Italien

Börse Mailand verliert Federn

Die Börsenperformance der Mehrländerbörse seit der Übernahme der Borsa Italiana ist im Branchenvergleich schlecht. Und die Mailänder Börse versucht, die Flut der Delistings zu stoppen.

Börse Mailand verliert Federn

bl Mailand

Die Mailänder Börse hat seit der Übernahme durch die französisch dominierte Mehrländerbörse Euronext eine Fülle von Delistings verzeichnet. Und der Euronext-Aktienkurs hat sich im Vergleich zu dem der Deutschen Börse und der London Stock Exchange Group (LSE) desas­trös entwickelt.

Euronext hat vor zwei Jahren 4,44 Mrd. Euro für die Mailänder Börse an die London Stock Exchange Group (LSE) bezahlt, die sich aus kartellrechtlichen Gründen von der Borsa trennen musste. Insgesamt 750 Mill. Euro davon zahlten die italienischen Aktionäre. Das sind die mehrheitlich staatliche Förderbank Cassa Depositi e Prestiti (CDP), die 7,3% kontrolliert, und die Bank Intesa Sanpaolo, die 1,5% übernahm. Für sie war das ein schlechtes Geschäft. Euronext verlor seither 30% des Börsenwerts. Seit Jahresanfang gab der Kurs um 22% nach. Die Deutsche Börse, die auch an einer Übernahme der Mailänder Börse interessiert gewesen war, deren Angebot aber gar nicht geprüft worden war, legte dagegen seit Januar um 16% zu, der LSE-Kurs zog um 10% an. „Leider haben wir recht behalten“, meint Adolfo Urso, Senator der Rechtspartei Fratelli d’Italia. Er hatte von Anfang an heftige Kritik an den Umständen des Verkaufs an Euronext geübt.

Die Borsa Italiana verzeichnete in den letzten 20 Jahren insgesamt 448 neue Notierungen, aber auch 336 Delistings. Besonders besorgniserregend ist, dass vor allem kapitalstarke Unternehmen die Börse verlassen haben oder dies vorhaben. Die Börse verlor durch Delistings innerhalb von fünf Jahren etwa ein Siebtel ihrer Kapitalisierung, knapp 100 Mrd. Euro. Der Modehersteller Tod’s und die Agnelli/Elkann-Beteiligungsholding Exor, der Fußballclub AS Rom, der Infrastrukturkonzern Atlantia, zuvor der Verpackungsproduzent IMA und der Kaffeehersteller Massimo Zanetti Beverages (Segafredo), haben oder wollen die Borsa verlassen. Andere wie Autogrill, Cattolica, Ubi Banca, Creval oder zuletzt Carige verschwanden oder verschwinden vom Börsenzettel, weil sie übernommen wurden. Wieder andere verzichten vorerst – die Eni-Tochter für erneuerbare Energien, Plenitude – oder ganz, wie die Gastronomie- und Lebensmittelkette Eataly, auf eine Börsennotierung.

Die Mailänder Börse will die Prozeduren für einen Börsengang vereinfachen, beschleunigen und kostengünstiger gestalten. Entsprechende Neuerungen sollen ab 3. Oktober gelten. Die Finanzmarktaufsicht Consob hatte bereits zum 1. August Anpassungen an die Regelungen anderer Börsenplätze vorgenommen. Fabrizio Testa, CEO der Borsa, sagte der Finanzzeitung „Milano Finanza“ kürzlich, man wolle mit allen Partnern daran arbeiten, den Finanzplatz auch für größere Unternehmen wieder attraktiver zu machen. Vielleicht beschleunigt das ja Entscheidungen von Unternehmen wie dem Jachtenhersteller Ferretti und dem Modekonzern Prada, die beide in Hongkong notiert sind und über ein Dual Listing in Mailand nachdenken.

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