Anspruchsvoller Schutz
Von Wolf Brandes, Frankfurt
In den vergangenen Monaten hat es sich gelohnt, inflationsgeschützte Anleihen zu besitzen. Im laufenden Jahr verdienten Investoren beispielsweise mit US-Linkern 6,2% verglichen mit –1,7% mit nominal verzinsten US-Treasuries. In Deutschland lag das Plus bei inflationsgeschützten Anleihen bei 8,7% verglichen mit einem Verlust von –0,8% bei herkömmlichen Bundesanleihen. „Großbritannien war gemessen an der Performance von Linkern zu Nominalpapieren sogar ein Superstar“, sagt Tobias Frei, Portfoliomanager bei der Fondsboutique Bantleon. Pfund-Linker erzielten seit Januar sogar eine Performance von 11,7% im Vergleich zu Verlusten von britischen Nominalpapieren in Höhe von –1,8% seit Jahresbeginn.
Ob sich diese Phase der sehr großen Outperformance von Linkern fortsetzt, ist aus Sicht von Frei aber fraglich. „Das liegt auch an den eingetrübten Wachstumsaussichten und jetzt den wieder weniger stark steigenden Energiepreisen.“ Andererseits sei es auch denkbar, dass im nächsten Jahr steigende Inflationserwartungen zurückkehren – mit entsprechenden Vorteilen für Linker.
Break-even-Rate entscheidend
Bei inflationsindexierten Anleihen sind Zinszahlungen sowie die Rückzahlung an einen Preisindex gekoppelt. Die Kursbildung von Linkern basiert dabei im Wesentlichen auf den Inflationserwartungen. „Diese sind das Bindeglied zwischen nominalen Zinsen und Realzinsen“, sagt Frei. Entscheidend sei die sogenannte Break-even-Rate, die die zukünftige Inflationserwartung am Markt reflektiere.
Gemessen an zehnjährigen deutschen Linkern liegt dieser Satz aktuell bei rund 1,7%, das heißt, wenn man als Investor in den nächsten zehn Jahren eine Inflation von mehr als 1,7% erwartet, dann lohnt sich der Kauf von Linkern. „Wer weniger erwartet, ist besser aufgehoben mit nominal verzinsten Anleihen“, so Frei. „Wer in inflationsgeschützte Instrumente investieren will, muss die Technik verstehen und Zugang zu den Daten haben.“ Das mache die Entscheidungsfindung für einen Privatanleger schwierig, weil er in der Regel keine Informationen über die Break-even-Rate habe.
Falsche Annahmen
Grundverkehrt sei die Vorstellung, Linker würden einen ähnlichen Schutz bieten wie indexierte Mietverträge. „Die meisten Anleger machen den Fehler und glauben, wenn sie einen Linker kaufen, seien sie vor Verlusten geschützt“, stellt Frei fest. Denn häufig werde Inflation mit steigenden Nominalzinsen gleichgesetzt. Das sei aber nicht immer der Fall. „Es kommt vielmehr auf das Zusammenspiel von Veränderungen der Nominalzinsen und der Break-even-Rate in Verbindung mit der Laufzeit der Anleihe an.“
„Weil sich die Break-even-Rate aber selten im Verhältnis 1:1 mit den Nominalzinsen bewegt, erhält man bei einem Linker auch keinen einfachen Schutz“, sagt der Fondsmanager. „Wenn aus heutiger Sicht, wie einige Experten erwarten, die Nominalzinsen 2022 zum Beispiel um 1% ansteigen, dann müsste die Break-even-Rate auch um 1% steigen, damit man mit Linkern nichts verliert.“ Das sei aber unwahrscheinlich, denn dann würde die Inflationserwartung über die Höchststände klettern, die 2008 erreicht wurden.
Ölpreis als Indikator
Bei der Bewertung von inflationsindexierten Bonds sollte man aus Sicht der Experten von Bantleon immer auch den Ölpreis im Auge behalten. Dieser sei ein guter Indikator für die Inflationserwartungen. Es gebe einen Gleichlauf, insbesondere mit dem Preis für US-Leichtöl der Sorte WTI. „Sogar der Index für Energietitel in den USA korreliert stark mit den Inflationserwartungen, da die Aktienkurse dieser Unternehmen in der Regel steigen, wenn der Ölpreis steigt“, sagt Frei.
Ein weiterer Indikator kommt aus dem Bereich der Nachhaltigkeit. „Für Linker spricht, dass die Inflationserwartungen seit 2019 stark mit dem Preis für CO2-Zertifikate korreliert sind. Die Klima- und Nachhaltigkeitsdiskussion deutet wiederum darauf hin, dass in den nächsten fünf oder zehn Jahren der CO2-Preis weiter steigen wird“, erläutert Frei. Weil die Kosten für die Transformation der Wirtschaft ohne Zweifel auch ein Treiber der Inflation seien, spreche das zumindest auf mittlere und längere Sicht für diese Bonds.
Einsatz nur phasenweise
Für Bantleon sind Linker grundsätzlich kein Buy-and-hold-Investment, sondern ein Instrument für erfahrene und flexible Investoren, die sich mit dem mitunter komplexen Zusammenspiel von Nominalzinsen und Realzinsen genau auskennen. „Wir setzen Linker nur phasenweise ein“, sagt Frei. Ein Tradinginstrument sind Linker aber auch nicht, da die Geld-Brief-Spanne größer ist als bei normalen Anleihen. Frei: „Das liegt daran, dass der Markt kleiner ist und weniger Broker in dem Segment tätig sind.“ Da zudem die meisten Linker aus den USA stammen, müssen Investoren auch das Währungsrisiko managen.