Börsenausblick

Aktienmarkt hat „Risiken völlig ausgeblendet“

Obwohl an Unsicherheiten „kein Mangel“ herrscht, sind die Börsen auf Rekordkurs. Die Kapitalmarktstrategen der öffentlichen Banken gehen davon aus, dass die Märkte auch von überzogenen Zinserwartungen getrieben werden. Als wichtige Kursstütze brauche es daher umso mehr eine solide Gewinnentwicklung der Unternehmen.

Aktienmarkt hat „Risiken völlig ausgeblendet“

„Risiken völlig ausgeblendet“

VÖB: Keine Blase am Aktienmarkt, aber „Enttäuschungspotenzial“

Obwohl an Unsicherheiten „kein Mangel“ herrscht, sind die Börsen auf Rekordkurs. Die Kapitalmarktstrategen der öffentlichen Banken gehen davon aus, dass die Märkte auch von überzogenen Zinserwartungen getrieben werden. Als wichtige Kursstütze brauche es daher umso mehr eine solide Gewinnentwicklung der Unternehmen.

hei Frankfurt

Eine beeindruckende Kursentwicklung an den globalen Aktienmärkten seit Beginn der Rally im November scheint die Prognosen der Kapitalmarktstrategen für die führenden Indizes schon im ersten Quartal zur Makulatur zu machen. Allerdings sehen die Experten beim Verband Öffentlicher Banken (VÖB) keinen Grund, ihre bisherigen Annahmen spürbar nach oben zu korrigieren. Für den Dax bewegen sich die Prognosen auf Zwölfmonatssicht in einer Range zwischen 17.500 (Nord/LB) und 18.500 (Deka) Punkten. Denn alle Experten sind sich darin einig, dass der Hausse in diesem Jahr noch eine Pause bevorsteht. Risiken bei der Zinsentwicklung oder auch am US-Gewerbeimmobilienmarkt und nicht zuletzt durch die US-Wahlen würden derzeit praktisch nicht wahrgenommen.

Keine Rede von einer Blase

Allerdings rechnet Joachim Schallmayer, Leiter Kapitalmärkte und Strategie bei der Deka, allenfalls mit einer Korrektur, die „auch schon mal 15% ausmachen kann“, nicht jedoch mit tieferen Kurseinbrüchen. Er stützt seinen Optimismus vor allem auf ein stabiles Wachstum der weltweiten Konjunktur, das die Schwäche in Europa für global ausgerichtete Firmen wettmache und für eine solide Entwicklung der Unternehmensgewinne spreche. Angesichts nach wie vor „moderater Bewertungen“ könne aktuell von einer „Blase“ nicht die Rede sein, unterstrich der Manager. Außerdem rechnet die Deka damit, dass die Gewinnzuwächse im S&P 500, die beispielsweise im vierten Quartal ausschließlich von den „Glorreichen Sieben“ Tech-Aktien getragen wurden, während die übrigen Unternehmen einen Ergebnisrückgang von 11% hinnehmen mussten, nun künftig „viel stärker“ vom breiten Markt getragen werden.

Dominanz ungesund

Equity-Stratege Uwe Streich von der LBBW sieht in der Dominanz der Tech-Riesen im S&P 500 gleichwohl Gefahren. Die „KI-Rally“ sei von der weiteren Gewinnentwicklung der „Hype-Werte“ abhängig. Das Kurs-Gewinn-Verhältnis am breiten Markt hält Streich für „zu hoch“. Der Experte weist auch darauf hin, dass das stetig zunehmende Gewicht von Big Tech Risiken birgt, die das Rückschlagspotenzial erhöhen.

„Der leichte Teil der Rally ist vorbei“, betonte unterdessen Markus Reinwand von der Helaba mit Blick auf eine erhöhte Störanfälligkeit der Märkte auf dem gegenwärtigen Niveau. Er unterstrich, dass ein weiterer Kursaufschwung „jetzt durch die Unternehmensgewinne gestützt werden muss“. Dies vor allem deshalb, weil Zinsimpulse nicht überschätzt werden sollten. Sie hätten als Triebfeder ein Stück weit ausgedient und böten deshalb eher „Enttäuschungspotenzial“.

Das hob vor allem Wolfgang Donie von der Nord/LB hervor. Die Bank rechnet in Summe mit deutlich mehr Zurückhaltung der Notenbanken als andere Institute und rechnet im Gegensatz zu den meisten Marktteilnehmern auch damit, dass nicht die Fed, sondern die EZB mit einem ersten Zinsschritt im Juni kommen wird. Die Fed dürfte aus Donies Sicht erst im dritten Quartal folgen und ihren nächsten Schritt dann vielleicht sogar auf Anfang 2025 verschieben. Der Manager verweist auf die zuletzt überraschend robusten Daten vom US-Arbeitsmarkt, die von der Notenbank als Konjunkturindikator stark beachtet werden.

Die „große Unbekannte“

Die mögliche Schattenseite einer robusten Weltkonjunktur unter Führung der USA, nämliche eine Inflationsentwicklung, die entgegen allen Erwartungen nicht nach Plan, also abwärts verläuft oder gar die Richtung ändert, hat derzeit kaum jemand auf dem Radar, wie Schallmayer einräumt. Dabei seien die Dienstleistungspreise die „große Unbekannte“, während von Gütern und Rohstoffpreisen derzeit kein Preissteigerungsdruck ausgehe. Alle Experten gehen indes davon, dass die Notenbanken ihr Inflationsziel fest im Blick haben und mit Zinssenkungen gegebenenfalls abwarten. Dies birgt nach Einschätzung von Reinwand auch die Gefahr, dass die Geldpolitik erneut „hinter der Kurve“ sein könnte.

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