Chancen bei Containerreedereien
Nach Ansicht der Berenberg Bank sind die Aussichten für die Containerschifffahrtsunternehmen gar nicht so schlecht, wie man angesichts der sich eintrübenden Konjunktur meinen könnte. Massive Überkapazitäten wie in den Vorjahren werde es nicht geben, heißt es in einer Studie der Bank. Mærsk sei zu stark abgestraft worden. amb Frankfurt – Dass die Wirtschaft weltweit derzeit an Schwung verliert, sollte eigentlich eine schlechte Nachricht für die Containerschifffahrt sein. Nach Einschätzung der Berenberg Bank ist das diesmal aber nicht der Fall: Der kurzfristige Ausblick sei besser, als die Bewertungen vermuten ließen. Der Grund: Ein Überangebot sei nicht zu erwarten.Berenberg rät daher bei der dänischen Containerschiffsreederei A.P. Møller-Mærsk Group (Mærsk) zum Kauf und nennt ein deutlich über der aktuellen Bewertung liegendes Kursziel. Für das Hamburger Transport- und Logistikunternehmen Hapag-Lloyd erhöhen die Analysten zwar das Kursziel, das Votum bleibt aber bei “Hold”.Mit den aufkommenden Sorgen um eine nachlassende Wirtschaftsdynamik haben die Aktien von Containerschifffahrtsunternehmen schon in der zweiten Jahreshälfte 2018 deutlich nachgegeben. Für Mærsk ging es auch dieses Jahr weiter nach unten, während sich die Aktie von Hapag-Lloyd kräftig erholt hat. Nach Ansicht der Hamburger Privatbank sind die Sorgen bezüglich der Branche übertrieben, das zweite Halbjahr verspreche Verbesserung – trotz der Handelskonflikte. Zwar schwäche sich das globale Wachstum ab, bleibe aber klar im positiven Bereich. Zudem würden Rückgänge im chinesisch-amerikanischen Handel durch Verschiebungen in andere Regionen aufgefangen. Die Containerschifffahrtsbranche werde 2019 immer noch um 2 bis 3 % wachsen.Die Analysten verweisen auf den Welthandelsmonitor des niederländischen Instituts CPB, den sie für den besten Indikator für die Schifffahrtsbranche halten. Nach dem deutlichen Rückgang im zweiten Halbjahr 2018 zeige dieser nun eine Stabilisierung bei 96 Punkten an. Dass der Wert unter der Wachstumsschwelle (100 Punkte) liege, sei Folge der Schwäche im Bereich Luftfracht.In der Containerschifffahrtsbranche mache sich bemerkbar, dass die Kapazitäten nicht übermäßig hochgefahren wurden. Der Markt werde daher im Gleichgewicht bleiben, unter Umständen 2020 sogar ein kleines Angebotsdefizit aufweisen. Das zeige sich zum einen daran, dass derzeit weniger neue Containerschiffe bestellt würden. Außerdem werde nur 1 % der Flotte im Jahr verschrottet, bei einer durchschnittlichen Lebensdauer eines Containerschiffs von 25 Jahren müssten es eigentlich 4 % sein. Daher sei in Zukunft mit höheren Verschrottungsraten zu rechnen, was das Angebot weiter drücken werde. Kaum Megafrachter-AufträgeDes Weiteren setzten die Schifffahrtsgesellschaften auch weniger auf ultragroße Containerschiffe (Ultra-large Container Vessels, sogenannte ULCVs) mit Kapazitäten von über 18 000 Standardcontainern (TEUs), die den Analysten zufolge die Hauptursache für das Überangebot in dem so wichtigen Asien/Europa-Geschäft waren. Nur noch 7 % der Aufträge für neue Schiffe entfielen auf ULCVs. Die Mega-Schiffe hätten nicht immer die Kostenersparnisse gebracht wie erhofft, die Skalenvorteile würden durch höhere Kosten in den Häfen und den Aufbau neuer Infrastruktur zunichtegemacht. Schifffahrtsunternehmen wie Mærsk und Hapag-Lloyd wollen laut Berenberg nun durch Investitionen in die Lieferkette die Margen steigern – nicht mehr durch immer größere Schiffe.Rückenwind gibt es der Studie zufolge auch von den im dritten Quartal um 23 % gefallenen Treibstoffpreisen. Das hänge auch mit der sinkenden Nachfrage nach “alten” Treibstoffen vor Inkrafttreten der neuen Standards 2020 zusammen. Die