Aktienmarkt

Dax vor seiner statistisch schwierigsten Phase

Aus statistischer Sicht stehen dem Dax noch recht positive Tage bis Mitte Juli bevor. Danach trübt sich die Lage deutlich ein. Allerdings sollte man diesbezüglich nicht mit einem Einbruch oder einem Crash rechnen.

Dax vor seiner statistisch schwierigsten Phase

Von Christoph Geyer*)

Es ist doch in jedem Jahr das gleiche Spiel. Wenn der Sommer beginnt, auch wenn dieses Jahr der Sommer noch nicht so recht in Gang kommt, beginnen die Diskussionen um das alte Börsensprichwort „Sell in may and go away“. Es wurde sicher der Tatsache geschuldet, dass viele Börsianer mit Beginn der Ferienzeit in Urlaub fahren, die Umsätze an der Börse geringer werden und man möglichst keine offenen Positionen mit in die schönste Zeit des Jahres nehmen will. Viele Untersuchungen haben inzwischen gezeigt, dass diese Regel längst nicht mehr uneingeschränkt verwendet werden darf.

Nur eine rote Null

Ein Blick auf die Saisonalität zeigt, dass beim Dax in den letzten 33 Jahren die Zeit von Ende März bis Mitte Juli in 25 dieser 33 Jahre besonders ertragreich war. Lediglich in acht Jahren wurde in Minus erzielt, und dabei konnte man in vier Jahren nur von einer roten Null sprechen. Das Bild dieser Statistik sieht beim S&P 500 sehr ähnlich aus. Auch hier wird ein vorläufiger Höhepunkt mit einer hohen Wahrscheinlichkeit erst Mitte Juli erreicht. Noch besser stellt sich die Lage beim Nasdaq 100 dar. Dieser erreicht zwar auch Mitte Juli seinen Top-Punkt, gerät dann aber nicht in eine Abwärtsbewegung wie die anderen genannten Indizes, sondern verläuft uneinheitlich. Etwas mehr als die Hälfte der Jahre gestalten sich positiv und die anderen negativ.

Nasdaq führt Eigenleben

Die Technologie-Börse Nasdaq scheint ohnehin seit einiger Zeit ein gewisses Eigenleben zu führen. So war in diesem Jahr zu beobachten, dass der breit angelegte S&P-500-Index von einem Rekordhoch zum nächsten gesprintet ist. Dabei hat dieser Index keine dynamischen Aufwärtsbewegungen vollzogen, sondern ist kontinuierlich mit kleineren Korrekturbewegungen nach oben gelaufen. Eigentlich bewegen sich die amerikanischen Börsen meist nahezu im Gleichschritt. In diesem Jahr ist dies aber nicht so gewesen. Während der S&P 500 seit dem Corona-Crash einen intakten Aufwärtstrend aufweisen konnte, hat der Nasdaq-Index immer wieder eine ausgeprägte Seitwärtsbewegung vollzogen und konnte so dem S&P 500 nicht folgen. Die erste Seitwärtsentwicklung konnte von Anfang September 2020 bis Ende November 2020 beobachtet werden. Danach ist der Nasdaq-Index zwar nach oben ausgebrochen, vom Beginn dieses Jahres an wurde aber eine neue Seitwärtsbewegung gestartet, die zwischen rund 13000 und ca. 14000 Punkte gebildet wurde. Erst gegen Ende Juni hat der Index der Technologie-Börse wieder die Aufwärtstendenz der übrigen Märkte angenommen. Mit dem Ausbruch aus der Seitwärts-Range hat sich hier neues Aufwärtspotenzial eröffnet.

Turbulentere Zeit

Wie oben erwähnt, stehen dem Dax aus statistischer Sicht noch recht positive Tage bis Mitte Juli bevor. Danach trübt sich die Lage deutlich ein. Allerdings sollte man von den statistischen Daten aus gesehen nicht mit einem Einbruch oder einem Crash rechnen. Crashs kommen ohnehin überraschend und sind nicht vorhersehbar, schon gar nicht durch eine Statistik. Diese Saisonalitäten zeigen vielmehr Wahrscheinlichkeiten für bestimmte Zeiträume auf, die Unterstützungen bei der klassischen technischen Beurteilung der Märkte darstellen. So beginnt nach dieser Statistik Mitte Juli eine insgesamt turbulentere Phase, die Ende September beendet wird. Die Jahre, in denen der Markt in dieser Zeit gestiegen ist, halten sich mit Jahren, in denen es bergab ging, in etwa die Waage.

Verbesserung ab September

Wenn allerdings die Kurse rückläufig waren, sind die Ausschläge nach unten oft sehr heftig ausgefallen, weshalb diese Phase besonders negativ aussieht. Erst Ende September verbessert sich wieder die Situation und die Statistik weist eine deutlich positive Bilanz aus. Es ist entsprechend kein Wunder, dass diese Phase in der zweiten Jahreshälfte so positiv läuft. Der zweite Teil des Sprichworts lautet nämlich: „but remember to come back in September“. Die Urlaubssaison neigt sich dem Ende und die Händler kehren an den Markt zurück. In die zweite Jahreshälfte fällt aber auch die immer wieder gerne beschriebene Jahresendrally.

Die Entwicklung beim Dax erinnert sehr stark an die des Nasdaq-Index. Auch hier kann nicht von einer kontinuierlichen Aufwärtsbewegung gesprochen werden. Auch wenn der übergeordnete Trend seit dem Corona-Debakel aufwärtsgerichtet ist, gab es doch immer wieder Korrekturbewegungen, die auch recht heftig ausgefallen sind, wie im Herbst zu beobachten war. Anfang dieses Jahres war bereits eine Seitwärtsbewegung zu sehen und seit April ist eine ebensolche zu beobachten.

Fehlende Marktbreite

Der Ausbruchsversuch war wenig dynamisch und die Umsätze sind rückläufig, was auf fehlende Marktbreite hinweist. Der kurzfristige Aufwärtstrend ist zwar noch intakt, die Indikatoren helfen derzeit aber auch kaum weiter, um nachhaltig anzusteigen. Da der MACD-Indikator eine Divergenz gebildet hat und die oben beschriebene Saisonalität auch eher etwas rückläufig ist, sollte für die kommenden Monate nicht allzu viel nach oben erwartet werden.

*) Christoph Geyer ist technischer Analyst bei der Commerzbank.