Aktienrally schwächt sich ab
ku Frankfurt
Die Aktienanalysten der Mitgliedsinstitute des Bundesverbands Öffentlicher Banken (VÖB) rechnen für die kommenden zwölf Monate mit weiteren Anstiegen an den Aktienmärkten, die allerdings moderat ausfallen werden. Zudem rechnen sie mit einer zwischenzeitlichen Konsolidierung und sehen insofern auch Risiken für die Märkte. Auf Sicht von zwölf Monaten vermuten die Banken den Dax zwischen 15700 und 17000 Punkten, wobei die negativste Prognose von der Landesbank Hessen-Thüringen Helaba kommt und die besonders optimistische von der DekaBank.
Joachim Schallmayer, Leiter Kapitalmärkte und Strategie der DekaBank, konstatiert für das Marktumfeld eine nachlassende Konjunkturdynamik, die im gegenwärtigen Stadium der Erholung allerdings vollkommen normal und primär der sprunghaften Aufholung aus der Krise geschuldet sei. Es gebe zwar aktuell Probleme mit den Lieferketten, die sich allerdings in den kommenden Monaten aufgrund des guten Nachfrageumfelds auflösen würden.
Kritischer sieht er das Thema der Inflation: „Je länger die temporären Inflationseffekte anhalten, desto größer ist die Gefahr, dass sich eine höhere Inflationserwartung festsetzt.“ Noch sei es aber zu früh, um abschätzen zu können, ob sich aus der aktuellen Situation tatsächlich auch länger anhaltende inflationäre Tendenzen ergäben. Die Aktienmärkte würden auf persistente inflationäre Anzeichen sensibel reagieren, wobei es dann den Notenbanken zunehmend schwerer fallen würde, ihre geldpolitische Ausrichtung zu rechtfertigen und an dem langgestreckten Ausstiegsszenario festzuhalten. Was die Unternehmensgewinne betrifft, so geht er davon aus, dass sich das Ergebniswachstum abschwächt. Allerdings verdienten die Unternehmen in vielen Sektoren bereits mehr als vor der Krise.
Uwe Streich, Aktienstratege bei der Landesbank Baden-Württemberg LBBW, erkennt zwar gewisse Ermüdungserscheinungen, aber noch keine konjunkturellen Schwächetendenzen. Daher sieht er einen klaren Aufwärtstrend der weltweiten Unternehmensgewinne über die kommenden zwölf Monate. Allerdings seien die Bewertungen insbesondere am global richtungsweisenden amerikanischen Aktienmarkt weitgehend ausgereizt. Der Blick in die Vergangenheit offenbare zudem, dass sich die Aktienmärkte im Umfeld hoher Inflationsraten oft schwergetan hätten. Daher sei es weniger gut, dass die immense Überversorgung der Wirtschaft mit Liquidität während der Pandemie nun erodiere, womit einer der wichtigsten Treiber der Rally nun ausgedient habe.
Angst vor dem Tapering
Zudem fürchteten die Anleger das wohl bald bevorstehende Tapering der US-Notenbank Federal Reserve (Fed). Der Vergleich mit dem Tapering des Jahres 2014 lasse Sorgen zwar als wenig begründet erscheinen, weil die Aktienmärkte damals noch jahrelang weiter gestiegen seien. Allerdings sei fraglich, ob die Entwicklung aus den Jahren nach 2014 als Blaupause für die künftige Lage dienen könne. Für Aktien spreche allerdings das TINA-Argument („There is no alternative“). Es limitiere das noch ausstehende Potenzial, dass die Gewinnentwicklung sowie die Liquiditätsausstattung bereits über das Ziel hinausgeschossen seien. Außerdem könnte sich als Belastung erweisen, dass die Anleiherenditen wohl leicht steigen.
Manfred Bucher, Aktienstratege bei der BayernLB, erwartet, dass der Rückenwind für die Aktienmärkte seitens verschiedener Faktoren nun abnehme. So hätten die Konjunkturfrühindikatoren ihren Gipfel bereits überschritten. Außerdem werde die Dynamik der Unternehmensgewinne nach den kräftigen Zuwächsen im laufenden Jahr abnehmen. Bucher rechnet für 2022 mit einem Anstieg der Unternehmensgewinne in Europa und den USA um 8 bis 9%, Lieferengpässe und steigende Input-Kosten stellten allerdings Risikofaktoren dar. Derzeit seien institutionelle Investoren noch in Aktien stark übergewichtet, üblicherweise würden die Aktienquoten im Zuge einer Eintrübung der Konjunkturaussichten aber reduziert. Mit rückläufiger Liquiditätsunterstützung durch die Notenbanken drohten die hohen Aktienbewertungen zunehmend hinterfragt zu werden. Allerdings bleibe die Geldpolitik noch akkommodierend, während die erhöhte Inflation größtenteils transitorisch sei. An den Aktienmärkten sei zwar mit einem raueren Fahrwasser, aber keinem Trendwechsel zu rechnen.
Markus Reinwand, Aktienstratege der Helaba, verweist auf die hohen Bewertungen in den USA, die auf andere Märkte ausstrahlten. Er sagt zunächst eine Seitwärtsbewegung bei einem aber grundsätzlich intakten Aufwärtstrend voraus. Rückschläge an den Märkten seien als Zukaufchance zu nutzen.