Aktienliquidität könnte überschätzt werden

Studie der ESMA zu fragmentierten Märkten

Aktienliquidität könnte überschätzt werden

Von Stefan Schaaf, FrankfurtAn den europäischen Aktienmärkten könnte die Liquidität geringer sein, als die Handelsdaten ausweisen. Darauf weist die europäische Wertpapieraufsichtsbehörde ESMA in einer Studie zu fragmentierten Märkten hin. Grund dafür seien vor allem Mehrfachaufträge von Hochfrequenzhändlern an verschiedene Handelsplätze, die nach Ausführung an einer Börse sofort wieder gelöscht wurden.”Unsere Ergebnisse legen nahe, dass Mehrfachaufträge bei der Messung der Liquidität in fragmentierten Märkten berücksichtigt werden sollten, um zu verhindern, dass die Liquidität überschätzt wird”, fasst die ESMA ihre dieser Tage veröffentlichte Studie zusammen. Die für die EU zuständige Finanzmarktaufsicht mit Sitz in Paris hat darin die Liquidität an fragmentierten Aktienmärkten untersucht. Hintergrund ist, dass die ehemaligen Platzhirsche wie Deutsche Börse oder Euronext im Aktienhandel inzwischen starke Konkurrenz von neuen Anbietern wie Bats erfahren. Die Untersuchung schloss 100 Aktien an zwölf Handelsplätzen in neun EU-Staaten ein und erfolgte auf Basis der Daten vom Mai 2013. Aufträge an mehreren BörsenAnsatzpunkt der Studie sind frühere Untersuchungen, denen zufolge die Fragmentierung der europäischen Aktienmärkte die Liquidität erhöht. Sie setzt dabei an eine frühere Untersuchung der ESMA an, der zufolge je nach Handelsplatz 24 bis 43 % des Volumens und 58 bis 76 % der Aufträge auf Hochfrequenzhändler entfallen. Solange diese Aufträge am Markt sind und ausgeführt werden können, erhöhten sie auch die Liquidität, betont die ESMA. Händler würden durch die Mehrfachaufträge ihr Interesse an einem Deal “bewerben”, gingen dabei jedoch das Risiko ein, mehr Aktien zu handeln, als sie beabsichtigten. Deshalb würden die übrigen Aufträge auch sofort gelöscht, wenn einer von ihnen ausgeführt wurde. Schnelle Löschung der OrdersDas sechsköpfige Autorenteam der Studie fand heraus, dass in seinem Datensatz 20 % der Aufträge Mehrfachaufträge waren und in 14 % aller Fälle die Händler nicht ausgeführte Aufträge sofort wieder löschten. “Wir glauben, dass die Mehrfachaufträge und deren sofortige Löschung Teil einer Strategie wurden, um die Ausführung eines Geschäfts in einem fragmentierten Markt sicherzustellen”, heißt es. Daraus folge allerdings auch, dass Mehrfachaufträge zur Überschätzung der Liquidität führen könnten.Weiter zeigten die Autoren, dass der Anteil der Mehrfachorders von der Art der Marktteilnehmer und der Marktkapitalisierung der Aktien abhängt (vgl. Grafik). Tendenziell stellen Hochgeschwindigkeitshändler mehr an Mehrfachaufträgen ein als andere Akteure, und diese finden sich eher bei großen als bei kleinen Aktien. Ein ähnliches Bild zeigt sich bei den wieder gelöschten Aufträgen. Bei Hochfrequenzhändlern werden 28 % der Aufträge sofort wieder gelöscht, in fragmentierten Märkten sogar 31 %. “Wir finden ein substanzielles Ausmaß an Mehrfachaufträgen in fragmentierten Märkten”, schreiben die Autoren.