Unternehmensanleihen

Bei Credits überwiegen positive Nachrichten

Am Markt der Unternehmensanleihen gibt es momentan mehr positive als negative Nachrichten. Einen Blick sollten Anleger auf den High-Yield-Sektor werfen.

Bei Credits überwiegen positive Nachrichten

Von Michael Klawitter*)

Inflationsängste, erhöhte Unsicherheiten beim Ausblick für die Zentralbanken und stark steigende Covid-19-Ansteckungen überschatten den Ausblick für Unternehmensanleihen. Vor allem für Euro-Investment-Grade-Unternehmensanleihen, bei denen die Risikoaufschläge nahe den niedrigsten Niveaus seit dem Ausbruch der Coronakrise im Februar/März 2020 stehen, nehmen die Sorgen vor steigender Spread-Volatilität zu. Zwar werden sich diese Bedenken in den nächsten Wochen kaum in Luft auflösen, doch dürften die positiven Aspekte eines Engagements bei Unternehmensbonds, wie schon im bisherigen Jahresverlauf, überwiegen. Dies gilt vor allem für High Yield, wo hohe Kupons einen Puffer für die erhöhte Zinsvolatilität bieten und der Gesamtertrag in diesem Jahr bei etwa 3,5% lag.

Neben der Geldpolitik ist einer der wichtigsten Einflussfaktoren für den Ausblick von Firmenbonds die Konjunkturentwicklung. Bei allen Unwägbarkeiten hinsichtlich der Auswirkungen der aktuellen Coronawelle in Teilen der EU erscheint die Gefahr einer Wiederholung breit angelegter Lockdowns wie im Winter 2020/2021 begrenzt. Booster-Impfungen und das neue Medikament von Pfizer zur Bekämpfung schwerer Covid-19-Erkrankungen dürften helfen, konjunkturelle Eskalationen zu vermeiden. Zudem zeigt in den USA die Konjunkturdynamik nach einer Phase der Abschwächung nach oben, und die Probleme der globalen Lieferketten sollten sich in den nächsten Quartalen etwas entspannen. Entsprechend robust sind die Konjunkturaussichten für 2022, und die Gewinnausblicke der Firmen für 2022 werden eher nach oben angepasst.

Geringere Ausfälle erwartet

In diesem Umfeld überwiegen sowohl in den USA als auch in Westeuropa Heraufstufungen der Kredit-Ratings im Unternehmenssektor. Im aktuellen Rating-Bericht nimmt Moody’s entsprechend die Prognose für die auf Basis der vorigen zwölf Monate geschätzte Ausfallquote für Euro-High-Yield-Anleihen bis Ende des Jahres weiter auf 1,5% zurück. Vor zwölf Monaten lag die Ausfallquote noch bei 4,95%. Ein systematischer Anstieg der Kreditrisiken zeichnet sich unter konjunkturellen Gesichtspunkten weder in der Eurozone noch in den USA ab.

Die in den Medien vielfach diskutierten Sorgen vor einem Ansteigen der Risikoaversion im Zuge der Probleme im chinesischen Immobiliensektor erscheinen als Grund für anhaltend höhere Spreads bei Euro-Unternehmensanleihen ebenfalls kaum geeignet. Die Finanzierung des Immobiliensektors in China beruht im Wesentlichen auf der Vergabe von Krediten durch staatliche chinesische Banken. Entsprechend sollten die auf nahe 25% gestiegenen High-Yield-Renditen chinesischer (Immobilien-)Unternehmen nicht als Argument für einen drohenden Kollaps des Sektors mit entsprechenden Auswirkungen auf globale Credit-Spreads gesehen werden. Die zum Teil diskutierten Parallelen mit der Leh­man-Krise sind weit überzogen.

Jenseits der Konjunktur wird vor allem eine global straffere Geldpolitik als mögliche Hürde für eine positive Performance der Kreditmärkte in den nächsten Monaten gesehen. Die deutliche Anhebung der Zinssteigerungserwartungen für die Fed wie für die EZB nach der Aufwärtsüberraschung bei den US-Inflationszahlen für Oktober unterstreicht, dass der über lange Zeit anhaltende geldpolitische Rückenwind für die Märkte dreht.

