China-Aktien setzen Rally fort
nh Schanghai
Auch der jüngste Beleg für eine fortschreitende Eintrübung der chinesischen Konjunktur lässt die Anleger nicht von der zu Novemberbeginn losgetretenen Rally an Chinas Aktienmärkten abspringen. Am Dienstag legte der seit zwei Wochen stark haussierende Hongkonger Leitindex Hang Seng um weitere 4,1% auf 18343 Punkte zu und hat sich nun nach einem kapitalen Rückschlag im Oktober wieder auf das Niveau zu Herbstbeginn vorgearbeitet. Seit der Wende am 1. November, als China-Aktien infolge von Gerüchten über eine bevorstehende Abmilderung der berüchtigten Corona-Nulltoleranzpolitik schlagartig anzogen, hat der Hang Seng nun 25% zugelegt und verbürgt sich mit mehr als 20% Abstand zum Jahrestief für einen Bullenmarkt an der Hongkonger Börse.
Angesichts der extremen Volatilität und wilder Sentimentschübe in den vergangenen Wochen tendieren die Marktteilnehmer eher dazu, von einer klassischen Bärenrally zu sprechen, wenn nach einer starken Talfahrt vor allem technische Faktoren für eine Korrektur sprechen. Tatsächlich war das Barometer in Hongkong am 31. Oktober intraday auf 14600 Punkte zurückgefallen und hatte damit ein Niveau wie in Zeiten der globalen Finanzkrise von 2008 erreicht. Über das Jahr hinweg liegt der Hang Seng noch gut 21% im Minus, was die Vorstellung von einem echten Bullenmarkt stark nivelliert.
Am Dienstag verbreitete Wirtschaftsdaten für Oktober zeigen einen erneuten Niedergang des chinesischen Konsums an und geben wenig Anlass für Hoffnung auf eine rasche Konjunkturerholung. Dies scheint die Anleger allerdings kaum zu beeindrucken, weil neue politische Weichenstellungen in den letzten Tagen die drei großen für die diesjährige Vertrauenskrise entscheidenden Angstfaktoren gelindert haben. Am Freitag hatte die chinesische Regierung erste als Lockerungsschritt verstandene Anpassungen bei den strikten Corona-Schutzregeln auf Ebene von Quarantänebestimmungen, Kontaktverfolgungsmaßnahmen und Testverfahren angekündigt. Obwohl sich damit noch lange keine grundsätzliche Abkehr von der Zero-Covid-Strategie abzeichnet und jüngste Corona-Fallzahlen eher für eine Welle von neuen Lockdown-Maßnahmen sprechen, sehen die Anleger das Eis als gebrochen an.
Ähnliches gilt für den Immobiliensektor, der sich neben der Coronapolitik als schwerste Belastung für Chinas Konjunktur darstellt. Peking kündigt nun ein Stützprogramm an, das den Finanzierungsspielraum illiquider Immobilienentwickler ausdehnen soll und auf einen breiter angelegten Bail-out für die Immobilienbranche hindeutet. Am Montag schließlich sorgte das unerwartet konstruktiv verlaufene Treffen der Präsidenten Joe Biden und Xi Jinping als Risikoappetitmacher für Anleger, denen die heftigen geo- und industriepolitischen Spannungen zwischen China und den USA auf den Magen geschlagen haben.