Ausblick

Aktienbaisse erwartet

Am europäischen Aktienmarkt könnte das Schlimmste noch nicht überstanden sein. Die Analysten der Bank of America rechnen mit einem weiteren Rückgang des Stoxx 600 um 15 Prozent.

Aktienbaisse erwartet

ku Frankfurt

Das neue Jahr hat für den europäischen Aktienmarkt nach den schweren Verlusten des vorangegangenen Turnus positiv gestartet. Der Dax hat um fast 4% zugelegt, der marktbreitere Stoxx 600 ebenso. Die Frage ist, wie es weitergeht. Sven Streibel, Analyst bei der DZ Bank, weist darauf hin, dass nach Krisenjahren Kurssteigerungen von 15% beim Dax oder von 25% beim S&P 500, die aktuell in Richtung neuer­ Allzeithochs führen würden, nichts Ungewöhnliches waren. Er selbst ist allerdings nicht davon überzeugt, dass dies ein realistisches Szenario sein könnte. Ob die Höchststände mittelfristig oder sogar noch im Jahr 2023 wieder erreicht werden könnten, sei mehr als fraglich, merkt er an. Die Belastungsfaktoren für die Aktienmärkte in Form von Geld- und Coronapolitik dürften auch weiterhin für Volatilität und Gegenwind bei der Kursentwicklung sorgen, wenn auch mittelfristig die Möglichkeit für eine Besserung bestehe. Steigende Zinsen und Anleiherenditen hätten die Aktienbewertungen nicht nur im vergangenen Jahr eingeengt, sondern würden diese höchstwahrscheinlich auch in diesem Jahr bei einer erneuten Ausweitung begrenzen. Die Alternativlosigkeit von Aktien habe mit der Zinswende ein Ende gefunden, die Aktienmarktunterstützung durch Niedrig- oder gar Negativzinsen fehle nun.

Schwächeres Wachstum

Die Anlagestrategen der Bank of America sind noch negativer für den europäischen Aktienmarkt im neuen Jahr eingestellt. Für den Stoxx 600 erwarten sie einen Rückgang von 15% bis zum Ende des zweiten Quartals. Die Gefahr liegt ihrer Meinung nach in einem stark ausgeprägten Rückgang der Wachstumsdynamik. Die Märkte hätten auf einen deutlichen Anstieg der Produktion reagiert, die unter anderem auf die sich verbessernde Situation bei den Lieferengpässen zurückzuführen ist. Allerdings zeige die Nachfrage anhaltende Schwäche. Sie gebe weiter nach, als Reaktion auf die härtesten geldpolitischen Bremsmanöver der Notenbanken seit vier Jahr­zehnten. Dies führe zu einer Verschlechterung der Finanzierungs­bedingungen, mit dem Ergebnis, dass der europäische Einkaufsmanagerindex, der sich mit aktuell 47 Zählern bereits auf einem Stand befindet, der eine Rezession anzeigt, bis auf 42 Punkte abrutschen könnte. Am europäischen Aktienmarkt sei jedoch aktuell eher ein Niveau des Einkaufsmanagerindex von 55 eingepreist.

Insofern, so betonen die Experten, sei erst dann ein Wiedereinstieg in den europäischen Aktienmarkt zu empfehlen, wenn die genannten Faktoren ihre Wirksamkeit entfaltet haben, somit nicht vor dem zweiten Quartal. Bis dahin sollten sich die Anleger defensiv positionieren, was eine negative Einstellung gegenüber europäischen Aktien beinhalte.