„Das ist meine erste Krise bei M&G“
Bond-Anlagechef: „Das ist meine erste Krise bei M&G“
Vermögensverwalter warnt vor hohem Tempo des Marktes
hip London
Der britische Vermögensverwalter M&G hat seinen Quartalsausblick verschoben, als die ersten US-Zollankündigungen Schlagzeilen machten. Als er ihn nun in London Journalisten vorstellte, warnte Fabiana Fedeli vor der erhöhten Geschwindigkeit des Marktgeschehens. Sie zeichnet als Anlagechefin für Aktien, Multi-Asset und Nachhaltigkeit verantwortlich.
Aus ihrer Sicht dürften ausgefeilte Handelssysteme, der leichtere Marktzugang für Kleinanleger via Smartphone und ein größerer Marktanteil passiver und quantitativer Strategien dafür gesorgt haben, dass das Tempo am Markt steigt. „Ungeachtet der Gründe für die erhöhte Geschwindigkeit nimmt das Herdenverhalten zu und wird zunehmend erratisch“, schreibt sie in ihrem Ausblick. Denn viele unternähmen den aussichtslosen Versuch, kurzfristig Kursbewegungen richtig zu prognostizieren.
Trumps Toleranz für Kursverluste
„Die Trump-Regierung hatte tiefere und breitere Pläne, als irgendjemand erwartet hat“, sagte Fedeli in London. Doch gehe sie weiterhin davon aus, dass es so etwas wie einen „Trump Put" gebe, ein Einschreiten der Regierung gegen allzu heftige Kursverluste also. Viele Marktteilnehmer hätten aber mit ihrer Einschätzung, wann dieser Put ausgeübt werde, danebengelegen. Die US-Regierung habe eine viel größere Toleranz für Kursverluste gezeigt.
Am US-Anleihenmarkt sei überraschenderweise das lange Ende der Zinskurve abverkauft worden, obwohl langlaufende Staatsanleihen in Krisenzeiten üblicherweise als sicherer Hafen angesteuert werden. „Das ist meine erste Krise bei M&G“, sagte Andrew Chorlton, Anlagechef für Fixed Income. Er kam vor wenigen Monaten vom Rivalen Schroders zu M&G.
„Ein paar Luftlöcher“
„Es ist buchstäblich das Gegenteil von dem, was man in den Filmen sieht“, sagte Chorlton. Es habe kein wildes Geschrei im Handelsraum gegeben, eher geschäftige Stille. Die Liquidität sei die ganze Zeit beherrschbar gewesen. Es habe allerdings „ein paar Luftlöcher“ gegeben, insbesondere an den Treasury-Märkten. Das könne sich so fortsetzen.
Der Bondmarkt habe sich innerhalb eines Jahrzehnts komplett verändert. Konnte man damals noch guten Gewissens von risikolosen Renditen sprechen, trage man Risiken inzwischen wesentlich mehr Rechnung. „Der Markt preist derzeit nahezu permanente Ungewissheit ein“, sagte Chorlton. „Egal was mit den Zöllen geschieht, für den Markt ist nötig, dass es so bleibt.“ Investoren benötigten ein stabiles Umfeld, um Entscheidungen treffen zu können.
Dauer der Amtszeit Powells ungewiss
Es fühle sich so an, als sei das Geländer, das die Macht des US-Präsidenten einhegen soll, niedriger geworden, sagte Chorlton. „Politisch kann man diese Dinge zurückdrehen, aber man kann die Erinnerungen der Menschen nicht löschen", sagte er. Deshalb werde es anhaltende Ungewissheit über die Dauer der Amtszeit des US-Notenbankchefs Jerome Powell geben, den Trump ins Visier nahm. „Der Markt hat keine politische Ansicht, aber er hat eine Ansicht zu Risiko und Rendite.“
„Wir beobachten den langsamen Zerfall des weltweiten Glaubens, dass es keine Alternative dazu gibt, in US-Assets zu investieren“, schreibt Fedeli. „Meiner Meinung nach gibt es zwar immer noch keine Alternative, die ein völligen Rückzug aus den USA rechtfertigen würde. Es gibt aber Optionen für die Diversifizierung unserer Portfolios.“ Sie findet sie in Europa, aber auch in Schwellenländern.
Entlastung erwartet.
Fedeli geht nach einem Besuch in den USA davon aus, dass es in irgendeiner Form Entlastung bei den Zöllen geben wird. In welchem Umfang sei allerdings unklar, sagte sie. Der auf die Regierung ausgeübte Druck trage bereits Früchte. Man solle zwar nicht mit einer 180-Grad-Wende rechnen. Aber 130 bis 150 Grad seien vielleicht möglich. Dann könne eine Rezession in den Vereinigten Staaten abgewendet werden.