Banktitel runden das Portfolio ab

Studie identifiziert Kennziffern zur besseren Auswahl - Hoffnung auf höhere Zinsen treibt Kurse an

Banktitel runden das Portfolio ab

Bankaktien weisen eine geringe Korrelation zum breiteren Markt auf. Dies zeigt eine Untersuchung des Datenspezialisten S & P Global Market Intelligence. Zudem lassen sich Faktoren identifizieren, die gute Hinweise für die Auswahl vielversprechender Bankwerte führen – sowohl in den USA als auch in Europa.Von Dietegen Müller, FrankfurtBankaktien haben einen guten Lauf, sowohl in den USA als auch in Europa (vgl. Chart). In den USA werden die Ertragslage und die gute Kapitalisierung von Analysten lobend hervorgehoben. Goldman Sachs erwartet beispielsweise zunehmende Aktienrückkäufe und höhere Dividenden von US-Instituten. Zudem hält sich – trotz gravierender Personalquerelen in der US-Regierung – die Hoffnung im Markt, dass Präsident Donald Trump die Regulierung im Banksektor zurückschrauben wird.Auch in Europa sind die Erwartungen an den Banksektor gestiegen, da ein langsames Auslaufen der Negativzinspolitik der Europäischen Zentralbank zu einer verbesserten Ertragslage führen könnte. Obwohl die Renditen an den Anleihemärkten nach einem kräftigen Sprung nach oben seit der Wahl von Trump wieder zurückgekommen sind, gehen viele Analysten von leicht anziehenden Renditen und Zinsen über die nächsten Jahre aus – auch wenn von der aktuellen Notenbankerkonferenz in Jackson Hole wenig Greifbares zur Geldpolitik erwartet wird.Vor diesem Hintergrund hat Richard Tortoriello, Senior Quantitative Analyst bei dem Datenanbieter S & P Global Market Intelligence, versucht, Kennziffern zu finden, die eine Überrendite ermöglichen. Bankaktien sind deswegen eine Option für Anleger, da sie offenbar eine gute Möglichkeit zur Diversifikation im Portfolio darstellen. Laut Tortoriello betrug die Korrelation von US-Bankwerten über einen 20-Jahres-Zeitraum seit 1996 im Mittel nur 0,21 gegenüber dem breiten Markt. Vor der Finanzkrise betrug die Korrelation 0,20 und blieb auch danach mit 0,23 sehr niedrig. Doch nicht alle Bankaktien sind gleich attraktiv – je nach Umfeld ändert sich das auch. Laut Tortoriello eignen sich angesichts leicht anziehender Kurzfristzinsen vor allem jene Kennziffern, die auf die Bewertung abzielen. Dabei schneiden sogenannte nichttraditionelle Kennziffern besser ab als traditionelle wie das Kurs-Gewinn- oder Kurs-Buchwert-Verhältnis. Nettoertrag als IndikatorTortoriello zufolge hat die Kennziffer “Nettoertrag vor Rückstellungen für notleidende Kredite im prozentualen Verhältnis zum Aktienkurs” im Umfeld steigender Zinsen während des Beobachtungszeitraums von Januar 1990 bis Ende Februar 2017 am besten abgeschnitten. Die Überrendite eines Long-only-Portfolios mit den 20 % besten Bankaktien, die nach diesem Kriterium ausgewählt wurden, ergab im Mittel eine Überrendite von 9,5 % annualisiert gegenüber dem Russell-3000-Bankenindex. Nicht berücksichtigt sind dabei freilich die Transaktionskosten – das Portfolio wurde regelmäßig angepasst.