Technologieaktien

Activision-Bedenken drücken Microsoft-Kurs

Die Übernahme von Activision vermochte den Aktienkurs von Microsoft nicht zu stützen. Bedenken wegen der Umsatzentwicklung, der Gewinnmarge sowie der Währungskurse können in Zukunft die Aktie belasten.

Activision-Bedenken drücken Microsoft-Kurs

Von Dieter Kuckelkorn, Frankfurt

Die Aktie von Microsoft hat sich zuletzt unbefriedigend entwickelt. Im bisherigen Jahresverlauf ergibt sich ein Kursrückgang um rund 7%. Dabei hatte der Titel im vergangenen Jahr sehr erfreulich abgeschnitten. Der Kurs legte in den vergangenen zwölf Monaten um rund 51% zu, während sich der Benchmark-Index Nasdaq Composite nur um 21% verbesserte.

Nachdem gegen Ende des vergangenen Jahres mit 349,67 Dollar noch ein Rekordhoch gefeiert worden war, ging es danach im Gleichschritt mit dem Nasdaq Composite nach unten, und auch die Ankündigung der Großakquisition des Computerspieleherstellers Activision Blizzard am 18. Januar hat der Microsoft-Aktie zu keinem neuen Höhenflug verholfen – ganz im Gegenteil. Erst die am 25. Januar veröffentlichten Quartalszahlen habe den Kurs wieder ein wenig angetrieben, weil sie die Konsensschätzung übertrafen.

Dass es mit der Akquisition von Activision Blizzard nicht ganz rund läuft, wird auch daran deutlich, dass die Activision-Aktie mit derzeit knapp unter 80 Dollar deutlich unter dem notiert, was Microsoft mit 95 Dollar für den Titel in bar bietet. Der Deal kommt damit auf ein Volumen von 68,7 Mrd Dollar, womit es sich um die größte Akquisition in der 46-jährigen Geschichte von Microsoft handelt. Activision ist der Hersteller von so bekannten Spielen wie Starcraft, World of Warcraft, Overwatch, Diablo und Call of Duty. Durch die Transaktion, die erst 2023 abgeschlossen sein soll, würde Microsoft zum drittgrößten Spielehersteller weltweit nach Tencent und Sony. Künftige Produkte von Activision dürften daher nur noch auf Windows und Xbox laufen, immerhin ließ sich Microsoft im Xbox-Blog aber vernehmen, dass es zumindest die bisherigen Spiele auch weiterhin auf der Playstation von Sony geben soll.

Kartellrechtliches Problem

Probleme gibt es einerseits mit Sexismusvorwürfen gegen das Führungspersonal von Activision Blizzard, was aber mit möglichen Folgen wie Zahlungen und Entlassungen von Managern das finanzielle Kalkül der Übernahme nicht wesentlich beeinflussen dürfte. Ein größeres Problem könnte aus Sicht der Anleger darin liegen, dass die Biden-Administration sich erklärtermaßen vorgenommen hat, ernsthafte kartellrechtliche Prüfungen insbesondere im Technologiesektor wiedereinzuführen, die es in den vergangenen Jahren in den USA in der Praxis kaum noch gegeben hat. Ob es dazu wirklich kommt, ist allerdings noch fraglich, zumal die Technologiekonzerne zu den großen finanziellen Unterstützern der Demokraten im Wahlkampf gegen Trump gehörten. Soll es zu einer echten kartellrechtlichen Prüfung kommen, müsste sich Microsoft möglicherweise dazu verpflichten, Activision-Produkte auch in der Zukunft auf der konkurrierenden Playstation-Plattform anzubieten, was für Microsoft ein größeres Problem wäre, da der Konzern die Xbox als führende Spielekonsole etablieren möchte. Xbox-Chef Phil Spencer sagte kürzlich dazu, man wolle Call of Duty auch weiterhin für die Playstation anbieten.

