Russland-Konflikt

China-Aktien im Ukraine-Strudel

Das Marktsentiment in China ist vergiftet. Besondere Nervosität gilt dem Umgang der USA mit chinesischen Unternehmen, die sich Russland-Sanktionen widersetzen sollten.

China-Aktien im Ukraine-Strudel

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Schanghai – Während sich an den europäischen Märkten eine erste Erholung vom kriegsbedingten Sell-off abzeichnet, stecken die chinesischen Börsen auf dem Festland und in Hongkong tiefer in der Bredouille. Am Mittwoch sackte der Blue-Chip-Index CSI 300 für die Börsen in Schanghai und Shenzhen bis zum frühen Nachmittag um mehr als 4% ab, um dann unter Beistand von staatlichen Fondsgesellschaften wieder anzuziehen. Dennoch verblieb zum Schlussgong ein Rückstand von knapp 1%. Damit verzeichnet der CSI 300 den sechsten Tagesverlust in Folge und damit die längste Negativserie seit März 2020. Seit Märzbeginn haben die Festland-Blue-Chips nun knapp 9% verloren.

Obwohl Chinas Wirtschaft nach bisheriger Lageeinschätzung von den Rohstoffpreisschüben und anderen Nebenwirkungen der Russland-Sanktionen weniger hart getroffen werden dürfte als die europäische, ist das Marktsentiment von breiterer Konjunkturunsicherheit vergiftet. Die hat auf dem Volkskongress ein Wachstumsziel bei 5,5% für das Jahr 2022 verkündet und damit eine Marke gesetzt, die selbst ohne den Störfaktor Russland/Ukraine an der Grenze des Machbaren liegt. Nun wachsen Zweifel an der Widerstandsfähigkeit der China-Konjunktur. Goldman Sachs hat die Wachstumsprognose für 2022 zur Wochenmitte bereits auf 4,5% zusammengestrichen.

Besondere Nervosität gilt dem künftigen Umgang der USA mit chinesischen Unternehmen, die sich Russland-Sanktionen widersetzen sollten. Zu möglichen Restriktionen könnte ein Anlageverbot für Investoren in bestimmten chinesischen Werten gehören. Auch befürchten Marktteilnehmer, dass Pekings grundsätzliche politische Unterstützung für Moskau einen Rückzug ausländischer Investoren aus „ethischen Gründen“ heraus fördert. Einen Vorgeschmack darauf bekam man am Mittwoch, als Norwegens mächtiger Staatsfonds einen Ausstieg aus der Aktie des chinesischen Sportartikelriesen Li Ning verkündete.

Bei Li Ning geht es gar nicht um Russland, aber dennoch um Ethik und das Reizthema Menschenrechte sowie Zwangsarbeit in der Provinz Xinjiang als Zentrum für Chinas Baumwollproduktion. Weil Adidas und Nike wegen des Verzichts auf Xinjiang-Baumwolle von Chinas Verbrauchern abgestraft wurden, sahen heimische Adressen wie Anta und Li Ning kräftigen Kundenzulauf und enormen Rückenwind für ihre im Hongkonger Leitindex Hang Seng vertretenen Aktien. Am Mittwoch allerdings brachen Li Ning um fast 10% ein, während Anta Sports Group um 6% einbüßten.

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