"China wird der Haupttreiber sein"
Franz Wenzel, der die Anlagestrategie bei Axa Investment Managers leitet, geht davon aus, dass die USA die Fiskalklippe noch umschiffen werden. Er rechnet deshalb für 2013 mit einer Erholung der Weltwirtschaft und beurteilt die Perspektiven für Aktieninvestments zuversichtlich. Den Dax sieht er in zwölf Monaten bei etwa 8 400 Zählern, also knapp 10 % höher als aktuell.- Herr Wenzel, bleiben Aktieninvestments in Europa im neuen Jahr attraktiv?Wir meinen: Ja!- Womit begründen Sie Ihre Einschätzung?Erstens: Die Staatsschuldenkrise in der Eurozone ist auf dem Weg der Besserung. Zwar sind noch nicht alle Hürden genommen, aber wichtige Weichenstellungen wurden 2012 unternommen, um den Euro-Zug sicher aus dem Bahnhof zu geleiten. Er hat zwar noch keineswegs richtig Fahrt aufgenommen, aber wir sehen Licht am Ende des Tunnels. Zweitens: Die konjunkturellen Perspektiven hellen sich leicht auf – zumindest in den anderen Regionen wie den Schwellenländern und den USA. Und drittens: Die Unternehmensbewertungen sind okay, mit etwa 11 bis 12 sind europäische Kurs-Gewinn-Verhältnisse sicherlich nicht überbewertet.- Spricht die schwache Konjunktur nicht gegen zu viel Optimismus für Aktientitel?Die weltweite Konjunktur wird natürlich die Aktienmärkte bestimmen. Es stimmt schon: Die Eurozone bleibt erst mal in der Rezession und kommt frühestens zur Jahresmitte moderat in Schwung; Griechenland und Spanien gilt dabei unsere Sorge. Doch die globale Konjunktur gibt Anlass zur Hoffnung. Wir gehen von einem globalen Wirtschaftswachstum von mehr als 3 % aus.- Welches Potenzial trauen Sie dem Dax vor diesem Hintergrund für das Gesamtjahr 2013 zu?Ich gebe dem Dax Potenzial bis etwa 8 400 Punkte.- Wann sollten sich Anleger denn positionieren? Nach der Rally der vergangenen Wochen fürchtet mancher, dass dem Markt erst mal die Puste ausgeht.Wir gehen nicht davon aus, dass dem Markt die Puste ausgeht. Aktien bleiben im Jahr 2013 interessant, vor allem Papiere aus den Schwellenländern. Für die USA bleiben wir neutral, in Japan und Großbritannien untergewichtet.- Verspricht der deutsche Aktienmarkt innerhalb der Eurozone erneut die höchste Rendite?Wir sind weiterhin sehr konstruktiv für den deutschen Aktienmarkt innerhalb der Eurozone. Wir sehen ihn als “Safe Haven” unter den Aktienmärkten.- Welche Risiken sehen Sie für Ihr Szenario?Die Hauptrisiken liegen in den USA, Stichpunkt Fiskalklippe und Schuldenobergrenze. Weitere Risiken sind damit verbunden, dass China und die Schwellenländer nicht richtig in Fahrt kommen und die Eurozone in den politischen Schlendrian zurückfällt.- Wie groß ist die Gefahr, dass diese Risiken das Marktumfeld erheblich eintrüben werden?Die Gefahren für eine Eintrübung sind da. Ich gehe jedoch davon aus, dass die USA ihre Probleme noch lösen werden. Andernfalls laufen wir in eine Rezession. In Europa sind zwar die wichtigsten Hürden genommen. Das Risiko, dass die Euro-Länder die Erwartungen nicht erfüllen, ist allerdings schon etwas größer, als dass uns die USA Sorgen bereiten werden. Die Wahlen in Deutschland im Herbst 2013 könnten Kompromisse und wachstumsfördernde Reformen erschweren.- Angesichts der anhaltenden Schuldenkrise in der Eurozone blicken viele Investoren lieber in wachstumsstarke Regionen. Liegen sie damit richtig?In den vergangenen Jahren ist viel über das Wachstumsmodell der Emerging Markets geschrieben worden. In vielen Regionen hat sich das Wachstum jedoch verlangsamt. Die Handelsbilanz der Emerging Markets ist ins Minus gerutscht und dürfte angesichts der ungünstigeren Wechselkurse und der weltweiten Konjunktureintrübung in nächster Zeit defizitär bleiben. Bei den Schwellenländern sollte man also Augenmaß bewahren, nicht jedes Schwellenland bietet gleichermaßen gute Aussichten, vor allem unter Risikogesichtspunkten nicht.- Wird China 2013 nach der schwachen Aktienmarktperformance in diesem Jahr ein Comeback gelingen?China wird der Haupttreiber der globalen Konjunktur sein, auch wenn es 2012 zwischenzeitlich einen Tiefpunkt im Konjunkturwachstum gab. Wir rechnen mit gut 8 % im neuen Jahr, also deutlich mehr als die 7,25 %, die die chinesische Zentralregierung geplant hat.- In welchen Märkten sollten Anleger außerdem aktiv sein?Im Euroraum empfehlen wir Deutschland und Italien zulasten Frankreichs, in den Emerging Markets favorisieren wir Asien.- Wie ist es denn um die generellen Perspektiven für festverzinsliche Investments bestellt?Festverzinsliche sollten langsam untergewichtet werden. Angesichts einer sich verbessernden Konjunktur werden die Renditen der “Safe Havens” wohl weiter ansteigen. Wir bleiben bei unserer positiven Überzeugung für die Euro-Peripherieländer wie Spanien und Italien. Bei Unternehmensanleihen bleiben wir noch übergewichtet. Wir favorisieren den fünf- bis siebenjährigen Bereich. Aber die Renditeabstände werden im Laufe des Jahres 2013 zu Gewinnmitnahmen führen – aus Rendite-Pickup-Überlegungen sollte man sie jedoch weiter halten. Solvency II ist ein Garant dafür, dass die Spreads nicht in die falsche Richtungen laufen.- Bleiben Unternehmensanleihen somit erste Wahl?Ja, aber die Luft wird dünner. Wir mahnen zur Vorsicht. Die Gewinne im Jahresverlauf 2012 sind vor allem den massiven Hilfsmaßnahmen der Notenbanken sowie den Umstrukturierungen von Anlageportfolios aufgrund von Solvency II und Basel III zu verdanken und nicht einem guten wirtschaftlichen Umfeld. Das neue Jahr könnte somit für Anleiheinvestoren deutlich schwieriger werden als 2012.—-Die Fragen stellte Thorsten Kramer.