Anleger halten sich am Aktienmarkt auch zum Mittag hin zurück
Am deutschen Aktienmarkt dominiert nach dem schwachen Wochenausklang am Montag zunächst weiter Zurückhaltung. Angesichts einer drohenden Eskalation des Nahost-Konflikts startete der Dax verhalten in den Handel und verzeichnete am Mittag ein kleines Minus von 0,1% auf 15.169 Punkte. Der MDax der mittelgroßen Unternehmen kam hingegen auf ein geringes Minus von 0,1% auf 24.931 Punkte. Der Eurozonen-Leitindex EuroStoxx 50 gab um 0,1% auf 4.133 Punkte nach.
Bisher sei die erwartete israelische Bodenoffensive im Gazastreifen ausgeblieben, und auch der mögliche europafreundliche Regierungswechsel in Polen trage etwas zur Entspannung an der Börse bei, schrieb Kapitalmarkstratege Jürgen Molnar vom Broker Robomarkets. "Ob aber allein die ausbleibenden Hiobsbotschaften ausreichen, dem Dax heute eine klare Richtung zu geben, darf bezweifelt werden." Analyst Christian Henke vom Broker IG befürchtet derweil, dass der Konflikt angesichts von Drohungen aus dem Iran die nächste Eskalationsstufe erreichen könnte.
Von den asiatischen Handelsplätzen kam am Morgen kein Rückenwind für die hiesigen Börsen. Auch in China ging es trotz einer kräftigen Geldspritze der dortigen Notenbank und verschärfter Bestimmungen für Leerverkäufe von Aktien mit den Kursen bergab.
Kaufinteresse bei Rüstungstiteln
Kursbewegende deutsche Unternehmensnachrichten waren am Montag zunächst dünn gesät. Das Kaufinteresse an Rüstungstiteln hielt angesichts der Entwicklungen in Nahost an: Im Dax verteuerten sich Rheinmetall um 1,3% auf 272,70 Euro, und im MDax zogen Hensoldt um weitere 0,1% auf 29,02 Euro an. Die beiden Titel hatten schon in der vergangenen Woche in der Spitze um bis zu etwa 17% zugelegt.
Für Thyssenkrupp als einen der besten MDax-Werte ging es um 2% auf 6,80 Euro hoch – hier kommen als Kurstreiber sowohl die U-Boot- und Marinetochter TKMS als auch eine positive Studie zum Stahlkonkurrenten Salzgitter in Frage. Dessen Titel gewannen als Spitzenreiter im Nebenwerte-Index SDax %%, nachdem die US-Bank J.P. Morgan sie hochgestuft hatte und nun zu einer neutralen Gewichtung rät.
Das Mainzer Biotechunternehmen BioNTech bekommt den Nachfrageeinbruch bei Corona-Impfstoffen stärker als gedacht zu spüren. Nachdem der US-Partner Pfizer vor wenigen Tagen eine drastische Senkung seiner Umsatz- und Gewinnziele sowie milliardenschwere Abschreibungen ankündigte, prüft auch Biontech die Auswirkungen auf sein Geschäft. Für das dritte Quartal rechnet das Unternehmen deshalb mit Abschreibungen von bis zu 900 Millionen Euro, wie Biontech am Montag mitteilte. Das entspreche der Hälfte des Bruttogewinnanteils aus der Vereinbarung mit Pfizer. "Jede solcher Abschreibungen wird die Umsatzerlöse, die das Unternehmen für 2023 ausweisen würde, reduzieren."
Biontech stürzen ab
Biontech-Aktien fielen an der Börse in Frankfurt um 8,9% auf 92,04 Euro. Zu seiner Jahresprognose wollte sich das Unternehmen auf Nachfrage nicht äußern. Bislang erwartet Biontech für dieses Jahr einen Umsatz mit Covid-Impfstoffen von rund 5 (2022: 17,3) Mrd. Euro – im ersten Halbjahr waren es erst 1,4 Mrd. Euro. Doch das Unternehmen rechnet bei den Impfungen bereits seit längerem mit einer saisonalen Nachfrage, weshalb Biontech die entsprechenden Umsätze für die zweite Jahreshälfte in Aussicht gestellt hatte. Seit rund einem Monat steht der neue an die Omikron-Untervariante XBB.1.5 angepasste Impfstoff von Biontech und Pfizer für Impfungen zur Verfügung.
Bereits im zweiten Quartal machte sich bei den Impfstoffherstellern das jähe Ende des Corona-Booms, der ihnen Milliardenumsätze beschert hatte, bemerkbar. Biontech schrieb deshalb einen Nettoverlust von gut 190 Mill. Euro nach einem Gewinn von 1,67 Mrd. vor Jahresfrist und verwies schon im August auf Abschreibungen bei seinem Partner Pfizer auf Lagerbestände des Covid-Impfstoffs Comirnaty, die abgelaufen oder kurz davor waren, das Haltbarkeitsdatum zu überschreiten.
Pfizer hatte am Freitag seine Jahresziele massiv gesenkt, da das Geschäft mit seinem Covid-19-Medikament Paxlovid und dem gemeinsam mit Biontech entwickelten Impfstoff Comirnaty mit Ende der Corona-Pandemie schwächer als erwartet verläuft. Die Abschreibungen und Belastungen belaufen sich deshalb im dritten Quartal auf insgesamt 5,5 Mrd. Dollar, wovon 4,6 Mrd. auf Paxlovid und der Rest auf Comirnaty entfallen. Die Abschreibungen betreffen nach Angaben von Pfizer allerdings keine Dosen des frisch aktualisierten Vakzins.
Am Devisenmarkt zeigt sich der Greenback fest, er gilt in Zeiten von Krieg und Krisen als sicherer Hafen der Investoren. Der Dollar-Index, der den Wert der US-Devise gegenüber den Währungen der sechs wichtigsten Handelspartner misst, ermäßigte sich aber leicht um 0,1%. Der Euro klettert um 0,2% auf 1,0528 Dollar. Der israelische Schekel rutschte auf ein Achtjahrestief von 3,99 je Dollar. Seit dem Beginn des neuen Nahostkriegs hat er bereits um 4% nachgegeben. Der polnische Zloty zeigte sich nach dem Wahlsieg der Opposition fest. Er legte um 0,8% auf 4,499 Zloty je Euro zu.
Der Preis der wichtigsten Ölsorte Brent Crude kletterte bis auf 91,20 Dollar je Barrel. Zum Mittag wurde sie dann zu 90,80 Dollar gehandelt, ein leichtes Minus von 0,1%. Es wird befürchtet, dass der Nahostkrieg auf andere Länder wie Libanon und den Iran übergreifen könnte, sollten die Israelis eine Bodenoffensive im Gaza-Streifen starten. Die bereits angekündigte Offensive verzögert sich aber bislang. Eine Einbeziehung des Iran in den Krieg könnte das weltweite Ölangebot deutlich verknappen.