Über Marktphasen mit steigenden und auch fallenden Zinsen hinweg betrug die Überrendite bei dieser Kennziffer immer noch 5,32 %. Zugleich ist damit aber gesagt, dass eine Auswahl nach diesem Faktor bei sinkenden Zinsen eine Unterrendite ergibt. Zinssensitivität ermittelnWeniger geeignet vor dem Hintergrund anziehender Zinsen sollen dagegen Profitabilitäts- und Bilanzqualitätskriterien sein, sagt Tortoriello. Dagegen sind Kriterien zur Kapitalausstattung vor allem in Stresszeiten ein guter Auswahlfaktor. Hinweise zur Höhe der Einlagen können helfen, die Zinssensitivität von Banken besser zu erfassen. Institute, die etwa einen geringeren Anteil zinstragender Assets haben, genießen bei steigenden Zinsen einen gewissen Vorteil, da sie weniger von steigenden Zinsaufwendungen betroffen sind.Bei den Bewertungskennziffern stützt sich S & P Global Market Intelligence auch auf die sogenannte Kernergebnisgröße je Aktie im Verhältnis zum Aktienkurs. Das Kernergebnis umfasst den Nettogewinn, also nach Steuern, ohne den Gewinn aus nicht konsolidierten Beteiligungen sowie ohne Handelsgewinne, Amortisationen und nicht wiederkehrende Positionen.Weitere Faktoren beziehen sich auf die Asset-Qualität. Dazu gehört die sogenannte Texas Ratio. Sie ist das Verhältnis notleidender Kredite zu dem um materielle Vermögenswerte geminderten Eigenkapital und den Rücklagen für Kreditverluste. Die Veränderung der Texas Ratio auf ein Jahr betrachtet liefert im Vorzeigeportfolio eine annualisierte Mehrrendite von 5,69 % und ist laut Tortoriello besonders in der Auswahl von US-Aktien geeignet. Über die Bilanzqualität gibt auch die Stabilität der Kreditausfallreserven im Verhältnis zu den notleidenden Assets und Krediten Aufschluss. Auf Basis dieser Auswahl errechnet S & P Global Market Intelligence noch eine mittlere Mehrrendite von 3,46 %.Ein weiterer Teil der Indikatoren stützt sich auf die Profitabilität der Institute. So wird die Drei-Jahres-Veränderung des operativen Einkommens der Bank – also Nettozinsertrag und Nichtzinsertrag abzüglich der Nichtzinsaufwendungen und Kreditrückstellungen – geteilt durch das Tier-1-Eigenkapital berechnet. Eine Alternative dazu ist der Vergleich des Anteils der Vorsteueraufwendungen über drei Jahre hinweg geteilt durch die mittlere Bilanzsumme in diesem Zeitraum.In einem vierten Bereich befassen sich die Faktoren mit den Kosten für Einlagen, etwa die Zahl der Spar- und Geldmarkteinlagen dividiert durch die gesamten Einlagen oder die Zahl nichtzinstragender Einlagen geteilt durch die Summe aller Einlagen. In Europa zählt das KapitalAuch für europäische Bankwerte lassen sich diese Faktoren – in teils abgeänderter Form – nutzen. Da die Zeitreihen erst ab Mitte 2007 vorliegen, spiegeln die Zahlen allerdings zumeist Bankbilanzen, welche im Beobachtungszeitraum lange unter finanziellem Stress standen oder noch stehen.Eine sehr hohe Überrendite ergab der Faktor Vorsteueraufwendungen im Verhältnis zur Bilanzsumme. Ab Juni 2007 errechnete S & P Global für ein entsprechendes Musterportfolio eine mittlere Mehrrendite von 10,84 % gegenüber der Benchmark (vgl. Grafik). Auch der Bruttoertrag – wiederkehrender Ertrag vor Zinsaufwendungen, Steuern und Aufwendungen, die nicht in unmittelbarer Zukunft anfallen – dividiert durch Zinsaufwendungen ergab eine hohe Überrendite von im Mittel 8,39 % für die besten Bankwerte.Anders als in den USA bringt auch eine traditionelle Kennziffer, nämlich die risikogewichtete Kapitalquote, eine sehr hohe Rendite von 11,72 %. Gut schnitt auch die Texas Ratio ab. Allerdings leide die Aussagekraft dieser Kennziffer etwas, so Tortoriello, weil es keine einheitliche Definition von notleidenden Krediten in Europa gebe.