Langfristig gesehen ist die Activision-Übernahme auch der Versuch von Microsoft, besser im kommenden „Metaverse“ der zu Meta Platforms umbenannten Facebook Fuß zu fassen – oder eine eigene konkurrierende Plattform zu erschaffen. Ob der Versuch, eine virtuelle Welt neben und in Verbindung zur realen Welt einzuführen, ein Erfolg sein wird, steht zwar noch in den Sternen, denn sämtliche bisherigen Ansätze wie etwa „Second Life“ waren Flops. Allerdings dürfte Metaverse für einige Jahre an der Börse der Grund für Preisaufschläge bei Aktien von Unternehmen sein, die in diesem Bereich engagiert sind. Insofern könnten sich die fast 70 Mrd. Dollar als gut angelegtes Geld erweisen bei dem Versuch, die Marktkapitalisierung von derzeit 2,3 Bill. Dollar an die fast 3 Bill. Dollar von Apple anzunähern.

Aktuell jedenfalls sind die Analysten optimistisch für die Aktie. Von 52 Banken raten laut Bloomberg nicht weniger als 48 zum Kauf, während vier Häuser den Titel mit „Hold“ einstufen. Das durchschnittliche Kursziel auf Sicht von zwölf Monaten wird bei 373,53 Dollar gesehen. Bezogen auf das aktuelle Niveau wäre das ein Kursanstieg von immerhin fast 22%. Die Marktkapitalisierung würde dies auf 2,8 Bill. Dollar anheben und die Marke von 3 Bill. Dollar käme in Sicht, die bislang nur Apple kurzzeitig zu überschreiten vermochte.

Microsoft hat Anlegern jedenfalls noch mehr zu bieten als nur Xbox-Spiele und die unsichere Perspektive eines Metaverse. Das jüngste Quartalsergebnis hat die Markterwartungen um rund 7% übertroffen. Das Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV) auf Basis der Erwartungen für die kommenden zwölf Monate ist mit 35,9 anspruchsvoll, aber nicht überzogen.

Im zweiten Quartal per Ende Dezember legte das Spielegeschäft inklusive Xbox um immerhin 8% zu, obwohl das Vergleichsquartal durch den Verkaufsstart neuer Xbox-Versionen besonders stark war. Das wichtige Cloud-Geschäft der Sparte Azure breitete die Erlöse im Vorjahresvergleich um stolze 46% aus. Die Einnahmen aus dem Windows-OEM-Geschäft verzeichneten einen Anstieg um 25%, was aufgrund des pandemiebedingten Booms bei PC auch die konzerneigenen Erwartungen übertrifft, aber erhebliche Zweifel hinsichtlich der Nachhaltigkeit weckt.

Womit sich die Frage stellt, ob sich die positive Entwicklung ungebrochen fortsetzen kann, wobei das nicht nur für die Erlöse gilt. Die Erwartung von operativen Kosten im laufenden dritten Quartal von 13,4 bis 13,5 Mrd. Dollar lässt auf eine operative Gewinnmarge von 40,6% schließen, was um 30 Basispunkte unter den aktuellen Wall-Street-Erwartungen liegen würde. Im gerade beendeten zweiten Quartal lag die Marge bei 43%. Gegenwind könnte es auch hinsichtlich der Währungseffekte geben. Im Ausblick für das dritte Quartal heißt es, dass Veränderungen der Währungskurse den Umsatz um 2 Prozentpunkte belasten könnten. Einige Analysten sind daher der Meinung, dass diese drei Faktoren, nämlich Windows-OEM-Erlöse, Entwicklung der Gewinnmarge und Währungskurse, dazu führen könnten, dass Microsoft im laufenden Quartal die Erwartungen der Analysten verfehlt. Zusammen mit den kartellrechtlichen Risiken der Activision-Übernahme könnte sich die Erwartung des Analysten-Konsenses, dass für Microsoft die Marke von 3 Bill. Dollar in Reichweite kommt, als eine überzogene Hoffnung herausstellen.