Rohstoffwährungen

Aussie und brasilianischer Real im Aufwind

Rohstoffwährungen wie der australische Dollar und der brasilianische Real befinden sich charttechnisch in einer interessanten Ausgangslage. Der Krieg in der Ukraine verstärkt ihr Momentum.

Aussie und brasilianischer Real im Aufwind

Von Salah-Eddine Bouhmidi*)

Rohstoffwährungen setzen in diesem Jahr ihren Trend fort. Die aufgrund der gestörten Wertschöpfungsketten und der geopolitischen Spannungen steigenden Rohstoffpreise einerseits und die bereits eingeleitete restriktive Geldpolitik der Notenbanken rohstoffreicher Staaten andererseits machen Rohstoffwährungen attraktiv. Charttechnisch in einer interessanten Ausgangslage befinden sich in der Folge Rohstoffwährungen wie der australische Dollar oder brasilianische Real.

Neben dem Ausbruch der Corona-Pandemie verstärken nun auch noch geopolitische Risiken die Fluchtbewegungen in sichere Häfen. Die Investorenströme aus riskanten Anlagen in stabilere Assets sind derzeit nicht nur im Währungsmarkt, sondern auch am Aktien- und Anleihemarkt zu beobachten. Am Währungsmarkt werden traditionell bei Unsicherheit der Dollar, Franken und Yen angelaufen. Aktuell haben allerdings Rohstoffwährungen das Zepter in der Hand.

Krieg verstärkt Momentum

Das Momentum in Rohstoffwährungen wird durch die derzeitigen kriegerischen Auseinandersetzungen zwischen der Ukraine und Russland verstärkt. Seit Kriegsbeginn am 24. Februar 2022 haben insbesondere Währungen mit Rohstoffbezug profitiert. Der US-Dollar hat hingegen seit dem Kriegsausbruch in der Ukraine gegenüber allen wichtigen Rohstoffdevisen deutlich abgewertet. Der brasilianische Real hat gegenüber dem Dollar seit Jahresbeginn sogar um rund 15% aufgewertet.

Der Real profitiert sowohl von steigenden Rohstoffpreisen als auch von anziehenden Zinsen. Die Banco do Brasil (BCB) hat bereits restriktivere Maßnahmen zur Bekämpfung der steigenden Inflation eingeleitet. Charttechnisch befindet sich der Dollar gegenüber dem Real im Wochenchart in einer wichtigen Ausgangssituation. Im März des laufenden Jahres wurde eine zweijährige markante Unterstützungszone bei 5 Real durchbrochen. Gleichzeitig dreht der RSI auf Basis von 34 Wochen unter die Grenzschwelle von 48,5 Zählern und stützt die Abwärtstendenz. Kurzfristig sind Rückkehrbewegungen (Pullbacks) wahrscheinlich. Scheitert das Währungspaar allerdings an der ehemaligen Unterstützungszone, kann das als eine Bestätigung und damit als eine Fortsetzung des Abwärtstrends angesehen werden.

Nach dem Corona-Crash im März 2020 startete der australische Dollar zum Greenback eine nachhaltige Erholung und konnte bereits im Juli 2020 parallel zu steigenden Rohstoffpreisen das Vor-Corona-Niveau zurückerobern. Im März 2021 bildete der Aussie ein Verlaufshoch bei 0,8070 US-Dollar. Seither befand sich der Aussie zwar in einem immer noch intakten Aufwärtstrend, allerdings verlor dieser an Schwung.

Erst zu Beginn dieses Jahres war charttechnisch eine mögliche Umkehrformation zu beobachten. Mit der Bildung des letzten Tiefs im Januar 2022 bei 0,6967 US-Dollar konnte ein potenzieller Doppelboden gebildet werden. Ein Doppelboden, auch W-Formation genannt, gilt in der Chartanalyse als eine Umkehrformation und könnte den Aussie neben den oben genannten fundamentalen Einflussfaktoren auch charttechnisch bestätigen.

Markanter Widerstand

Im Dezember 2021 hatte die australische Währung bereits im Bereich von 0,6967 US-Dollar einen ersten Boden gefunden, der dann im Januar 2022 bestätigt wurde. Seither befindet sich das Währungspaar in einer Impulswelle, die Ende März am markanten Widerstand bei 0,7562 US-Dollar vorerst gescheitert ist. Die gegenwärtige Rückkehrbewegung vom Ausbruchspunkt könnte sich noch als eine Trendumkehrbestätigung herausstellen. Üblicherweise wird ein Doppelboden erst mit einer Rückkehrbewegung bestätigt, bevor der Trend in Trendrichtung fortgesetzt werden kann.

Zur Bestimmung des Kursziels beim Doppelboden wird die Höhe der Formation vom Durchbruchspunkt aus nach oben projiziert. Auf die aktuelle Ausgangssituation im Aussie übertragen würde ein erfolgreicher Ausbruch über die markante Widerstandszone bei 0,7562 US-Dol­lar ein neues Mindestkursziel an der Oberseite bei 0,7872 Dollar aktivieren. Die derzeitige Rückkehrbewegung sollte allerdings nicht den 40-Wochen exponentiell gleitenden Durchschnitt bei derzeit 0,7327 Dollar unterschreiten. Ansonsten könnte die potenzielle Doppelboden-Formation vorerst unterbrochen werden. Ein Fall unter die genannte Glättungslinie könnte sogar zu einem dreifachen Boden führen und die Umkehrformation vorerst pausieren bzw. verzögern.

Dezember-Tiefs im Fokus

Bei einem Blick auf den bekannten RSI-Oszillator mit einer Einstellung von 34 Wochen ist zu beobachten, dass der RSI aktuell oberhalb der 48,5er-Marke oszilliert, und somit vorerst die bullische Tendenz bestätigt. Notierungen unterhalb der beiden Tiefs aus Dezember und Januar, die den Doppelboden ausmachen, würden den genannten Aufwärtstrend zunichtemachen und gar einen potenziellen neuen Abwärtstrend einleiten können. Zudem zeigt der australische Dollar zum Greenback historisch eine auffällige positive Tendenz in den Monaten Mai und Juni. Seit Ende der 1990er-Jahre wertete der Aussie in 15 von 22 Jahren auf.

*) Salah-Eddine Bouhmidi ist Head of Markets bei IG Europe.

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