Analysten rechnen zudem damit, dass aufgrund der neuen Regeln Containerschiffe zur Umrüstung oder Tankreinigung aus dem Verkehr gezogen werden und dadurch das Angebot nochmals sinkt. “Wir schätzen, dass bis zu 2 % der globalen Kapazitäten im vierten Quartal aufgrund der Installation von Scrubbers (Abgasreinigungsanlagen) und zur Reinigung von Tanks ,offline` sein könnten.” Ab Januar 2020 dürfen Schiffe nur noch Treibstoffe mit einem Schwefelgehalt von maximal 0,5 % verwenden, aktuell liegt die Obergrenze bei 3,5 %. Mit dieser Maßnahme der internationalen Seeschifffahrtsorganisation IMO soll die Umweltverschmutzung durch Schiffe verringert werden.Favorit der Analysten ist Mærsk (“Buy”), sie trauen der Aktie 8 700 dkr zu, deutlich mehr als die aktuellen 7 610 dkr. Der Kurs spiegle eine globale Rezession wider, der Markt ignoriere zudem die Fortschritte des Unternehmens auf der Kostenseite und den Rückenwind durch die Treibstoffkosten. Der Marktanteil der weltweiten Nummer eins unter den Containerreedereien ist laut Studie seit 2017 von 19 % auf 18 % zurückgegangen, hat sich mittlerweile aber stabilisiert.Aufgrund der Frachtraten und der Treibstoffkostenentwicklung halten es die Experten für möglich, das Mærsk das Ebitda-Ziel von 5 Mrd. Dollar übertreffen wird. Außerdem werde die Aktie derzeit 24 % unter dem Kurs-Buchwert gehandelt. Berenberg hebt die Gewinnschätzungen deutlich an, und zwar für 2019 um 138 % auf 17,06 dkr sowie für 2020 und 2021 um 13,8 % und 9,2 % auf 26,66 und 31,46 dkr.Für Hapag-Lloyd votiert die Bank hingegen nur mit “Hold”. Das Kursziel hebt sie zwar von 31 auf 37 Euro an, es liegt aber weiter deutlich unter der aktuellen Notierung von 70 Euro. Der jüngste Kursanstieg ist den Analysten zufolge fundamental nicht gerechtfertigt.Hapag-Lloyd bleibe zwar ein “High-Quality-Anbieter” und eins der am besten gemanagten Schifffahrtsunternehmen der Welt. Allerdings sei der Kurs-Buchwert mit 1,58 schon hoch, die Aktie werde zu einem Aufschlag von 80 % zur Branche gehandelt. Problematisch sei außerdem der niedrige Streubesitz. Im Ergebnis kann Berenberg mittelfristig keine Impulse für einen Kursanstieg ausmachen. Die Analysten reduzieren die Gewinnschätzungen je Aktie für 2018 noch um 8,3 % auf 1,03 Euro, für 2020 und 2021 erhöhen sie diese aber um 7,1 % und 1,5 % auf jetzt 0,79 und 1,42 Euro.Hapag-Lloyd ist Deutschlands größte und weltweit fünftgrößte Containerreederei mit einem Marktanteil von aktuell 6,7 %. Größer sind neben Mærsk nur noch die Mediterranean Shipping Company MSC mit Sitz in Genf, die China Ocean Shipping Company (Cosco) und das französische Schifffahrts- und Logistikunternehmen CMA. Der Streubesitzanteil liegt bei Hapag-Lloyd mittlerweile nur noch bei 7,7 %, größte Anteilseigner sind die chilenische CSAV, der Logistikunternehmer Klaus-Michael Kühne, Katar und Saudi-Arabien aufgrund der Fusion der Reederei UASC mit Hapag-Lloyd 2017 sowie Hamburg. Skepsis bei Hapag-LloydNach dem rasanten Kursanstieg von Hapag-Lloyd in diesem Jahr gibt es mittlerweile viele kritische Stimmen unter Analysten. So hat Warburg Research nach Zahlen das Kursziel von 30 auf 34 Euro angehoben, die Aktie aber von “Hold” auf “Sell” zurückgestuft. Zwar seien die “beeindruckenden” Quartalsergebnisse ein weiterer Beweis für die Erfolgsbilanz des Managements bei der Netzwerkoptimierung sowie bei der Kostenkontrolle, die positive Dynamik sei allerdings kaum noch viel länger aufrechtzuerhalten – auch angesichts trüberer Konjunkturaussichten. Die US-Investmentbank Goldman Sachs votiert ebenfalls mit “Sell” und nennt ein Kursziel von nur 30 Euro. Die Zahlen für das erste Halbjahr seien zwar insgesamt gut ausgefallen, die Aktie sei im Branchenvergleich aber zu teuer.