Asiatische Schwellenländeranleihen bieten interessante Gelegenheiten
Gastbeitrag: Anlagethema im Brennpunkt (316)
Schwellenländeranleihen aus Asien bieten Gelegenheiten
Die Finanzmärkte stellen Investoren weiter auf die Probe. So sind die Renditen von US-Staatsanleihen im dritten Quartal weiter gestiegen, und sowohl die nominalen als auch die realen Zinssätze haben zwischenzeitlich den höchsten Stand seit 2003 erreicht. Die zunehmend restriktiven Auswirkungen dürften aber dazu beitragen, dass die Fed von weiteren Leitzinserhöhungen absehen wird. Für Schwellenländer ist das eine gute Nachricht. Wir glauben, dass sich selektiven Anlegern interessante Gelegenheiten mit ausgewählten Anleihen aus Schwellenländern bieten.
Wir behalten weiterhin besonders die Entwicklung der Inflation im Auge. Die Schwellenländer sind in diesem Zyklus früher als die meisten Industriestaaten gegen die Inflation vorgegangen. Die positiven Ergebnisse zeigen sich nun: In Asien liegen die Teuerungsraten bereits auf vorpandemischem Niveau. Wir glauben, dass die Inflation in den Schwellenländern über die nächsten zwölf Monate noch deutlicher nachgeben wird. In der Folge können die Zentralbanken vieler Schwellenländer dem Beispiel Brasiliens, Chiles, Ungarns und weiterer Staaten folgen und ihren geldpolitischen Kurs lockern.
Zudem scheint Chinas Wirtschaft endlich die Talsohle hinter sich gelassen zu haben, wie die überraschend positiven Zahlen zu Einzelhandelsumsätzen und Industrieproduktion sowie die Stabilisierung der Einkaufsmanagerstimmung (PMI) signalisieren. Auch wenn sich die Immobilienkrise noch über Jahre hinziehen dürfte und China als globaler Wachstumsmotor ausfällt, dürfte es die Weltwirtschaft wenigstens nicht zusätzlich belasten. Dafür spricht auch, dass sich die Aussichten für andere große Schwellenländer wie Indien, Brasilien und Mexiko zuletzt weiter verbessert haben.
Mit Ausnahme Chinas wächst die Wirtschaft der asiatischen Schwellenländer robust. Das gilt vor allem für die großen Volkswirtschaften mit starker Binnennachfrage wie Indien und Indonesien. Dabei sticht besonders Indien heraus – der Subkontinent wird voraussichtlich sowohl 2023 als auch 2024 das höchste BIP-Wachstum unter allen großen Volkswirtschaften erzielen. Die jüngste Aufnahme in den wichtigen Lokalwährungsindex J.P. Morgan Local Currency Global Bond Index (GBI-EM) dürfte die sich strukturell verbessernde Kapitalbilanz weiter unterstützen, und die stärkere Beteiligung ausländischer Investoren wird die ohnehin robusten Finanzierungsbedingungen im lokalen Markt zusätzlich verbessern. Auch die Unternehmen werden langfristig von einem einfacheren und günstigeren Zugang zu Finanzierungsmitteln profitieren.
Auch Indonesiens Wirtschaft traf der Rückgang der weltweiten Nachfrage in diesem Jahr weniger stark als seine regionalen Nachbarn. Angesichts der erheblichen Investitionen der Regierung in die Infrastruktur vor der Wahl im kommenden Jahr wird das BIP-Wachstum Indonesiens laut IWF 2023 bei 5% liegen und dieses Tempo auch im kommenden Jahr beibehalten. Neue Industrien etwa im Bereich Energiespeicherung haben die Nachfrage nach Rohstoffen wie Nickel getrieben, von dem Indonesien über riesige Vorkommen verfügt. Wir glauben, dass ausländische Investitionen in Indonesien deutlich steigen und dass sich gerade ESG-bewussten Anlegern neue Möglichkeiten bieten könnten.
So gute Aussichten machen es Anleiheninvestoren nicht unbedingt leichter: Gute Nachrichten locken Kapital an, und die steigenden Bewertungen machen es zunehmend schwierig, attraktiv bewertete Anleihen zu finden. Letztlich geht es nicht einfach darum, in Bereiche mit guten Aussichten oder minimalem Risiko zu investieren. Vielmehr muss Risiko adäquat kompensiert werden. Dieses Risiko-Ertrags-Verhältnis kann von Land zu Land und selbst innerhalb eines Landes nach Anlagesegment stark variieren.
Momentan halten wir bei den Staatsanleihen unter anderem indische Lokalwährungsanleihen für angemessen bewertet. Dagegen halten wir bei Hartwährungen indonesische Staatsanleihen relativ zu den Fundamentaldaten für besonders teuer, selbst im Vergleich zu anderen Schwellenländeranleihen mit Investment-Grade-Rating. Ganz anders ist die Lage bei indonesischen Unternehmensanleihen: Hier bieten sich noch immer recht attraktive Bewertungen.