Attraktive Dividendenrenditen geboten

Aktien der Rückversicherer trotzen jüngsten Naturkatastrophen - Analysten sehen meist Haltepositionen

Attraktive Dividendenrenditen geboten

Die jüngsten Naturkatastrophen stellen für die Rückversicherer zwar eine Belastung dar. Die Kursreaktionen der Aktien halten sich aber in Grenzen. Die Titel bieten zudem attraktive Dividendenrenditen.Von Dieter Kuckelkorn, FrankfurtIn den USA, Mexiko und der Karibik hat es in den vergangenen Wochen gleich vier große Naturkatastrophen gegeben. Die drei Hurrikane “Harvey”, “Irma” und “Maria” haben immense Schäden verursacht. Hinzu kam ein verheerendes Erdbeben in Mexiko. Neben einer größeren Zahl von Todesopfern, die zu beklagen waren, gab es verheerende volkswirtschaftliche Schäden. So hat “Irma” Schäden von möglicherweise mehr als 80 Mrd. Dollar verursacht, während “Harvey” mit bis zu 108 Mrd. Dollar sogar noch schlimmer ausfiel. Zum Wirbelsturm “Maria”, der vor allem in Puerto Rico zur Vernichtung fast der gesamten Infrastruktur auf der Insel geführt hat, gibt es bislang noch keine verlässliche Schätzung.Die Schäden sind auch für die Versicherungsbranche und dabei insbesondere für die Rückversicherer ein großes Thema. Mit Blick auf die genannten Summen ist allerdings zu berücksichtigen, dass stets nur ein kleinerer Teil der Schäden auch versichert ist und damit letztlich bei den Rückversicherern hängen bleibt. So gibt es eine Schätzung von Munich Re, gemäß der von den wirtschaftlichen Schäden durch Naturkatastrophen in den USA seit 1980 nur rund 44 % versichert gewesen sind. Dennoch sind die Summen, die auf die Versicherungsbranche und damit auf den Versicherer zukommen, beachtlich. Die Aktien der Rückversicherer hatten daher unmittelbar nach den Katastrophen auch spürbare Kursverluste hinnehmen müssen. Teilweise büßten die Titel binnen weniger Tage fast 10 % an Wert ein – was vor allem eine Reaktion auf erste, sehr hoch angesetzte Erwartungen zu den Schäden war. Inzwischen konnten die Erwartungen zu den Summen teilweise deutlich nach unten korrigiert werden, was dazu geführt hat, dass die Titel zumindest einen Teil der Kursverluste wiedergutmachen konnten.Mittlerweile werden die versicherten Schäden durch den Sturm “Irma” mit 25 bis 35 Mrd. Dollar angesetzt, während “Harvey” möglicherweise nur zu Auszahlungen von rund 10 Mrd. Dollar führen könnte. Zum Vergleich: Der bisher für die Assekuranz-Branche schlimmste Sturm “Katrina” hat im Jahr 2005 für versicherte Schäden von rund 50 Mrd. Dollar gesorgt. Allerdings gibt es noch keine zuverlässigen Erwartungen für “Maria”. Derzeit werden hier noch Summen von bis zu 85 Mrd. Dollar genannt. Zudem ist zu beachten, dass die Hurrikansaison in den USA noch längst nicht zu Ende ist.Die Häufung der Katastrophen hat bereits zwei Rückversicherer zu Gewinnwarnungen gezwungen. So teilte Hannover Rück mit, dass das Gewinnziel eines Nettoergebnisses von mehr als 1 Mrd. Euro im laufenden Geschäftsjahr in Frage gestellt sei. Munich Re als der größte Rückversicherer der Welt ließ verlauten, das Gewinnziel für 2017 sei kaum mehr zu erreichen. Erleichterung der AnlegerAuffällig war, dass die Börse insbesondere das Eingeständnis von Hannover Rück vom 21. September relativ kaltließ. Schon Tage vorher, nämlich am 7. September, hat der Kurs bis auf 95,95 Euro nachgegeben. Trotz der Gewinnwarnung hielt sich der Kurs dann aber knapp über 100 Euro, um erst am gestrigen Dienstag leicht unter diese Marke zu fallen. Die Anleger haben mit Erleichterung vernommen, dass Hannover Rück die Dividende trotz der Großschäden stabil halten will. Bei Munich Re gab es am Tag der Gewinnwarnung sogar einen minimalen Tagesgewinn der Aktie von 0,1 %. Auch hier dürfte von entscheidender Bedeutung gewesen sein, dass aufgrund der Überkapitalisierung von Munich Re nicht mit Ausfall oder Kürzung der Dividende zu rechnen ist. Es ist also keineswegs so, dass die jüngste Häufung der Großschäden für die Rückversicherungsbranche eine ernste oder sogar eine existenzbedrohende Gefahr darstellen würde. So hieß es etwa von Hannover Rück, dass im Katastrophenportfolio der Marktanteil in Florida unter 2 % liege. Eine eher entspannte Grundhaltung zeigt sich auch in den Analysteneinschätzungen zu den großen Rückversicherern. Es überwiegen dabei die Einstufungen der Aktien mit “Halten”, wobei es aber nur vergleichsweise wenige Verkaufsempfehlungen gibt.Laut Bloomberg raten beispielsweise 17 von 34 Häusern dazu, die Aktie der Munich Re im Portfolio zu behalten. 11 Analysten empfehlen den Kauf, nur 6 legen ihren Kunden nahe, sich von dem Titel zu trennen. Nicht viel anders sehen die Einschätzungen von Swiss Re, der französischen Scor und von Hannover Rück aus. Kurspotenziale werden gemäß der Konsensschätzung für die Aktien kaum gesehen. Bezogen auf eine Zeitspanne von zwölf Monaten wird das Kurspotenzial von Munich Re wie im Durchschnitt der Analystenerwartungen mit lediglich 3,6 % veranschlagt, bei Hannover Rück beträgt es 4,2 % und bei Scor 2,7 %. Von den großen europäischen Rückversicherern sieht lediglich Swiss Re mit einem Kurspotenzial von knapp 8 % in dieser Hinsicht besser aus.Es gibt aber eine Kategorie, in der die Aktien glänzen: Sie bieten attraktive Dividendenrenditen. Laut Bloomberg beträgt die Dividendenrendite bei Munich Re derzeit 4,9 %, bei Scor 4,8 % und bei Swiss Re sogar 5,7 %. Lediglich Hannover Rück bietet mit 3,5 % weniger.Längerfristig könnten die jüngsten Naturkatastrophen sogar dazu beitragen, dass sich das Umfeld für die Rückversicherer verbessert. Derzeit sind die Prämien noch auf einem niedrigen Niveau, so dass beispielsweise die Analysten von Independent Research von einem “unverändert herausfordernden Marktumfeld” sprechen. Auf dem jüngsten Branchentreffen in Monte Carlo war immerhin von “verlustgetriebenen Preiserhöhungen in einigen ausgewählten Segmenten” die Rede. Für die anstehende Erneuerungsrunde gehen Hannover Rück und Swiss Re aber mittlerweile von einer Stabilisierung des Preisniveaus aus, und Munich Re erwartet, dass die jüngsten Hurrikane zumindest Einfluss auf die Preise für US-Naturkatastrophenschutz haben werden. Zudem dürften die Rückversicherer von dem moderat steigenden Zinsniveau profitieren wegen der höheren Erträge auf ihre Kapitalanlagen.