IM INTERVIEW: DAVE FISHWICK, M & G

"Aktien die Assetklasse der Wahl"

Der britische Fondmanager rät von US-Anleihen ab - Aktien aus China, Korea und Finanzwerte attraktiv

"Aktien die Assetklasse der Wahl"

David Fishwick, Head Macro & Multi Asset Investing bei dem britischen Vermögensverwalter M & G, erwartet ein langsames, aber anhaltendes Wirtschaftswachstum ohne größere Inflationsgefahr. Die Aussichten insbesondere für US-Anleihen bewertet er als sehr schlecht, da die Geldpolitik restriktiver wird. Er bevorzugt stattdessen Aktien etwa aus China und Korea sowie Finanzwerte. – Herr Fishwick, die Märkte sind in unruhigere Fahrwasser geraten. Wie beurteilen Sie die Entwicklung seit Jahresbeginn?Wir sehen Druck, der von der sich weiter vollziehenden Veränderung des Marktregimes ausgeht. Seit dem September 2017 sind die kurzen Zinsen in den USA von 1,2 % auf 2 % gestiegen. Das ist ein Ausdruck der sich verändernden Geldpolitik, die ein globales Phänomen ist. Die Folge ist ein signifikanter Anstieg der Zinsen auch am langen Ende, sowohl bei Staats- als auch bei Unternehmensanleihen. Auch die Aktienmärkte sind unter Druck geraten. Die Turbulenzen von Anfang Februar zeigen, dass von steigenden Zinsen Druck auf die Aktienmarktbewertungen ausgeht. Bislang war die Einstellung der Marktteilnehmer von niedrigen Zinsen geprägt. Nun findet eine Neubepreisung statt, was die zuvor abnormal niedrige Volatilität erhöht.- Welche Folgen hat der von Ihnen beschriebene Wandel für Multi-Asset-Strategien?Es ist nun deutlich schwieriger, über verschiedene Assetklassen zu diversifizieren. Von 2011 bis 2016 hatten wir eine Phase mit geradezu obsessiver Volatilitätsaversion. Aber für Multi-Asset-Portfolios war das eine goldene Phase. Denn die meisten Assetklassen haben starke positive Erträge geliefert. Anleihen haben sich überraschend gut entwickelt, und auch Aktien haben, wenn auch mit Volatilität, gut abgeschnitten. Auf Sicherheit fokussierte Strategien erzielten überdurchschnittliche Erträge. Strategische Allokation war nicht so wichtig, jedenfalls wenn man voll investiert war. Mitte 2016 kam es zum Regimewechsel. Die Weltwirtschaft drehte nach oben zu einer Zeit, in der die Bewertungen in sicheren Staatsanleihen stark gedehnt waren. Die Aktienrisikoprämie, das heißt, die mit “riskanten” Assets erzielbaren Erträge erreichten den höchsten Stand seit Jahrzehnten. Es gab politische Veränderungen und einen neuen wirtschaftspolitischen Ansatz. Die Investoren waren sehr pessimistisch. Es war Zeit, eine zuversichtlichere Haltung einzunehmen.- Welche Strategie fahren Sie?Wir glauben, dass wir in einem Umfeld sind, in dem es keine größere Inflationsgefahr gibt und die Wirtschaft langsam, aber anhaltend wächst. Ferner werden wir eine restriktivere Geldpolitik sehen und gelegentliche Volatilitätsschübe erleben. Vor diesem Hintergrund sind Aktien die Assetklasse der Wahl. Problematisch ist das Umfeld für die Anleihemärkte. In den Aktienmärkten gibt es nur wenige Bereiche mit überdurchschnittlichen erwarteten Erträgen. Dazu zählen regional China und Korea sowie sektoral Finanzwerte, vor allem in den USA, aber auch in Europa. Anleihen handeln noch auf äußerst niedrigen realen Renditen, das heißt, es sind niedrige Erträge einbringende Assets, die vor einer schwierigen Entwicklung stehen. Wir haben eine, wenn auch selektive, Long-Equity-Strategie und sind in Staatsanleihen untergewichtet.- Wie viele weitere Zinserhöhungen der US-Notenbank Federal Reserve erwarten Sie?Wir machen keine spezifischen Prognosen. Ökonomische Prognosen betrachten wir mit Skepsis. Wir glauben zudem, dass die Fed selbst nicht so genau weiß, was sie tun wird. Entscheidend ist nicht, wie viele Erhöhungen es letztlich sein werden – wir denken aber, dass die Fed Funds Rate über 3 % steigen wird. Derzeit findet ein Normalisierungsprozess bei den Zinsen statt, und wenn die Weltwirtschaft einen stärkeren Aufschwung erleben sollte, könnten die Zinsen noch deutlich stärker steigen. Vor diesem Hintergrund sind die Aussichten für Anleihen, vor allem in den USA, sehr schlecht. Es muss dann noch abgewartet werden, was die Inflation macht. Möglicherweise wird sie stärker steigen, als dies der Markt derzeit glaubt.- Sie arbeiten mit einem Behavioural-Finance-Ansatz. Welche Philosophie liegt dieser Strategie zugrunde?Viele glauben, dass die meisten Marktbewegungen auf ökonomische Daten zurückzuführen sind. Wir glauben, dass Assetpreise eine Funktion ökonomischer Nachrichten sind, dass aber ein großer Teil davon eine emotionale Komponente hat. Preise reagieren stark auf menschliche Emotionen. Wir versuchen zu erfassen, was der Markt denkt bzw. welche Einschätzungen er hat. Darauf aufbauend betreiben wir eine dynamische Asset Allocation. Wir versuchen, die emotionalen Elemente einer Marktbewegung zu erfassen, um Gelegenheiten zu nutzen. So haben wir etwa verkauft, als die Aktienmärkte stark stiegen, und gekauft, als sie stark fielen. Wir reagieren eher dynamisch auf exzessive Volatilität im System als auf fundamentale Entwicklungen. In dem neuen Regime ist Flexibilität angesagt. Buy and Hold wird nicht die erwünschten Erträge bringen.—-Das Interview führte Christopher Kalbhenn.