China-Börsen kommen in Schwung

Robuste Konjunkturverfassung stabilisiert den Markt - Stahl- und Kohlewerte kriegen mächtig Aufwind

China-Börsen kommen in Schwung

In Chinas lethargischen Aktienmarkt ist etwas Bewegung gekommen. Die Seitwärtsbewegung über den Sommer hinweg ist in der zweiten Oktoberhälfte in eine verhaltene Rally übergegangen. Relativ robuste Ergebnisse in der Industrie und eine Wende zum Besseren in der Stahl- und Rohstoffbranche haben entsprechende Sektorwerte auf Trab gebracht. Im Finanzsektor überwiegt jedoch die Skepsis.Von Norbert Hellmann, SchanghaiDie einwöchige Ferienpause nach den chinesischen Oktoberfeiertagen scheint den Festlandbörsen in Schanghai und Shenzhen gutgetan zu haben. Nachdem der marktbreite Leitindex Shanghai Composite sich während des gesamten Sommers träge um die Marke von 3 000 Punkten bewegte, scheint sich eine Schlussquartalsrally abzuzeichnen. Im Wochenverlauf erreichte der Shanghai Composite ein Neunmonatshoch bei 3 132 Punkten, bevor er am Donnerstag leicht auf 3 112 Punkte fiel. Wachstumsziel im GriffFür eine Festigung der Aktienkurse sorgen kürzlich eingelaufene und relativ robust wirkende Konjunkturdaten. Chinas Industriegewinne wachsen mit rund 8,4 % in den ersten neun Monaten auf einem einigermaßen soliden Pfad. Auch das Konsumvertrauen zeigt sich gestärkt und das offizielle Wachstumsziel der Regierung scheint nicht mehr in Gefahr zu sein, nachdem die Wirtschaft ihren Abkühlungstrend einstweilen unterbrochen hat und das Bruttoinlandsprodukt im dritten Quartal mit 6,7 % Wachstum auf dem Niveau der Wachstumsrate im ersten Halbjahr verharrte.Für Chinas stark auf geldpolitische Impulse fixierte Anleger heißt dies zwar, dass die Chancen auf eine Leitzinssenkung oder auf andere offensichtliche geldpolitische Lockerungsschritte auf absehbare Zeit äußerst gering stehen, doch stellt dies nicht mehr wirklich eine Enttäuschung dar. Schließlich hat sich bereits zur Jahresmitte abgezeichnet, dass die chinesische Zentralbank vor dem Hintergrund eines wieder bedrohlich wirkenden Kreditvergabetempos und der Alimentierung einer Immobilienpreisblase in den Großstädten keine Veranlassung sieht, den von relativ zahmen Inflationsdaten herrührenden Spielraum für Zinsgesten auszunutzen. Vielmehr setzt man nun eher darauf, dass Chinas Wirtschaftslenker mit neuerlichen fiskalischen Impulsen und mit der Forcierung von Infrastrukturprojekten das Aktivitätsniveau in der Industrie und bei den großen Staatsunternehmen auf Trab halten.Besonders hoch in der Gunst der Anleger stehen derzeit vormalige Prügelkinder, nämlich die staatlichen Riesen im von Überkapazitäten geprägten Kohle- und Stahlsektor. Eine Ankündigung der Regierung, das Gros der für dieses Jahr verordneten Kapazitätseinschnitte sei bereits über die Bühne gegangen, hat zuletzt führenden Adressen im Kohlefördergeschäft wie China Coal Energy oder Shanxi Coal Industry gewaltige Kurssprünge beschert.Gut im Trend liegen auch Chinas börsennotierte Stahlkocher, die von einer deutlichen Erholung der Stahlpreise und der Nachfragebelebung durch den Immobilienboom profitieren. Gleichzeitig gibt es auch Konsolidierungsfantasie, nachdem die Regierung damit begonnen hat, Großfusionen unter chinesischen Stahlunternehmen zu orchestrieren. Baosteel macht FreudeBesonders im Fokus steht dabei die in Schanghai ansässige Baoshan Iron & Steel (Baosteel, die den fünftgrößten Anbieter, Wuhan Iron & Steel, schlucken wird und damit zum chinesischen Marktführer und der weltweiten Nummer 2 im Stahlgeschäft hinter ArcelorMittal avancieren wird. Baosteel hat nach Verlusten über weite Strecken des vergangenen Jahres den Turnaround geschafft und weist im dritten Quartal den höchsten Nettogewinn seit dem Jahr 2012 aus. Auch insgesamt haben sich in der chinesischen Stahlindustrie nach neun Monaten wieder kräftigere Gewinne gezeigt, dies nach deutlichen Verlusten in der Vorjahresperiode.Weniger freundlich ist die Tendenz bei Finanzdienstleistern. Insbesondere Chinas Großbanken machen den Anlegern vor dem Hintergrund anhaltend hoher Kreditausfälle, komprimierter Margen und entsprechend nur noch sehr mageren Gewinnfortschritten wenig Freude. Die in dieser Woche einlaufenden Ergebnisse der führenden staatlichen Bankriesen sind wenig geeignet, Optimismus zu verbreiten und ihre niedrige Bewertungen zu steigern. Verhaltener OptimismusInsgesamt sind Marktexperten aber verhalten optimistisch für den restlichen Verlauf des Jahres. Gegenwärtig seien keine größeren Korrekturen zu befürchten, die den Shanghai Composite wieder unter die Marke von 3 000 Punkten schicken würden. Nach oben allerdings dürften die Aussichten relativ begrenzt sein. Nach einer strammen Oktoberperformance ist wieder mit Gewinnmitnahmen zu rechnen.Für das Jahresende pendeln sich die Prognosen der Experten auf einem Niveau zwischen 3 100 und 3 200 Punkten ein. Damit würde der Shanghai Composite, der gegenwärtig noch 12 % unter dem Schlussstand des vergangenen Jahres liegt, das Börsenjahr 2016 zwar im negativen Territorium abschließen. Nachdem der Leitindex allerdings auch schon einmal einen Rückstand von fast 2 5% verzeichnet hatte, käme dies einem relativ versöhnlichen Abschluss für das mit einem heftigen Crash eingeleitete Jahr gleich.