Analyse

Dax zeigt über den Sommer Schwäche

Neben der Sommerflaute spielt vor allem die Pandemie eine weiterhin unangenehme Rolle für die Börsen. Die Angst vor einer Abschwächung der Konjunkturerholung ist ebenfalls ein Belastungsfaktor.

Dax zeigt über den Sommer Schwäche

Von Christian Henke*)

Das sogenannte Sommerloch kennen wir eigentlich eher aus der Politik. Aber auch an den Finanzmärkten ist die Nachrichtenlage in den Monaten Juni bis August eher dünn bzw. das Handelsvolumen gering. Viele Markteilnehmer fahren in den wohlverdienten Urlaub. Zuletzt konnten sich die Anleger in den Flieger gen Süden setzen. Allerdings macht die Ausbreitung der Delta-Variante nicht nur den Urlaubern, sondern auch der europäischen Touristikindustrie wieder zunehmend einen Strich durch die Rechnung. Neben der erwähnten Sommerflaute spielt vor allem die Pandemie eine weiterhin unangenehme Rolle für die Börsen. Die Angst vor einer Abschwächung der Konjunkturerholung ist ebenfalls ein Belastungsfaktor. Zudem kommen gelegentlich Inflationssorgen auf. Zuletzt waren die Renditen zwei- und zehnjähriger US-Staatsanleihen rückläufig, was den Dollar unter Druck gesetzt hat. Ein schwächelnder Greenback schiebt bekanntlich die Rohstoffpreise an. Dies könnte dann wieder zu Inflationssorgen und einem Einschreiten der US-Notenbank Fed führen.

Wir werfen einen prüfenden Blick auf das „Big Picture“ des deutschen Leitindex Dax, also den Quartalschart. Von der technischen Perspektive aus betrachtet ist alles im Augenblick in Ordnung. Der Dax konnte Ende des vergangenen Jahres das Rekordhoch bei 13534 Punkten endlich signifikant überwinden. Im ersten Quartal 2021 gelang dann der Sprung über die seit Januar 2000 intakte langfristig steigende Trendlinie bei momentan 14620 Zählern. Diese Chartmarke dient dem heimischen Börsenbarometer als Unterstützung.

Die momentan einzige letzte Hürde auf dem Weg in höhere Kursgefilde ist das jüngste Allzeithoch bei 15803 Punkten von Mitte Juni. Darüber könnte es dann in Richtung 17460 Zähler gehen. Hierbei wurde unter Berücksichtigung der klassischen Fibonacci-Methode die doch sehr markante Korrektur im ersten Quartal des vergangenen Jahres berücksichtigt. Gerade im März 2020 ging es für den Dax coronabedingt steil abwärts.

Haar in der Suppe

Allerdings lässt sich im Quartalschart auch ein Haar in der Börsensuppe finden. Der Relative-Stärke-Index (RSI) mit der Einstellung vier Quartale hält sich seit Monaten in der überkauften Zone auf. Erst wenn der genannte Extrembereich nach unten verlassen wird, könnte es zu einer Korrektur kommen. In den zurückliegenden über zwanzig Jahren hat der besagte Oszillator sieben Mal eine Überhitzung angezeigt. In vier Fällen kam es anschließend zu Gewinnmitnahmen. Oszillatoren, wie beispielsweise der hier dargestellte Relative-Stärke-Index, neigen aber dazu, in starken Trendphasen Fehlsignale zu generieren. Besser fällt die Statistik bei der Betrachtung der überverkauften Situation aus. In dem genannten Zeitraum befand sich der Dax fünf Mal unter dem Wert von 30. In vier Fällen konnte der deutsche Leitindex nach dem Verlassen der Extremzone nach oben mitunter deutlich Boden gutmachen.

Ein wichtiges Kriterium zur Beurteilung eines Aufwärtstrends ist die Marktbreite. Dafür stehen dem Anleger einige Indikatoren zur Verfügung. Wir schauen uns an dieser Stelle den Anteil der Dax-Aktien oberhalb ihres einfachen 200-Tage-Durchschnitts an. Die bekannte Glättungslinie wird oft und gern zur Analyse herangezogen. Oberhalb der 200-Tage-Linie liegt ein mittelfristiger Aufwärtstrend vor, darunter entsprechend ein Abwärtstrend. Im Augenblick notieren rund 77% der Aktien aus der ersten Börsenliga über dem viel beachteten gleitenden Durchschnitt. Dies spricht für einen gesunden Aufwärtstrend, aber auch für eine Überhitzung bzw. überkaufte Lage des Marktes. Kurzfristig hat eine Konsolidierung bereits begonnen. Hierbei schauen wir uns an, wie viele Dividendenpapiere über ihrem einfachen 50-Tage-Durchschnitt liegen. Das Ergebnis fällt ernüchternd aus. Aktuell notieren nur 43% der Dax-Titel über der genannten Glättungslinie. Zumal der Marktbreite-Indikator unter dem Wert von 50 liegt und somit einen kurzfristigen Abwärtstrend signalisiert.

Aufwärtstrend ungefährdet

Das Positive vorweg: Der deutsche Leitindex befindet sich mittelfristig in einem bislang ungefährdeten Aufwärtstrend. Allerdings gibt es momentan einige Hinweise auf eine möglicherweise bevorstehende Korrektur. Die Saisonalität ist zurzeit nicht unbedingt förderlich. Historisch betrachtet hat der Dax ab Anfang August bis Anfang Oktober jegliche Aufwärtsbewegungen eingestellt und in den Sommermonaten eher an Wert eingebüßt. Erst ab Anfang Oktober beginnt das starke saisonale Muster der Herbst- und Jahresendrally. Wie wir im Quartalschart gesehen haben, weist der Oszillator Relative-Stärke-Index (RSI) auf eine Überhitzung des Kursmotors hin. Die mittelfristige Marktbreite untermauert die Annahme weiter steigender Notierungen. Kurzfristig hat jedoch eine Konsolidierung bereits begonnen. Ebenfalls mahnt zurzeit die Divergenz beim Dow Jones Industrial und Dow Jones Transportation zur Vorsicht.

In einem intakten Aufwärtstrend sollten beide Indizes in die gleiche Richtung zeigen. Allerdings ist dies im Augenblick nicht der Fall. Der Dow Jones Industrial ist zuletzt gestiegen, der Dow Jones Transportation befindet sich dagegen seit Wochen auf dem Rückzug. Diese Divergenz ist ein weiteres Warnsignal.

*) Christian Henke ist Senior Market Analyst bei IG.

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