Jedoch ist zumindest bei Fed und EZB zunächst nur ein Zurückdrehen der pandemiebedingten Notfallprogramme, der Anleihekäufe, geplant. Während die Anleihekäufe der Fed bis Mitte 2022 eingestellt sein dürften, deuten die Äußerungen von EZB-Chefin Christine Lagarde auf der vorigen EZB-Sitzung auf ein Ende der PEPP-Käufe im März 2022 hin. Im Vergleich zu 2021 werden die Nettokäufe der Fed von über 1400 Mrd. Dollar auf etwas über 300 Mrd. Dollar 2022 und die der EZB von etwa 1100 Mrd. Euro auf etwas über 400 Mrd. Euro (–65%) zurückgehen.

Dass eine solche Entwicklung für die Volatilität an den Anleihemärkten Folgen haben wird, ist unzweifelhaft. Doch spricht einiges dafür, dass die nachlassenden Anleihekäufe vor allem die Zinsvolatilität erhöhen und weniger die Spread-Volatilität an den Credit-Märkten nach oben drücken werden. So flossen die PEPP-Käufe der EZB in Höhe von 1480 Mrd. Euro (bis Ende Oktober) zu mehr als 95% in öffentliche Anleihen und nur sporadisch in die Credit-Märkte. In den USA wurden sogar ausschließlich Staatsanleihen und MBS-Papiere gekauft. Entsprechend ist davon auszugehen, dass das Auslaufen dieser Käufe Unternehmensanleihen nur indirekt über etwas höhere Renditen und erhöhte Volatilität bei Staatsanleihen treffen wird.

Zusätzliche Stütze

Dass die EZB voraussichtlich die Käufe im APP-Programm bis über Dezember 2022 hinaus fortführen wird und hier wie schon in der Vergangenheit über 20% des Kaufvolumens in Investment-Grade-Unternehmensanleihen fließen sollten, stützt den Euro-Credit-Markt zusätzlich. Dies gilt zumindest so lange, wie die Märkte die Zentralbanken hinsichtlich der Inflation nicht „behind the curve“ sehen und beginnen, aggressive Zinserhöhungen einzupreisen.

Letzteres ist trotz der hohen Spotinflation auf beiden Seiten des Atlantiks wenig wahrscheinlich. Neben der Lieferkettenproblematik sind die aktuellen Inflationsraten von Basiseffekten im Energiesektor sowie mit Blick auf die Eurozone durch Sonderfaktoren wie die deutsche Mehrwertsteuersenkung zwischen Juli und Ende Dezember 2020 nach oben verzerrt. So trägt allein die Energiekomponente 2,8 Prozentpunkte zur Euroland-Inflation (4,1%) bei. Diese Effekte fallen Anfang 2022 weg bzw. verringern sich im Fall der Energiekomponenten, und Inflationsraten werden im ersten Quartal 2022 zurückgehen. Unklar ist, ob und wie stark die Zweitrundeneffekte bei der Inflation ausfallen werden. Dies lässt die Unsicherheiten an der Preisfront vor allem mit Blick auf die Folgequartale höher sein, als dies die Zentralbanken aktuell zugeben mögen. Allerdings dürften sich Zweitrundeneffekte bei der Inflation und damit zunehmender Druck auf die Zentralbanken, schneller zu straffen, wenn überhaupt erst ab dem zweiten Quartal 2022 in den Preisindizes voll niederschlagen. Bis dahin sollten die nächsten Monate ein relativ stabiles Umfeld für Credit-Märkte bieten.

Dabei sollte mit Blick auf das Chance-Risiko-Verhältnis High Yield attraktiver als Investment Grade sein. Zwar handeln auch hier Spreads auf historisch niedrigen Niveaus, jedoch bietet ein Aufschlag von etwa 250 Basispunkten über Swaps (EUR) einen recht komfortablen Puffer gegen erhöhte Zinsvolatilität. Diese Stärke spielte High Yield schon in diesem Jahr aus und verzeichnete seit Jahresbeginn einen Gesamtertrag von bisher 3,5%. Euro-Unternehmensanleihen mit Investment-Grade-Rating weisen in diesem Zeitraum dagegen einen Verlust von 0,3% aus, was jedoch ebenfalls deutlich niedriger ist als die –2,3%, die Euroland-Staatsanleihen im Durchschnitt verloren haben.

*) Michael Klawitter ist im Floor Research der DekaBank tätig.