Geld oder Brief Alibaba

Alibaba reitet prächtig auf der DeepSeek-Welle

Für die Alibaba-Aktie scheint ein neues Zeitalter angebrochen. Die Anleger begeistern sich für das neue KI-Standbein des Online-Handelsriesen.

Alibaba reitet prächtig auf der DeepSeek-Welle

Geld oder Brief

Alibaba reitet auf der DeepSeek-Welle

Von Norbert Hellmann, Schanghai

Mit Chinas Durchbruch bei künstlicher Intelligenz (KI) durch das Chatbot-Modell DeepSeek haben sich die Perspektiven für chinesische Technologie-Aktien dramatisch aufgehellt. Größter Profiteur ist zweifelsohne der führende E-Commerce-Betreiber des Landes, Alibaba Group Holdings, der gewaltige Ressourcen in den Aufbau von KI-Kompetenz gesteckt hat. Nun kann man den Investoren nicht nur eine neue Wachstumsstory, sondern auch Perspektiven für eine weitreichende strategische Transformation bieten.

Stress im Kerngeschäft

Endlich kommt es zu einer hochwillkommenen Ablenkung von den bitteren Erfahrungen der vergangenen drei Jahre: Chinas schleppende Konsumkonjunktur hat dem Kerngeschäft mit den Onlinehandelsplattformen Taobao und Tmall schwer zugesetzt. Steil aufstrebende Wettbewerber wie Pinduoduo und der Tiktok-Betreiber Bytedance entfachen margenschädigende Preisschlachten und knöpfen Alibaba Marktanteile ab.

Rasante Hausse

Für die Anleger ist das nun Schnee von gestern. Die Nachrichten zum Sensationserfolg des Billigkosten-Chatbots DeepSeek Ende Januar generieren eine Begeisterungswelle für chinesische Digital-Aktien, auf der Alibaba ganz oben mit schwimmt. In einem ersten Schub bis Februarmitte raste der Kurs in Hongkong Aktie um 50% in die Höhe. Das vergleicht sich mit einer Performance des Hongkonger Hang-Seng-Tech-Index von etwa 25%.

Frieden mit Peking

Die nächste Beflügelungsstufe hat eher politischen Charakter. Staatspräsident Xi Jinping veranlasste ein Stelldichein mit führenden Tech-Entrepreneuren. Dabei kam zu einem publikumswirksamen Handschlag mit dem zuvor von Peking regelrecht geächteten Alibaba-Gründers Jack Ma. Die symbolträchtige Beendigung der von einer regulatorischen Kampagne untermalten Fehde mit Alibaba macht auf Chinas Festlandinvestoren mächtig Eindruck. Sie greifen nun verstärkt über die Handelsbrücke Stock Connect auf in Hongkong gelistete Tech-Aktien zu.

Investitionsschub

Alibaba gelingt es, die Hausse mit neuen Nachrichten immer weiter zu nähren. Die Ergebnisvorlage für das Dezemberquartal mit einem signifikanten Gewinnschub und klar erfüllten Erlöserwartungen hat die Aktie nochmals deutlich vorangebracht. Kurz darauf kartete die Alibaba-Geschäftsführung mit der Vorlage einer umfassenden KI-Geschäftsstrategie nach. Sie beinhaltet eine massive Aufrüstung von IT-Ressourcen mit Datenzentren und KI-Infrastruktur, die mit einem Investitionsumfang von umgerechnet 50 Mrd. Euro unterfüttert wird.

Am Donnerstag folgte dann gleich der nächste Kurssprung, nachdem Alibaba ihr neues hauseigenes Open-Source-KI-Modell vorgestellt hatte. In Hongkong kletterte die Aktie um 8,4% auf ein neues Dreijahreshoch bei 141 HK-Dollar. Damit steigert sich die Performance im laufenden Jahr auf 73%. Der Hang Seng Tech konnte im selben Zeitraum um rund 39% zulegen.

Spielraum für Kursgewinne

Wie kann es weitergehen? Mit dem jüngsten Kurssprung ist der Median für die Kursziele der Analysten von zuletzt 149 HK-Dollar bereits fast erreicht. Die Schätzmarken der rund 30 die Aktie im Hongkonger Markt regelmäßig verfolgenden Experten dürften nun weiter angehoben werden. Der gegenwärtig optimistischste Zielwert liegt bei 185 HK-Dollar. Das setzt den Spielraum für Kursgewinne auf nochmals gut 30% an.

Bei allem Hype der letzten Wochen hat die neu entfachte KI-Fantasie gewisse Grenzen bei der Übertragung auf die Ertragsebene von Alibaba. Zum einen entfacht der Wettlauf um die Integration von KI-Funktionen in Tech-Dienstleistungen eine Intensivierung des Preiskriegs mit immer weiter verbilligten Angeboten. Mit weiterführender KI-Unterstützung der E-Commerce-Plattformen wird per se noch kein Geld verdient.

Alibabas Cloud-Sparte, in der auch das KI-Geschäft angedockt ist, erhält zwar einen Wachstumsschub, steht aber ebenfalls unter verschärftem Margendruck und muss hohe Investitionskosten verdauen. Für die Marktteilnehmer ist zunächst aber entscheidend, dass bei Alibaba neue Geschäftsfelder anstehen, die bis zur Entwicklung von Hardware reichen und einen Gegenpol zur Konjunkturanfälligkeit im Onlinehandel bieten.

Globale Fonds greifen zu

Für die Aktie spricht, dass sie in Asien-Portefeuilles globaler Fonds besonders breit vertreten ist. Diese neigen wieder zur Steigerung ihrer China-Komponente, von der Alibaba überproportional profitieren dürfte. Mit DeepSeek als Paradebeispiel für Chinas technologischen Aufstieg ist mit schleichender Höherbewertung von chinesischen Tech-Aktien zu rechnen. Im Abgleich mit den US-Branchenstars weisen sie noch zahme Kurs-Gewinn-Verhältnisse auf. Bei Alibaba scheint im Rückblick besonders großer Spielraum gegeben. Auch nach jüngster Turboperformance weist der Kurs noch immer einen gewaltigen Abstand zum Allzeithoch im Herbst 2020 bei 300 HK-Dollar auf.