich der Länder positionieren.—-Das Interview führte Dieter Kuckelkorn.