GASTBEITRAG ZUR SERIE ANLAGETHEMA IM BRENNPUNKT (42)

Champions der Nische oder Large Caps von morgen?

Börsen-Zeitung, 18.10.2018 An den Finanzmärkten werden Small Caps meist weniger wahrgenommen als die Aktien großer Unternehmen. Zudem glauben viele, dass es sich bei Investments in kleinere Unternehmen um die riskantere Anlage handelt. Das klingt...

Champions der Nische oder Large Caps von morgen?

An den Finanzmärkten werden Small Caps meist weniger wahrgenommen als die Aktien großer Unternehmen. Zudem glauben viele, dass es sich bei Investments in kleinere Unternehmen um die riskantere Anlage handelt. Das klingt zunächst einmal nachvollziehbar. Allerdings kann es sich lohnen, diese Vermutung zu hinterfragen.Woher kommt die Annahme, dass Small Caps so viel riskanter sind als Werte mit hoher Marktkapitalisierung, also Large Caps? Schließlich zeigt sich im direkten Vergleich, dass das Risikoniveau dieser beiden Anlageklassen durchaus vergleichbar ist. Schaut man genau hin, wird deutlich, wie diese Behauptung zustande kommt: Aktien, die keine Indexrelevanz aufweisen und eine geringe Marktwahrnehmung erfahren, sind isoliert betrachtet zunächst riskanter. Das liegt an der knapperen Handelsliquidität und einer oft geringeren operativen Diversifikation. Betrachtet man jedoch die wechselseitige Korrelation, fällt auf, dass diese mit abnehmender Marktkapitalisierung ebenfalls sinkt. Blue Chips beeinflusstHoch kapitalisierte und indexrelevante Aktien werden durch simultan agierende passive Anlageprodukte wie Exchange Traded Funds – ETFs – deutlicher beeinflusst. Bei Small Caps hingegen ist die Kursbildung das Ergebnis einzelner aktiver Handelsentscheidungen. Die geringere Korrelation von Small Caps erzeugt somit einen stärkeren Diversifikationseffekt, der wiederum zur Kompensation von erhöhten Einzeltitelrisiken führt.Setzt man diesen Vergleich fort und schaut auf Basis des vergleichbaren Risikos auf die jeweiligen Renditeerwartungen der beiden Assetklassen, wird deutlich, warum Small Caps für Anleger durchaus interessant sein können. Denn auch bei einer stagnierenden oder gar fallenden Entwicklung des Gesamtmarkts können kleine und mittelgroße Unternehmen durch den Zugewinn von Marktanteilen überproportional wachsen.Zudem können diese höhere Effizienzsteigerungen erzielen, da sie mangels kritischer Größe oftmals weniger nah am Effizienzoptimum agieren als Großunternehmen. Ein weiterer Vorteil: Im Small-Cap-Segment sind oftmals noch die Inhaber oder gar Gründer(familien) in der Unternehmensführung aktiv. Das geht mit einer höheren Verbundenheit und somit auch mit einem merklich größeren Interesse am Unternehmenserfolg einher.Außerdem können inhabergeführte Unternehmen auf veränderte Marktbedingungen oftmals agiler reagieren als Großkonzerne. Darüber hinaus sind Small Caps häufig geringer bewertet als Large Caps, da sie illiquider zu handeln sind, es weniger Informationen darüber gibt und die Möglichkeiten zur Absicherung der jeweiligen Aktien begrenzt sind.Auch kommt es im Small-Cap-Bereich häufiger zu Übernahmen, da sowohl die kartellrechtlichen Hürden als auch der Managementaufwand überschaubarer sind. Daraus ergeben sich langfristig vier Szenarien: Small Caps können zu Large Caps heranwachsen, wenn das Marktumfeld es zulässt. Ein Unternehmen kann zum Hidden Champion werden. Denkbar ist auch die Übernahme durch ein Unternehmen. Und sollte keines dieser Szenarien eintreten, so wird das Unternehmen irgendwann dem Wettbewerb unterliegen.Aus Sicht eines Portfoliomanagers sollte es allerdings nicht das Ziel sein, Unternehmen zu identifizieren, die das nächste Apple werden könnten. Es geht vielmehr darum, das Augenmerk auf bilanziell gesunde und operativ solide Unternehmen zu legen und so Investitionen in potenziell scheiternde Unternehmen zu vermeiden. Agiles PortfoliomanagementWesentliche Herausforderungen im Management von Small-Cap-Aktien sind, ein umfangreiches Universum an Einzeltiteln zu überblicken, die attraktivsten Titel zu identifizieren und gleichzeitig die Handelsliquidität zu berücksichtigen. Einerseits sollen die Vorteile von kleinen, eher unbekannten Aktien genutzt werden, andererseits muss ein agiles Portfoliomanagement möglich sein. Wie gut das Fondsmanagement den daraus entstehenden Zielkonflikt zwischen Small-Cap-Eigenschaften und Liquidität lösen kann, hängt mittelbar von der Fondsgröße ab. Mit zunehmendem Fondsvolumen dürfte dieser Zielkonflikt jedoch ebenfalls zunehmen.Eine entsprechende Filter- und Bewertungssystematik erlaubt es, das Universum an Einzeltiteln im Branchenkontext miteinander zu vergleichen und einem Scoring zu unterwerfen, das operative Kennzahlen, Bewertungskennzahlen und Bilanzkennzahlen berücksichtigt. Das wiederum erlaubt schnelle und transparente Rückschlüsse, welche Titel im fundamentalen Vergleich zu ihrem Wettbewerb attraktiv erscheinen.Um den spezifischen Eigenschaften jeder Branche zu begegnen, werden verschiedene Kennzahlen unterschiedlich gewichtet. So erscheinen beispielsweise Substanzwerte für Immobilienaktien wichtiger als für Softwareentwickler, da der Buchwert den Wert von Immobilien oftmals adäquater abbildet als den Wert von Innovationen. Im Anschluss werden die Top-Scorer einer systemgestützten Zeitreihenanalyse unterzogen, in der verschiedene operative Kennzahlen im Zeitablauf ausgewertet werden. Hierbei liegt das Augenmerk auf Unternehmen, die robuste Margen, einen stetigen Wachstumspfad bei Gewinnen, Cash-flows und Umsätzen sowie im Zeitablauf robuste Bilanzrelationen aufweisen.Abschließend dienen Investorenkonferenzen, Unternehmensbesuche, Fachmessen sowie ein europaweites Netzwerk zur Validierung von Investmentideen. Qualitative Investitionen im Zuge von Initial Public Offerings (IPOs) oder von unternehmerischen Sondersituationen können abseits der Filtersystematik ebenfalls berücksichtigt werden. Small Caps risikominderndSmall Caps können folglich in einem Portfoliokontext durchaus risikomindernd wirken. Die Märkte für Large Caps sind heutzutage zunehmend durch den Einsatz von passiven Indexprodukten und Derivaten verzerrt. Ein Aktien-Investment, welches das klassische Ziel der Beteiligung mit unternehmerischem Charakter verfolgt, ist im Segment der Small Caps wesentlich zielführender umsetzbar.—-Zuletzt erschienen:- (41) Aufhellung in den Schwellenländern, Vontobel Asset Management, 16. Oktober- (40) Dax – Vorsicht, Falle! M.M. Warburg, 6. Oktober—-Michael Woischneck, Portfoliomanagement Aktien der Lampe Asset Management—-Dirk Gunnemann, Portfoliomanagement Aktien der Lampe Asset Management