Chinas Politbüro hebt Laune im Markt
nh Schanghai
Chinas Staatsführung stemmt sich mit einer neuen Salve von Versprechungen zur Ankurbelung der von Corona-Restriktionen schwer eingetrübten Konjunktur gegen die Vertrauenskrise an den heimischen Finanzmärkten und verschafft sich wieder etwas Luft. Am Freitag kam es in Reaktion auf das politische Unterstützungssignal zu einer breiten Erholungsbewegung bei chinesischen Aktien, wobei vor allem an der Hongkonger Börse notierte Technologiewerte eine massive Rally verzeichneten.
Der Leitindex CSI300 auf dem Festland gewann 2,4%, während der Hongkonger Hang Seng um 4% anzog. Gleichzeitig legte auch die seit April-Mitte unter heftigen Druck gegenüber dem Dollar geratene chinesische Währung mit einem Anstieg um 0,6% auf 6,63 Yuan zum Dollar einen ersten Befreiungsschlag hin. Da in China nun die jährliche Maifeiertagspause einsetzt, werden die Märkte auf dem Festland erst am Donnerstag 4. Mai wieder öffnen.
Im Anschluss an eine Sitzung des Politbüros wurde am Freitagmittag ein Statement verbreitet, mit dem sich das höchste Entscheidungsorgan zu einer Stabilisierung der Wirtschaft und der Erfüllung des diesjährigen Wachstumsziels von 5,5% bekennt. Gleichzeitig verweist das Politbüro auf eine „gesunde Entwicklung der Plattform-Ökonomie“, was im Markt als ein Hoffnungssignal dafür angesehen wird, dass Peking die ausufernde Regulierungskampagne im Internet- und Technologiesektor austrudeln lassen könnte.
Obwohl sich aus der Verlautbarung des Politbüros keinerlei konkrete Handlungsschritte der Pekinger Regulatoren ableiten lassen, kam es am Freitagnachmittag zu euphorischen Kursschüben bei führenden chinesischen Tech-Adressen, wobei vor allem die großen E-Commerce-Betreiber vorn lagen. So schoss die Aktie von JD.com in Hongkong um 17% in die Höhe, während Alibaba und Pinduoduo auf einen Tagesgewinn von jeweils 13% kamen. Chinas Marktführer bei Essenslieferungen und Bestelldiensten Meituan machte einen Kurssprung um knapp 16% auf 172 HK-Dollar. Meituan-Großaktionär und Tech-Riese Tencent Holdings wiederum ging mit einem Plus von 11% aus dem Handel.
Der Hang Seng Tech Index verzeichnete mit einem Plus von 10% am Freitag den zweiten großen Befreiungsschlag binnen sechs Wochen. Am 16. März war der Index sogar um 14% angesprungen, nachdem der für Finanzstabilität zuständige Vizepremier Liu He einen Rundumschlag mit Versprechungen zu Konjunkturstimuli, gemäßigten Corona-Restriktionen und Schonung der Tech-Branche guten Wind an den Märkten gemacht hatte. Kurz danach begannen jedoch Lockdown-Maßnahmen in Schanghai, dessen komplette Abriegelung enorme landesweite Lieferkettenprobleme und Wirtschaftsschäden zeitigt.
Analysten skeptisch
Da den bisherigen Ankündigungen Pekings zu beherzten Konjunkturstimuli und einer „marktfreundlichen“ Politik keinerlei Taten gefolgt sind, zweifeln Analysten, dass der Sentimentsaufhellung vom Freitag eine nachhaltigere Rally folgen wird. Vor allem ist keinerlei Wende bei der Nulltoleranzpolitik zu Corona in Sicht, so dass das tatsächliche Erholungspotenzial weniger von Pekings Stimulus-Bereitschaft als vom weiteren Verlauf der Omikron-Welle in China abhängt.